Perry Rhodan Neo 229: Die Schwarze Flut. Rüdiger Schäfer

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Perry Rhodan Neo 229: Die Schwarze Flut - Rüdiger Schäfer Perry Rhodan Neo

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Schutzschirm fluktuiert.« Atlan wirkte hektisch – und diesmal lag es nicht an einer chronalen Anomalie. Rhodan nahm das Gesicht seines Freunds lediglich von der Seite wahr, doch die weißliche Flüssigkeit, die sich im Winkel von Atlans rechtem Auge sammelte, war nicht zu übersehen. Diese Form der Sekretion trat bei Arkoniden nur in Momenten höchster emotionaler Anspannung auf.

      Ein Knall ertönte. Die GARTAVOUR schüttelte sich wie ein bockendes Pferd. Rhodan hatte das Gefühl, mit der Gewalt von mindestens fünf Gravos in seinen Sessel gestaucht zu werden. So etwas war bei Raumflügen früher völlig normal gewesen, in Zeiten moderner Andruckabsorber jedoch praktisch undenkbar.

      »Ich bremse ab!«, rief Thetin. »Da kommen wir nicht durch!«

      »Nein!«, protestierte Atlan. »Wir beschleunigen!«

      »Bist du wahnsinnig?«

      »Vertrau mir ... oder übergib mir die Flugkontrollen. Ich weiß, was ich tue!«

      Rhodan war dem kurzen Dialog atemlos gefolgt. Teilweise aus schlichter Verblüffung, teilweise weil noch immer ein Tonnengewicht auf seine Brust drückte. Thetins Zweifel an Atlans Geisteszustand waren durchaus nachvollziehbar. Die GARTAVOUR flog durch eine stetig dicker werdende Suppe aus Dunkelleben – und der Arkonide wollte die Geschwindigkeit trotzdem erhöhen.

      Für einen Moment schweiften Rhodans Gedanken ab, und er musste an Thora denken. Es war ihm alles andere als leichtgefallen, sie an Bord der CREST II zurückzulassen. Seit ihrer Rückkehr aus dem Zeitbrunnen litt sie an unerklärlichen Kopfschmerzen. Die Ärzte – und Atlan – vermuteten, dass es irgendwie mit ihrem nicht aktivierten Extrasinn zusammenhing, doch sicher waren sie nicht. Auf jeden Fall wäre Rhodan in diesen Minuten viel lieber an der Seite seiner Frau gewesen, als mit einem diffusen Auftrag durch eine Substanz zu fliegen, von der sie noch immer viel zu wenig wussten.

      Auch Nathalie, seine überraschend im Arkonsystem aufgetauchte Tochter, hatte zu diesem Thema weit weniger gesagt, als sie offensichtlich wusste. Es schmerzte ihn, dass sie sich in Sachen Mitteilsamkeit nahtlos in die Reihe von obskuren Vorbildern wie ES, Homunk, Ernst Ellert oder Callibso fügte. Wie diese war sie seinen Fragen ausgewichen oder hatte mit nichtssagenden Orakelsprüchen geantwortet.

      Ich wünschte wirklich, ich könnte Ihnen mehr sagen, hatte der sterbende Zeitenschmied Callibso vor dreieinhalb Monaten bedauert. Aber das kann ich nicht. Sie sind ein Zeitträger wie ich. Auf Ihnen lastet eine schwere Verantwortung, doch um dieser gerecht zu werden, müssen Sie einen Teil der Zusammenhänge selbst ergründen.

      Für Rhodan waren das nichts weiter als billige Ausflüchte. Wahrscheinlich befürchteten ES und ihre Helfershelfer, dass Rhodan sie nicht mehr unterstützte, wenn er die ganze Wahrheit erfuhr. Dass er den Glauben daran verlor, das Geisteswesen und seine Verbündeten stünden auf der Seite der Guten – wie auch immer man diese definieren wollte.

      Laut Nathalie waren mindestens drei Zeitträger – Atlan, Mirona Thetin und er selbst – vonnöten, um den Zeitbrunnen des Elysischen Fragments umzupolen und so die Schwarze Flut aufzuhalten. Jene gigantische Wolke aus Dunkelleben, die sich auf die Zentralwelt des arkonidischen Imperiums zuwälzte und die angeblich nur der Vorbote einer weit schlimmeren Bedrohung war, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte. Große Worte. Überladene Aussagen, die vor Bombast und Dramatik nur so troffen. Hatte ANDROS damals nicht auf gleiche Weise argumentiert, als er Thetin davon überzeugte, die Völker Andromedas zu versklaven? War er, Perry Rhodan, auf dem Weg, eine ebenso tragische Figur zu werden, wie es die letzte Liduuri infolgedessen geworden war?

      Nein. Er schüttelte den Kopf. Er war nicht im gehorsamen Auftrag von ES oder Nathalie unterwegs. Er hatte sich zu dieser Mission bereit erklärt, weil es um Milliarden Arkoniden ging, die dem sicheren Tod entgegensahen. Weil der Zusammenbruch des Großen Imperiums auch die Menschheit in erhebliche Schwierigkeiten bringen konnte. Weil er im Omnitischen Compariat mit eigenen Augen gesehen hatte, welche Heimsuchung das Dunkelleben für ein Sternenreich und seine Zivilisationen bedeutete. Wenn es in seiner Macht lag, dieses Schicksal abzuwenden, musste er alles Menschenmögliche dafür tun.

      Ein ohrenbetäubendes Kreischen beendete die kurze gedankliche Beschäftigung mit den Problemen, die sich vor ihm und den anderen Verantwortlichen der Terranischen Union auftürmten und die mit jedem Tag komplexer und folgenschwerer zu werden schienen. Atlan hatte sich zu ihm umgedreht. Seine Lippen bewegten sich in Zeitlupe. Die Laute, die sie dabei produzierten, klangen wie das Röhren eines Hirschs. Dumpf und gedehnt, hohl und ohne Modulation.

      Auf dem Außenbeobachtungshologramm war nach wie vor nur Schwärze zu sehen. Eine bedrückende Art von Dunkelheit, die nicht allein durch die Abwesenheit von Licht erklärt werden konnte. Sianuk und Bumipol na Ayutthaya, die Chefwissenschaftler der CREST II, hatten für das Dunkelleben den Begriff Quasivirus geprägt. In seiner kleinsten Einheit bestand es aus einer biologisch viroiden Struktur ohne jegliche genetische Prägung. Es war nach wie vor ein Rätsel, warum es sich dennoch mit praktisch jeder beliebigen DNS verknüpfte und diese auf vielfältige Weise mutieren ließ. Nun war durch den Einfluss des Zeitbrunnens anscheinend eine völlig neue Variante entstanden, über die Rhodan noch weniger wusste als über den Originalerreger.

      Die Zentrale der GARTAVOUR zog sich in die Länge. Wände, Boden und Decke warfen Blasen, als würden sie unter großer Hitze schmelzen. Das Hauptholo flackerte, und für einen schrecklichen Moment war Rhodan überzeugt, dass die Schwärze durch die Projektion hindurch in das Schaltschiff hereinschwappen und sie alle verschlingen würde.

      Thetin war plötzlich zweimal vorhanden. Während sie erschrocken aufsprang und vor ihrem unvermittelt aufgetauchten Ebenbild zurückwich, fiel dieses auf die Knie, griff sich mit beiden Händen an den Kopf und stieß einen lautlosen Schrei aus. Die Szene erschien Rhodan derart bizarr und unwirklich, dass er zu träumen glaubte und sich mit aller Kraft in das weiche Fleisch seines Halses zwickte.

      Auch Atlans Konturen verzerrten sich. Seine Körperränder fransten aus, als zöge sein schwarzer Einsatzanzug Fäden, die von einer sanften Brise abgerissen und davongeweht wurden.

      Rhodan hob die rechte Hand. Irritiert blickte er auf die Sehnen, Muskeln und Knochen, die sich unter der jählings transparenten Haut abzeichneten. Es war, als starre er auf eine dreidimensionale Röntgenaufnahme. Kurz tauchte das Bild des Oproners Merkosh aus seiner Erinnerung auf. Die Haut des Gläsernen war ebenfalls durchsichtig, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Rhodan war froh, dass kein Spiegel in der Nähe war. Der Anblick seines durchscheinenden Schädels wäre nur schwer erträglich gewesen.

      Die im Zentralholo eingeblendeten Anzeigen dokumentierten, dass die GARTAVOUR tatsächlich beschleunigte. Das Hauptbild änderte sich nicht. Die umgebende Schwärze blieb unverändert.

      Rhodan hätte nicht zu sagen vermocht, wie viel Zeit seit ihrem Aufbruch vergangen war. Auch die aktuelle Entfernung zu ihrem Ziel war nicht abzuschätzen. Die von den Außensensoren ermittelten Werte vollführten groteske Sprünge und zeigten in einer Sekunde an, dass das Schaltschiff Lichtjahre von CORS-VII-4 entfernt war, und in der nächsten Sekunde, dass die GARTAVOUR kurz davorstand, mit dem planetaren Trümmerbrocken zu kollidieren.

      Rhodan fühlte sich hilflos, eine Empfindung, die er zutiefst hasste. Er konnte nichts tun, außer dazusitzen und zu hoffen, dass alles gut ging. Dass der Arkonide und die Liduuri wussten, was sie taten. Dass sie ihr Raumschiff, das bislang geradezu übermächtig erschienen war, beherrschten und dass die Bordtechnik in der Lage war, dem Dunkelleben zu trotzen.

      »Wir sind da!« Die zweite Thetin war so schnell verschwunden, wie sie aufgetaucht war. Das Original hatte sich nicht mehr hingesetzt, sondern stand breitbeinig vor ihrer Positronikkonsole. Der dicke Zopf, zu dem sie ihr langes, schwarzes Haar zusammengebunden hatte, wippte bei jeder Bewegung

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