Die Reise der Bounty in die Südsee. William Bligh
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Читать онлайн книгу Die Reise der Bounty in die Südsee - William Bligh страница 12
Bei Tagesanbruch sandte ich Herrn Christian mit einem Kommando ab, um unser Zelt zu errichten, und bald darauf folgte ich selbst mit Teina, Moanna und Poino. Mit ihrer Einwilligung bestimmte ich eine Grenze, über die die Eingeborenen nicht ohne unsere Erlaubnis vordringen sollten. Das Zelt sollte die jungen eingesammelten Stämme aufnehmen, denn ich hatte es jetzt so weit gebracht, dass die Häuptlinge glaubten, ich wollte die Stämme ihnen zu Gefallen als Geschenk an den König von England mitnehmen. Das Kommando im Zelt bestand aus dem Botaniker Nelson, seinem Gehilfen Brown und neun Mann.
Teina speiste an Bord mit mir und war heute mein einziger Gast, trotzdem musste die Zeremonie des Fütterns gewissenhaft beobachtet werden, und als alle Bedienten weggeschickt worden waren, weil wir allein sein wollten, musste ich ihm das Weinglas an den Mund führen. Nach dem Essen lud Teina mich ein, mich mit einem Geschenk von Lebensmitteln zu einem Haufen Errioys zu begleiten. Unser Weg ging an einem Flüsschen entlang, an dessen Ufer ich sonst immer zu Fuß gegangen war, diesmal aber hatte man ein Boot für mich bereitgehalten, das von acht Mann gezogen wurde. Als wir unser Ziel erreicht hatten, sah ich eine große Menge Brotfrucht, einige schon zubereitete Schweine und eine Menge von dem hier aus Maulbeerrinde angefertigten Stoff. Etwas abseits saß ein Mann, den man als einen der vornehmsten Errioys bezeichnete. Die Menge stellte sich in zwei Reihen auf, und einer von Teinas Leuten hielt, im Kanu stehend, eine Ansprache an die Errioys, die aus lauter kurzen Redensarten bestand und eine Viertelstunde dauerte.
Unterdessen brachte man ein Stück Stoff, dessen Ende ich halten musste, während fünf Mann, die ein Spanferkel und Körbe voll Brotfrucht trugen, sich anschickten, mir zu folgen. So näherten wir uns dem Errioy und legten alles vor ihm nieder. Darauf sprach ich einige Worte nach, die Teina mir vorsagte, deren Bedeutung ich aber nicht verstand. Und da ich in der Aussprache wenig korrekt war, verursachte mein Beitrag zu dieser Feierlichkeit großes Gelächter. Nach Beendigung meiner Rede zeigte man mir einen Errioy, der von Raiatea gekommen war und den ich ebenfalls feierlich begrüßen sollte. Als Teina auf seine Frage erfuhr, dass ich in meinem Heimatland Kinder hätte, verlangte er, ihretwegen noch ein Geschenk darzubringen. Also machte ich mit einigen übrig gebliebenen Körben Brotfrucht, einem Ferkel und einem Stück Stoff dem Mann ein Geschenk zugunsten meiner Kinder. Er erwiderte nichts auf meine schönen Worte und empfing meine Geschenke wie eine Pflichtgabe.
Alles, was ich aus dieser seltsamen Feierlichkeit folgern konnte, bestand darin, dass die Errioys in hohem Ansehen stehen und dass die Mitglieder dieser Gesellschaft meist Männer sind, die sich durch Tapferkeit oder andere Verdienste ausgezeichnet haben. Ich konnte aber nicht begreifen, dass diese Gesellschaft, die doch ihre eigenen Kinder umbringt, eine im Namen meiner Kinder dargebotene Gabe so wohlwollend annehmen müsse.
Als die Feierlichkeit beendet war, begab ich mich auf mein Schiff zurück. Teina erzählte mir, sein erstgeborenes Kind sei, gleich nachdem es auf die Welt gekommen war, getötet worden, weil er damals zu den Errioys gehört habe. Vor der Geburt des zweiten Kindes sei er aber aus der Gesellschaft ausgetreten. Man erlaubt den Errioys große Freiheit im Umgang mit dem anderen Geschlecht, außer in Zeiten der Kriegsgefahr, wo es ihnen, da sie meist Taata-Toa oder Krieger sind, verboten ist, sich zu schwächen oder zu entnerven.
Die Eingeborenen, mit denen ich mich über die Gesellschaft der Errioys unterhielt, sagten übereinstimmend, sie sei notwendig, um die allzu starke Vermehrung der Bevölkerung zu verhüten. »Wir haben zu viele Kinder, zu viele Männer«, war ihre ständige Entschuldigung. Doch schien mir nicht, dass sie eine zu starke Vermehrung der unteren Volksklasse befürchteten, denn aus ihnen wurde niemand in die Errioy-Gesellschaft aufgenommen. Das schrecklichste Beispiel von Grausamkeit, wozu diese Gesellschaft fähig war, gaben der Eri von Tittaha, namens Tippahu, und seine Gemahlin, eine Schwester Teinas, die acht Kinder gehabt, aber alle gleich nach der Geburt umgebracht hatten. Dann hatten sie einen Neffen an Kindes statt angenommen, an dem sie mit großer Zärtlichkeit hingen.
Auf den Inseln des Südmeeres, deren Umfang so gering ist und deren Bewohner, ehe die Europäer sie entdeckten, keine Vorstellung von anderen Ländern und Völkern hatten, scheint die Sorge um eine Übervölkerung ganz natürlich zu sein. Daher können hier vielleicht die ehelosen Orden, die für andere Länder nachteilig geworden sind, einen wesentlichen Vorteil bringen, wenigstens solange sie ihren Zweck ohne Verbrechen erfüllen. Man hat die Bevölkerung der Insel Tahiti auf Hunderttausend geschätzt. Noch ist die Insel nicht genügend kultiviert, aber wenn auch in der Landwirtschaft große Fortschritte gemacht würden, könnte sie doch nicht mit einer grenzenlos steigenden Bevölkerung Schritt halten.
Hier drängt sich mir ein Gedanke auf, der zwar traumhaft erscheinen mag, aber doch einige Aufmerksamkeit verdient. Auf der einen Seite sehen wir die Eingeborenen dieser Inseln in ihrer Existenz bedroht und unzählige Kinder gleich nach ihrer Geburt zum Tode verurteilt, auf der anderen aber wissen wir ein so nahes und festes Land wie Neuholland (Australien), wo ungeheure Landstriche unbebaut liegen und fast gar keine Bewohner haben. Ist es da nicht natürlich, auf den Gedanken zu kommen: Wie wäre es, wenn beide Länder einander Hilfe und Ausgleich bringen würden? Neuholland scheint wirklich von der Schöpfung dahin verlegt zu sein, um dem Überschuss von Eingeborenen auf den Inseln als Zuflucht zu dienen. Könnte man die Auswanderung dorthin möglich machen, dann würde nicht nur dem schrecklichen Kindermord ein Ende gesetzt, sondern ein großer Kontinent, der bisher eine Wüste war, würde sich in ein volkreiches Land verwandeln, und viele Eingeborene der Inseln könnten vom Tode errettet werden und auch in der Moral Fortschritte machen. Wahrscheinlich könnte auch unseren Kolonien in Neuholland daraus so viel Vorteil erwachsen, dass die Mühen und Kosten eines so menschenfreundlichen Planes sich vielleicht reichlich lohnen würden.
Ich gestehe, dass diese letzte Aussicht sehr vage ist, da nur die zwischen den Wendekreisen liegenden Teile von Neuholland den Lebensgewohnheiten der Insulaner angemessen sind, wie dort auch Boden und Klima am besten für die Ansiedlung geeignet sind. Der Mensch, der von seinem Schöpfer in ein warmes Klima versetzt worden ist, würde vielleicht nie ein kälteres aufsuchen, wenn nicht die Not ihn tyrannisch dazu triebe. Ganze Jahrhunderte würden also vergehen, ehe die neuen Ansiedler von den Inseln sich bis an unsere Niederlassungen in Neuholland ausgebreitet hätten. Sicher aber würde der naheliegende Plan, Menschen ohne Land in ein Land ohne Menschen zu bringen, bedeutende Vorteile bringen.
Bei einem Volk wie den Tahitianern, das sonst so fern von Anmaßung und Eitelkeit ist, bei einem Volk, dessen Sitten so einfach und natürlich sind, bleibt es unbegreiflich, mit welcher Strenge die oft nur kleinen Unterschiede von Stand und Rang beachtet werden. Ich wüsste keinen Umstand und keine noch so verdienstvolle Tat, die einen Insulaner über die Klasse, in der er geboren ist, erhöhen könnte, es sei denn, er habe genug Macht erlangt, sich selbst eine Würde zu erteilen. Wenn eine Frau aus den niedrigen Kreisen von einem Eri ein Kind hat, so darf es nicht am Leben bleiben. Vielleicht mussten auch Tippahus acht Kinder irgendeiner grausamen Rangordnung geopfert werden.
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