Sophienlust - Die nächste Generation Staffel 1 – Familienroman. Karina Kaiser

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Sophienlust - Die nächste Generation Staffel 1 – Familienroman - Karina Kaiser Sophienlust - Die nächste Generation

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war, konnte er nicht sagen. Vermutlich hatte sie aber einen Unfall gehabt, stand jetzt unter Schock und war völlig verwirrt. Deshalb steuerte der Fahrer den nächsten Polizeiposten an und hielt unmittelbar vor dem Eingang.

      »Gedulden Sie sich bitte eine Minute«, sagte er zu Liane. »Ich bin gleich wieder da, und dann kann die Fahrt weitergehen.«

      Tatsächlich erschien der Taxifahrer schon bald wieder, brachte allerdings zwei Polizisten mit, die sich jetzt kurz mit Liane unterhielten. Es war sofort klar, dass diese Frau medizinische Hilfe brauchte. Es war nicht ganz einfach, ihr zu verdeutlichen, dass sie jetzt aussteigen musste.

      Erst nachdem ihr versprochen worden war, dass man sie möglichst bald zum Amselweg bringen würde, war Liane bereit, das Taxi zu verlassen.

      Dann ging alles so schnell, dass sie gar nicht mehr dazu kam, sich zur Wehr zu setzen. Ein Krankenwagen traf ein, zwei nette junge Leute redeten mit ihr und kümmerten sich um sie, und bevor Liane sich versah, fand sie sich in einem Krankenhaus wieder. Dort wurden ihre Verletzungen behandelt, und man fragte sie nach ihrem Namen und ihrer Adresse.

      »Ich wohne im Amselweg Nummer acht und heiße..., mein Name ist... Ich weiß im Moment nicht, wie ich heiße. Ich habe..., habe meinen Namen ... vergessen.«

      Der junge Arzt, der sie versorgte, blickte in ihr entsetztes Gesicht. »Machen Sie sich keine Sorgen. Nach schweren Unfällen ist es völlig normal, dass es erhebliche Erinnerungslücken gibt. Das geht meistens nach ein paar Tagen wieder vorbei.«

      »Aber ich erinnere mich auch nicht daran, dass ich einen Unfall gehabt habe. Eigentlich weiß ich überhaupt nichts mehr. Auch Ihren Namen habe ich vergessen.«

      Der Arzt schüttelte den Kopf. »Nein, Sie haben meinen Namen nicht vergessen. Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich heiße Daniel Edlinger.«

      »Edlinger«, murmelte Liane. »Ich werde versuchen, mir diesen Namen zu merken. Ich werde auch versuchen, mich an meinen Namen zu erinnern und an das, was mir passiert ist. Im Augenblick gelingt mir das nicht, aber ich werde mich bemühen. Schließlich ist es doch wichtig zu wissen, wer ich bin. Vielleicht hab ich eine Familie, die mich vermisst und sich Sorgen um mich macht.«

      Daniel Edlinger ließ sich neben der Patientin nieder. »Wenn es so ist, wird Ihre Familie Sie schon bald als vermisst melden. Dann erfahren Sie alles über sich und erinnern sich wahrscheinlich auch ganz schnell wieder an alles.«

      Liane nickte und versuchte zu lächeln. Es war ein etwas missglücktes Lächeln, aber der Blick, mit dem sie Daniel bedachte, traf ihn mitten ins Herz. Die junge Frau war erst vor gut einer Stunde eingeliefert worden. Dr. Daniel Edlinger spürte jedoch deutlich, dass sie für ihn schon jetzt weitaus mehr war als nur eine normale Patientin.

      *

      Es war für Ellen ungeheuer schwer gewesen, Kira beizubringen, dass ihre Mutter nicht mehr lebte. Die Neunjährige hatte ihr schweigend zugehört.

      Sie jammerte nicht und brach auch nicht völlig verzweifelt in Tränen aus, so wie Ellen es vermutet hatte. Allerdings wirkte ihr Gesicht wie versteinert, als sie Ellen fragend anschaute.

      »Was wird denn aus mir, wenn Mutti jetzt nicht mehr da ist? Bei dir kann ich wahrscheinlich nicht für immer bleiben. Komme ich jetzt in ein Waisenhaus? Da will ich nicht hin. Waisenhäuser sind furchtbar.«

      Spontan nahm Ellen das kleine Mädchen in die Arme, das zwar ganz sachliche Fragen gestellt, aber offensichtlich noch gar nicht so richtig begriffen hatte, dass seine Mutter nicht mehr lebte.

      »Nein, Kira, du musst nicht in ein Waisenhaus. Das würde deine Mutti auch nicht wollen. Sie ist jetzt im Himmel und schaut zu. Sie sieht, was wir hier auf der Erde machen. Wenn ich zulassen würde, dass du in ein Waisenhaus kommst, wäre sie mir sehr böse. Erst einmal bleibst du hier bei mir. In ein paar Tagen können wir gemeinsam überlegen, wie es weitergehen soll.«

      »Kann Mutti mich denn nicht einfach zu sich in den Himmel holen?«, wollte Kira wissen. »Dann wären wir beide wieder zusammen. Das wäre doch die bete Lösung.«

      »Ich glaube nicht, dass das möglich ist«, erwiderte Ellen. »Außerdem ist es doch schön auf dieser Erde. Du solltest dich nicht mit dem Gedanken beschäftigen, sie zu verlassen. Du hast doch in Sophienlust all die Kinder kennengelernt, die ihre Eltern verloren haben. Trotzdem sind sie alle wieder fröhlich geworden und wollen nicht, dass ihre Eltern sie in den Himmel nachholen.«

      »Ja, das stimmt«, gab Kira zu. »Aber bei mir ist das irgendwie anders. Ich möchte unbedingt bei meiner Mutti sein. Es ist mir egal, ob wir im Himmel zusammen sind oder hier auf der Erde.«

      »Kira, ich weiß, wie schlimm das im Augenblick alles für dich ist. Ich bin ja auch unendlich traurig darüber, dass ich eine gute Freundin verloren habe. Aber wir beide müssen uns an diesen Gedanken gewöhnen, dass wir einen geliebten Menschen hergeben mussten, der niemals wieder zu uns zurückkommt. Das schafft man natürlich nicht in ein paar Tagen. Dazu braucht man viel mehr Zeit. Außerdem ist es gut, wenn man Menschen hat, die einem dabei helfen, so einen schweren Schicksalsschlag zu überwinden. Ich denke da gerade an die Kinder von Sophienlust. Vielleicht wäre es gut für dich, wenn du demnächst wenigstens für eine Weile in Sophienlust wohnen würdest. Dort kannst du dich jeden Tag mit Kindern unterhalten, die dasselbe erlebt haben wie du jetzt. Was meinst du? Sollen wir Dominik von Wellentin-Schoenecker einmal fragen, ob für dich noch ein Platz frei ist?«

      Trotz ihres großen Kummers musste Kira kichern. »Dominik von Wellentin-Schoenecker! Das wird er gar nicht gerne hören. Er hat es viel lieber, wenn man ihn Nick nennt. Nun ja, fragen können wir ja. Sophienlust ist zumindest viel besser als ein Waisenhaus. Kann Mutti mich vom Himmel aus denn auch sehen, wenn ich in Sophienlust bin?«

      »Ja, das kann sie«, versicherte Ellen. »Egal wo du auf dieser Erde bist, sie kann dich immer und überall sehen.«

      »Gut, dann können wir morgen nach Sophienlust fahren und Nick fragen, ob ich dort bleiben darf.«

      Kiras Gedanken konnte Ellen nicht erraten. Die Neunjährige dachte daran, dass ihre Mutter sie auch zu sich holen könnte, wenn sie in Sophienlust war. Deshalb hatte sie sich schließlich bei Ellen erkundigt, ob ihre Mutter sie auch in Sophienlust sehen konnte. Wenn das der Fall war, dann würde sie sie auch von dort zu sich in den Himmel holen können. Kira hatte keine Ahnung, wie es im Himmel wohl aussehen würde. Darüber hatte sie sich noch nie Gedanken gemacht. Aber es hieß doch immer, dass nur gute Menschen in den Himmel kommen könnten, und wenn das nur guten Menschen erlaubt war, dann musste es da auch schön sein. Kira wusste, wie sehr ihre Mutter sie liebte. Wenn sie nun sah, wie traurig ihr Kind war, dann würde sie es ganz bestimmt schon bald nachholen. Dessen war Kira sich sicher, sprach mit Ellen aber nicht weiter über ihre Gedanken.

      *

      Während der vergangenen Tage hatte Liane immer wieder versucht, sich daran zu erinnern, wer sie war und was ihr passiert war. Aber alle Versuche waren erfolglos geblieben. Da war nur die Adresse, an die sie sich erinnern konnte. In welcher Stadt dieser Amselweg allerdings lag, konnte sie nicht sagen.

      Daniel Edlinger hatte herausgefunden, dass es auch in Graz einen Amselweg gab. Zwar war seine Patientin bisher noch nicht als vermisst gemeldet worden, aber vielleicht wohnten dort trotzdem irgendwelche Verwandte, die weiterhelfen konnten. Ohne vorher darüber gesprochen zu haben, machte er sich auf den Weg zum Amselweg Nummer acht.

      Das Haus wirkte schon recht alt, war aber gut gepflegt. Im Vorgarten blühten zahlreiche Rosen in unterschiedlichen Farben, und an der Gartenpforte entdeckte Daniel einen aus Holz geschnitzten Dackel. Er

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