Perry Rhodan Neo 229: Die Schwarze Flut. Rüdiger Schäfer

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Perry Rhodan Neo 229: Die Schwarze Flut - Rüdiger Schäfer Perry Rhodan Neo

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niemals besser gepasst.«

      Bevor Perry Rhodan etwas erwidern konnte, riss die Wolkendecke auf, und eine wahre Lichtflut ergoss sich über die Umgebung. Er musste die Augen schließen, weil sich die Sonnenstrahlen millionenfach in den Kristallstrukturen brachen und grelle Reflexe erzeugten. Die Positronik seines Einsatzanzugs reagierte im Bruchteil einer Sekunde und projizierte einen optischen Filter vor sein Gesicht. Dennoch fühlte er sich, als stünde er im Zentrum eines gigantischen Feuerwerks.

      Da erst hörte er das Klirren. Binnen Sekunden schwoll es von einem leisen Flüstern zu einem ohrenbetäubenden Scheppern an. Als würde jemand Tausende Tonnen Porzellan über ihnen abwerfen.

      Dann erfolgte der Angriff.

      3.

      Thora Rhodan da Zoltral

      Drogan Steflov saß hinter seinem riesigen Arbeitstisch, hatte die Ellbogen auf die Tischplatte gestützt und die Hände gegeneinandergelegt. Die Spitzen der Zeigefinger berührten seine Lippen. Es sah beinahe aus, als bete er.

      Thora Rhodan da Zoltral atmete langsam durch die Nase ein und den Mund wieder aus. Es kostete sie erhebliche Mühe, die bohrenden Schmerzen in ihrem Schädel zu ignorieren und sich auf den Chefarzt der CREST II zu konzentrieren. Steflovs Konsultationsräume waren in grünen und grauen Pastelltönen gehalten. Nichts wies darauf hin, dass man sich in einer der modernsten Kliniken der Menschheit aufhielt. Ebenso wie die medizinischen Forschungslaboratorien konnten auch die Diagnose- und Therapiebereiche der Medoabteilung dieses Raumschiffs jederzeit mit vergleichbaren Einrichtungen in Terrania oder auf Mimas mithalten.

      In den vergangenen fünfzig Jahren hatte es auf nahezu allen Gebieten der irdischen Medizin gewaltige Fortschritte gegeben. Im Vergleich mit der Medotechnik der Arkoniden oder den Behandlungsmethoden der Aras war der entsprechende Entwicklungsstand auf der Erde vor Perry Rhodans schicksalhaftem Flug zum Mond im Jahr 2036 geradezu mittelalterlich gewesen. Allein die Neuerungen auf dem weiten Feld der Genetik, in der Individualtherapeutik und beim Einsatz von Nanomaschinen hatten die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen signifikant erhöht.

      Ein Ende des 21. Jahrhunderts auf Terra geborener Säugling würde mittlerweile bei später halbwegs vernünftiger Lebensführung nicht nur ein Alter von mindestens hundert Jahren erreichen, sondern diese Zeitspanne auch weitgehend gesund und ohne die früher üblichen Altersbeschwerden verbringen können. Dass diese Segnungen der modernen Medizin nicht allen Menschen zugutekamen, lag einzig und allein daran, dass sich die politischen Verhältnisse auf der Erde und in den terranischen Kolonien nach wie vor überaus kompliziert darstellten.

      Die Bereiche der Medoabteilung, in denen man es mit Patienten zu tun hatte, erinnerten Thora auf der CREST II zudem eher an ein Ferienresort als an eine Krankenstation. Psychologie, das hatte man auf Terra bereits vor Beginn der neuzeitlichen Raumfahrt gewusst, spielte bei der Behandlung von Krankheiten eine maßgebliche Rolle. Der Körper und sein durch Millionen Jahre der Evolution optimiertes Immunsystem waren mächtige Waffen gegen jede Art von Erreger. Dabei war der Gemütszustand des Patienten ein ebenso entscheidender Faktor wie die Unterstützung durch Medikamente und chirurgische Eingriffe. Auf diesem Gebiet konnte der Glaube beinahe Berge versetzen. Kein Wunder also, dass allein die Psychologische Abteilung an Bord der CREST II fast hundert Mitarbeiter zählte.

      »Auf einer Skala von eins bis zehn«, riss Steflovs Stimme sie aus den Gedanken. »Wobei die Eins für einen unangenehmen Druckschmerz steht, die Zehn für die kurz bevorstehende Explosion Ihres Kopfs – wo würden Sie Ihre aktuellen Beschwerden einordnen?«

      »Vier«, beschied Thora nach kurzem Zögern.

      Der Mediziner nahm die Arme vom Tisch, lehnte sich in seinem Sessel zurück und schüttelte bedächtig den Kopf. »Kommandantin«, begann er in seiner typischen, langsamen Sprechweise, die stets schon nach kurzer Zeit einschläfernd wirkte. »Ich habe in meiner Karriere zahllose Menschen ...« Er stockte kurz, legte den Kopf schief und sprach dann weiter. »... und Arkoniden gesehen, die Schmerzen erdulden mussten. Ich kann Ihnen nicht helfen, wenn Sie nicht ehrlich zu mir sind.«

      Thora presste die Lippen zusammen. Kurz vor ihrem Termin mit Steflov hatte sie in der gemeinsam mit Perry bewohnten Kabinenflucht einige Dagorübungen absolviert. Ohne Erfolg. Die Kopfschmerzen begleiteten sie nun bereits seit vielen Stunden, und sie wurden immer schlimmer. Zwar hatte das Phänomen sie zunächst gänzlich außer Gefecht gesetzt, war dann aber kurzzeitig verflogen – eine Art Spontanremission. Es schien indes, als hätte der Schmerz nur kurz Atem geholt, um nun umso erbarmungsloser zurückzukehren.

      »Fünf«, sagte sie widerwillig. »Manchmal sechs.«

      »Also mindestens sieben«, übersetzte der Arzt. »Eher acht.«

      »Was ...?«, wollte die Arkonidin aufbegehren.

      Doch Steflov stoppte sie mit einer energischen Geste. »Nur keine Aufregung.« Er lächelte humorlos. »Ich gebe Arkoniden bei der Anamnese immer ein paar Bonuspunkte. Aus irgendwelchen Gründen glauben Vertreter Ihrer Spezies, dass das Eingestehen von Schwäche etwas ist, das man unter allen Umständen vermeiden sollte. Wir Mediziner beurteilen das ein bisschen anders.«

      Thora schwieg. Am liebsten hätte sie sich die pochenden Schläfen massiert. Oder sich ein Kühlband um den Kopf gelegt. Stattdessen saß sie einfach nur da und tat genau das, was Steflov ihr gerade vorgeworfen hatte. Auch nach so langer Zeit unter Menschen kam sie noch immer nicht aus ihrer arkonidischen Haut heraus.

      »Na schön, Doktor«, überwand sie sich schließlich doch. »Ich habe Schmerzen. Mein Schädel dröhnt wie eine Tempelglocke auf Arkon Eins an einem der fünf Katanen des Capits. Geben Sie mir eins Ihrer Wundermittel, und dann kümmern Sie sich um die, die wirklich krank sind.«

      Anstelle einer Antwort wedelte Steflov kurz mit der Hand, wodurch er über seinem Tisch ein Holo aktivierte.

      »Das ist Ihr neuester Hirnscan«, erläuterte er. Er deutete auf die Darstellung, in der verschiedene Hirnareale farbig gekennzeichnet waren. Sein Zeigefinger stieß in einen Bereich am vorderen Rand des Großhirns, der in mattem Rot leuchtete. »Und das ist Ihr Frontallappen«, fuhr er fort. »Man nennt ihn auch Stirnlappen. Ungeachtet der Tatsache, dass die meisten Hirnfunktionen nicht exakt auf klar abgrenzbare Lokationen zurückgeführt werden können, sondern stets das Zusammenspiel einer ganzen Reihe von Faktoren sind, lassen sich trotzdem Zonen definieren, deren neuronale Strukturen bei bestimmten Denkprozessen stärker feuern als andere.«

      Steflov schnippte mit den Fingern, und innerhalb der Projektion flossen plötzlich Tausende silbriger Kriechströme. Sie bewegten sich an den hauchdünnen Axonen und Dendriten der Nervenzellen entlang, entluden sich in den Zellkörpern als winzige Blitze oder liefen irgendwo in den labyrinthartigen Verzweigungen des zerebralen Netzwerks aus. Dort, wo der Finger des Chefmediziners gerade noch gewesen war, kam es zu wahren Blitzgewittern.

      »Der Frontallappen ist hauptsächlich für motorische Funktionen verantwortlich«, sagte er. »Er steuert und kontrolliert also Bewegungen. Zugleich gilt das Stirnhirn als Sitz der individuellen Persönlichkeit und des Sozialverhaltens. Irdische Experten haben diesen Teil unseres Denkapparats deshalb früher als ›Organ der Zivilisation‹ bezeichnet. Es verfügt über ausgeprägte Verknüpfungen mit dem sogenannten Mandelkern. Bei diesem handelt es sich um eine der ältesten Hirnregionen überhaupt, die für unser Gefühlsleben mitverantwortlich ist. Vor allem für die beiden stärksten Emotionen, die wir kennen: Wut und Angst.«

      Thora ahnte längst, worauf Steflov hinauswollte. Sie wusste, dass sich die Gehirne von Menschen und Arkoniden in ihrer grundlegenden Architektur zu neunundneunzig Prozent glichen. Es gab nur wenige Abweichungen;

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