Perry Rhodan: Andromeda (Sammelband). Uwe Anton
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Die Uhren der JOURNEE zeigten den 21. März 1312 NGZ, 14:28:03 Standardzeit. In der Milchstraße schrieb man vermutlich nach wie vor den 15. März, das Datum, an dem der Spürkreuzer in die Zeitbarriere eingedrungen war.
Mit einem unwilligen Kopfschütteln verscheuchte Rhodan alle diesbezüglichen Gedanken. Mit Hilfe aus der Milchstraße war nicht zu rechnen. Und selbst wenn, für den Weg nach Andromeda brauchte eine Hilfsflotte Tage.
»... während hier womöglich Jahrtausende vergehen.« Rhodan hatte seine Gedanken laut ausgesprochen. Ruckartig stellte er sein Glas auf den Tisch zurück und fixierte sein Gegenüber. Er hatte sich aus der Zentrale zurückgezogen, um vorübergehend allein zu sein, doch die Cafeteria war dafür ein ebenso ungeeigneter Ort.
Jeremiah Hutkin, in erster Linie für das leibliche Wohl der Besatzung zuständig, hatte sich einen Stuhl geangelt, ihn herumgedreht und sich so gesetzt, dass er die Arme auf der Rückenlehne verschränken konnte. Das Kinn aufgestützt, betrachtete er Rhodan mit einem traurigen Blick.
»Manchmal glaube ich noch, das alles kann gar nicht wahr sein. Es ist, als würden wir von einer Dimension in die andere fallen«, sprudelte es aus ihm hervor. »Du siehst aus, als könntest du einen kräftigen Bissen vertragen, Perry. Was soll ich in den Speicher eingeben, was möchtest du essen?«
»Mir ist der Appetit vergangen«, antwortete Rhodan.
Hutkin schürzte die Lippen. »Wenn du reden willst, Perry, einfach so ... ich höre dir zu. Jeder braucht das irgendwann. Und ich weiß, auch ein Aktivatorträger hat Probleme. Jeder von uns. Sieh zum Beispiel Millian, meine Frau. Millian stammt nicht von der Erde, musst du wissen. Sie ist Ferronin, und gerade das war es, was mich an ihr so fasziniert hat. Weißt du, wie das ist, Perry, wenn du blaue Haut unter deinen Händen spürst? Millian ist eine faszinierende Frau, wie es nur wenige gibt. Ich vermisse sie. Dabei weiß ich, dass sie jetzt, in diesem Moment, zum Nachthimmel aufschaut und den verwaschenen Nebelfleck sucht, als der Andromeda zu erkennen ist. Was glaubst du, Perry, wann kommen wir zurück?«
Rhodan schwieg. Er wollte dem Mann nicht die harmlose Illusion nehmen. Millian konnte gar nicht wissen, dass die JOURNEE sich in Andromeda befand. Bei ihrem Aufbruch hatten sie ihr Ziel noch gar nicht gekannt.
Ein grimmiges Lächeln umspielte seinen Mundwinkel. Er griff nach dem Glas, drehte es unschlüssig zwischen den Fingern und leerte den Rest des Fruchtsafts in einem Zug. Minutenlang hatte Hutkin wie ein Wasserfall geredet. Dass der Koch auch schweigen konnte, machte die Stille irgendwie bedrohlich.
»Ich weiß es nicht«, beantwortete der Terraner schließlich die hartnäckig im Raum stehende Frage. »Ich weiß es wirklich nicht.«
Hutkin schwieg selbst dann noch, als Rhodan sich erhob und auf den kabinenseitigen Ausgang zuschritt.
»Perry«, erklang es plötzlich hinter ihm. »Eigentlich habe ich ein Problem. Wie lange bleibt der Maahk an Bord? Ich meine, nicht dass du mich falsch verstehst. Ich habe nichts gegen die Methans, sie sind auch nur Menschen, obwohl anders als wir. Aber der Grek muss verpflegt werden. Ich habe mich informiert, dass sie von Stickstoff- und Siliziumverbindungen leben. Die Pflanzen, die ihr ausgeatmetes Ammoniak umwandeln, sind auf Silikatbasis aufgebaut. Aber wo soll ich entsprechendes Material auftreiben?«
Rhodan winkte ab. »Ich glaube nicht, dass unser Gast die mangelnde Verpflegung beklagen wird. Er ist Selbstversorger.«
»Du meinst ... der Grek hat Konzentrate ...« Auf gewisse Weise schien dem Koch ein Stein von der Seele zu fallen. Er sah dem Terraner hinterher, bis das Schott wieder zuglitt. Dann wandte er sich der Getränkeausgabe zu: »Gib mir einen Vurguzz!«, ächzte er. »Einen Doppelten!«
Zwischenspiel
Eine einsame Sonne im nordwestlichen Sektor von Andromeda. Seit Jahrmillionen zog sie unbeeindruckt vom galaktischen Geschehen ihre Bahn im sternenarmen Gebiet zwischen zwei Spiralarmen.
Der bläulichweiße Stern hatte nie Planeten gehabt. Einzig einige Dutzend Irrläufer, atmosphärelose, kahle Fels- und Eisbrocken, umkreisten ihn auf obskuren Bahnen. Aber auch das war nur ein Zwischenspiel, denn die Boliden würden in den atomaren Gluten verbrennen oder eines Tages erneut in den Raum hinausgeschleudert werden.
Die Sonne war namenlos geblieben, hatte nie militärisches Interesse geweckt und stand folglich nur als Nummer in den Sternenkatalogen der raumfahrenden Völker verzeichnet: X-1b/98'7+95, wobei das »+95« den Abstand in Lichtjahren über der galaktischen Hauptebene dokumentierte. Nicht einmal seine Position hob diesen Stern also über andere hinaus.
Er hatte die Blütezeit von Hathorjan erlebt, wie Andromeda vor zweieinhalb Jahrmillionen von einer hochentwickelten Zivilisation genannt worden war und auch heute noch von seinen Bewohnern genannt wurde.
Die Horden von Garbesch hatten ihn nicht beachtet, als sie in die Lokale Gruppe eingefallen waren und Andromeda ihr erstes Angriffsziel gewesen war. Das lag 1,4 Millionen Jahre in der Vergangenheit. Verändert hatte sich nichts – oder sehr viel. Das war auch heute noch eine Frage des Standpunkts.
Der Stern hatte die Lemurer erlebt, die aus der benachbarten Milchstraße gekommen waren. Karahol, die Zweite Insel, hatten sie Andromeda genannt und sich in der Folge zu Milliarden ausgebreitet. Ihre überlegenen Waffen hatten die Methanatmer vertrieben ...
... bis die Meister der Insel zu den absoluten Herrschern, einer geheimnisvollen Macht im Hintergrund, geworden waren. Ihre Herrschaft hatte erst der Sprung der terranischen Menschheit über den großen Abgrund zwischen den Sterneninseln beendet.
Und nun, zweieinhalbtausend Jahre später – nur ein flüchtiger Augenblick im Lebenszyklus eines Sterns –, griff eine neue, unbekannte Macht nach den Welten Hathorjans.
Das Objekt erschien wie aus dem Nichts heraus. Verglichen mit den eingefangenen Asteroiden war es unbedeutend. Es besaß Walzenform, war knapp 20 Meter lang und durchmaß nur ein Drittel dessen. Ein flüchtiges Aufwallen fünfdimensionaler Energien begleitete seine Materialisation, danach war alles wieder wie zuvor.
Stille.
In Andromeda tobte ein Krieg, der nie erklärt worden war.
Einsamkeit.
Wo Intelligenzen im Feuer der Angreifer ihr Leben ließen, starben sie allein. Furcht und Entsetzen hatten längst begonnen, den Schiffsverkehr lahmzulegen.
Der Maahk wartete. Er wusste, dass die Fremden kommen würden. Sehr bald schon.
Die Ortungen seines Beibootes schwiegen. Er hatte sie abgeschaltet. Ebenso wie die Funkstation und den Metagrav. Seine Anwesenheit in diesem Raumsektor entsprach nicht der Norm, jede freiwerdende Emission bedeutete ein potentielles, unnötiges Risiko.
Auf dem einzigen aktiven Holoschirm sah er das Licht der Sterne im optischen Erfassungsbereich. Die fernen Sonnen interessierten ihn nicht. Es gab Wichtigeres. Die Fremden kamen und gingen, wie sie es für richtig hielten. Sie waren stark und unbeugsam. Auch die Maahks einer längst vergangenen Epoche hatten diese Eigenschaften geprägt.
Eine schwache Erschütterung durchlief den Rumpf des walzenförmigen Beiboots. Der Maahk reagierte mit angespannter Erwartung. Die Sterne