Die Reise der Bounty in die Südsee. William Bligh
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Читать онлайн книгу Die Reise der Bounty in die Südsee - William Bligh страница 11
Oparre ist der nächste, westlich gelegene Bezirk von Tahiti. Ich wollte dort nachschauen, ob Nelson junge Stämme finden würde. Zunächst hielt ich es aber für ratsam, dem jungen Otu, Teinas Sohn, dem jetzigen Oberhaupt, der sich mit Teinas übrigen Kindern in Oparre aufhielt, einen Besuch abzustatten. Man hatte mir diesen Jüngling, wenn nicht als wichtigste, so doch als die Persönlichkeit mit dem höchsten Rang auf Tahiti benannt. Es war Mittag, als ich das Schiff verließ. Teina, seine Gattin und Poino begleiteten mich. Moanna, der ebenfalls mitgehen sollte, bestand darauf, an Bord zu bleiben, um seine diebischen Landsleute zu überwachen.
Wir setzten unser Segel und erreichten in einer halben Stunde Oparre. Während dieser Fahrt erzählte mir Teina ausführlich, was aus dem Hornvieh und den Schafen geworden sei, die Kapitän Cook ihm gegeben hatte. Fünf Jahre nach Kapitän Cooks Abreise, berichtete er, verbündeten sich die Bewohner der Insel Eimeo mit den Bewohnern des tahitischen Bezirks Attahuru und landeten auf Oparre. Nach heftigen Kämpfen, wobei viele Menschen ums Leben kamen, flohen Teina und seine Leute ins Gebirge und überließen ihre ganze Habe den Siegern, die alles vernichteten, was sie nicht hinwegführen konnten. Sie schlachteten und verzehrten einige Stück Vieh, nahmen aber die meisten Tiere mit nach Eimeo. Die Kühe hatten bereits acht Kälber und die Mutterschafe ebenfalls acht Lämmer geworfen.
Die Enten und Gänse hatten sich sehr vermehrt, aber die Truthühner und Pfauen waren gar nicht zum Brüten gekommen, was auch der Grund dafür sein mochte. Als Teina sah, dass mich der Verlust so vieler nützlicher Tiere schmerzte, schien er hocherfreut zu sein, aber ich stellte bald fest, dass der Grund dafür keineswegs in der Hoffnung lag, ich würde den Verlust ersetzen, sondern darin, dass ich nun Rache an seinen Feinden üben würde. Der Verlust der Tiere ließ ihn sonst so gleichgültig, dass ich ernstlich böse auf ihn war. Allerdings hatte er Grund genug, gegen die Bewohner von Eimeo aufgebracht zu sein, denn sie hatten die großen, geräumigen Häuser, die wir im Jahre 1777 in dieser Gegend gesehen hatten, sämtlich von Grund auf zerstört, sodass wir jetzt nur leichte Schauerdächer fanden, die von vier Männern an den Ecken aufgenommen und von einer Stelle zur anderen transportiert werden konnten. Von den vielen großen Kanus, die sie damals besaßen, waren nur drei übriggeblieben.
Als Teina während dieser Unterredung von mir erfuhr, dass ich beabsichtigte, die benachbarten Inseln zu besuchen, bat er mich ernstlich, nicht von Matawai wegzugehen. »Hier«, sagte er, »wirst du in Überfluss erhalten, was du brauchst. Hier ist jedermann dein und König Georgs Freund, gehst du aber nach den anderen Inseln, wird man dir alles stehlen.« Ich erwiderte ihm, der König habe ihm gerade deshalb die vielen Geschenke gesandt, und ich fuhr fort: »Willst du nicht auch dem König Georg etwas als Gegengabe schicken?«
»Ja«, rief Teina, »ich will ihm schicken, was ich nur habe.« Darauf fing er an aufzuzählen, was er alles hätte, und er nannte unter anderem auch die Brotfrucht. Dies war nun genau der Punkt, zu dem ich die Unterredung zu lenken gewünscht hatte, und ich ergriff die günstige Gelegenheit, ihm zu sagen, dass gerade Brotfruchtbäume dasjenige seien, woran König Georg den meisten Gefallen haben werde. Darauf versprach er mir unverzüglich, eine große Anzahl an Bord bringen zu lassen, und er schien sich zu freuen, dass es so leicht sein sollte, König Georg zu beschenken.
Als wir in Oparre an Land gingen, umringte uns wie gewöhnlich ein großer Menschenschwarm. Ich erkundigte mich nach Oripaia, doch er war noch nicht zurückgekommen, und wir setzten uns einstweilen unter ein Dach, um auf ihn zu warten. Nach einer Viertelstunde kam er zu uns und brachte ein Schabeisen und ein eisernes Band von der Ankerboje. Ich dankte ihm für seine Mühe und erklärte, dass ich völlig zufriedengestellt sei, da ich sah, dass er meinen Unmut noch sehr fürchtete. Darauf schieden wir für eine kurze Zeit von ihm, und ich begab mich mit Teina auf den Weg, um Otu, dem Eri rahai, meinen Besuch abzustatten.
Wir waren kaum fünf Minuten gegangen, als Teina innehielt und mir erklärte, dass niemand, dessen Schultern bedeckt seien, seinen Sohn sehen dürfe. Er selbst nahm sein Oberkleid ab und bat mich, das Gleiche zu tun. Ich antwortete ihm, ich würde vor ihm nicht anders als vor meinem König erscheinen, dem größten der Welt. Darauf nahm ich meinen Hut ab, und Teina warf mir ein Stück Stoff über die Schultern. Wir gingen nun weiter unter dem Schatten von Brotbäumen und hielten am Ufer eines kleinen Flusses. Auf dem anderen Ufer stand ein Haus, etwa fünfzig Schritte entfernt. Aus diesem Haus kam ein Mann, der den jungen König auf den Schultern trug. Er war in feinen weißen Stoff gekleidet, und Teina bat mich, ihn mit dem Namen »Tu, Eri rahai« zu begrüßen. Die Geschenke, die ich mitgebracht hatte, teilte man in drei Teile, denn es kamen noch zwei Kinder auf die gleiche Weise zum Vorschein. Ich überreichte einem Boten das erste Geschenk, wozu ich auf Teinas Rat sagte, es sei für den Eri rahai bestimmt, ich sei sein Freund, hasste die Diebe und komme von Britannien. Das zweite und dritte Geschenk schickte ich mit einer ähnlichen Botschaft an die anderen Kinder.
Da ich den Eri rahai nicht deutlich genug erkennen konnte, wünschte ich, über den Fluss zu ihm zu gehen, aber dies wurde mir nicht erlaubt. Daher kehrte ich, als die Geschenke abgeliefert waren, mit Teina nach Oripaias Wohnung zurück. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, dass Teina mit seiner Gemahlin vier Kinder hatte. Otu oder Tu, der Eri rahai, schien etwa sechs Jahre alt zu sein. Das zweite Kind war ein Mädchen, das dritte ein Knabe und das vierte ein ganz kleines Mädchen, das ich nicht zu sehen bekam.
Blick vom One Tree Hill auf die Matawai-Bucht
Als wir wieder an den Ort gekommen waren, wo wir zuerst angehalten hatten, nahm Teina mir das Stück Stoff von den Schultern und bat mich, meinen Hut wieder aufzusetzen. Auf dem Rückweg kamen wir an einem grob geschnitzten Baumstamm vorüber, wo man mich bat, den Hut noch einmal abzunehmen. Ich erfuhr, dass dieser Stamm die Grenze des königlichen Landbesitzes bezeichnete, wo alle Eingeborenen aus Ehrfurcht die Schultern entblößen mussten.
Wir hielten bei einem Haus, das Teina gehörte. Hier bot man mir ein Konzert dar, das von einem Flötenspieler, drei Trommelschlägern und vier Sängern bestritten wurde. Dann erreichten wir das Haus von Oripaia wieder, der mich mit einem seiner Onkel, namens Mauwaroa, einem sehr alten, fast erblindeten und am ganzen Leib tätowierten Mann, bekannt machte. Bald darauf setzte ich mich mit Teina, Oripaia, ihren Gemahlinnen und Poino wieder in mein Boot. Am Strand hatte sich eine große Menschenmenge versammelt, um uns abreisen zu sehen. Als das Boot vom Land abstieß, bat mich Teina, meine Pistolen abzuschießen, die er Pupui-iti-iti nannte. Der Knall setzte den ganzen Haufen in Bewegung, sobald die Eingeborenen aber merkten, dass ihnen nichts geschehen war, brachen sie in lauten Beifall aus.
Nelson, der mich auf diesem Ausflug begleitet hatte, konnte wegen der überall herandrängenden Volksmenge keine Pflanzen suchen, aber er hatte festgestellt, dass wir hier ebenso viele Brotfruchtstämme wie auf Matawai bekommen könnten. Auf dem Rückweg zum Schiff, den unsere Ruderer in einer Stunde zurücklegten, war Britannien der einzige Gesprächsgegenstand. Besonders interessiert fragte man mich nach der Anzahl unserer Schiffe und ihrer Kanonen. Als ich erzählte, dass wir Schiffe mit hundert Kanonen hätten, wollte man mir nicht glauben, bis ich sie auf Papier zeichnete. Darauf fragten sie mich, ob ein solches Schiff wohl so groß sei wie die Landzunge zwischen Matawai und Oparre, die wir gewöhnlich One Tree Hill nannten, wegen des einzelnen Baumes, der dort stand. Teina wünschte, dass ein so großes Schiff nach Tahiti geschickt werden und dass ich mitkommen möchte,