Sophienlust - Die nächste Generation Staffel 1 – Familienroman. Karina Kaiser

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Sophienlust - Die nächste Generation Staffel 1 – Familienroman - Karina Kaiser Sophienlust - Die nächste Generation

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zu faul und zu träge bin, um mich um Sophienlust zu kümmern, aber....«

      Denise hob die Hände und gebot Nick damit Einhalt. »Ich bin deine Mutter, und ich weiß genau, dass du alles andere als faul oder träge bist. Ich habe genau verstanden, wie du es gemeint hast. Außerdem bin ich froh, dass ich hier in Sophienlust nicht ganz überflüssig werde. Ich fühle mich nämlich noch viel zu jung, um aufs Altenteil abgeschoben zu werden.«

      »Altenteil?«, fragte Nick irritiert. »Mensch, Mutti, wo denkst du denn hin? Wir alle brauchen dich und deine Einsatzbereitschaft, und ich brauche dich ganz besonders.«

      Spontan nahm Nick seine Mutter in die Arme.

      Die umstehenden Kinder beobachteten gerührt die Szene, und als die kleine Heidi applaudierte, nahmen sich alle ein Beispiel an ihr.

      *

      Als Liane aufwachte, wusste sich nicht, wo sie sich befand. Das interessierte sie allerdings auch wenig. Sie ärgerte sich über die grünen kleinen Blätter, die vom lauen Wind durch ihr Gesicht geweht wurden und störten. Am Ende des Rübenfeldes, das vor ihr lag, sah sie Rauch aufsteigen. Mehrere große Fahrzeuge mit blinkenden blauen Lichtern standen in der Nähe der Rauchfahne. Liane hatte keine Ahnung, was dort passiert sein könnte, wollte es auch gar nicht wissen. Rückwärts kroch sie langsam aus der Hecke heraus und blickte an sich herab. Ihre hellblaue Hose war mit Blut verschmiert, das wohl von ihren Beinen stammte, in ihrem linken Unterarm steckte ein dreieckiges Glasstück, und ihr linker Zeigefinger sah seltsam verdreht aus. Erst jetzt fühlte sie, dass ihr Kopf schmerzte und dass sie auch beim Atmen Schmerzen in den Rippen hatte. Aber sie dachte gar nicht daran, nach Hilfe Ausschau zu halten, als sie die Wiese überquerte, die an einer Reihe von Einfamilienhäusern endete. Niemand sah die verletzte junge Frau, die den schmalen Weg zwischen zwei Häusern passierte und die Straße erreichte. Liane erblickte einen Umzugswagen, der mit geöffneten Hecktüren vor einem Haus stand.

      »Ich muss nach Hause fahren«, murmelte sie vor sich hin. »Ja, ich will nach Hause. Ich muss für jemanden kochen.«

      Es gelang Liane, unbemerkt in den Umzugswagen zu steigen. Darin standen zahlreiche Möbelstücke. Sie tastete sich zwischen einigen Schränken hindurch vorwärts, bis sie auf einen großen bequemen Sessel stieß. Mit einem Stöhnen ließ sie sich darauf nieder. Jeglichen Sinn für die Realität hatte sie verloren. Sie wusste nur, dass sie sich in einem Auto befand, und mit diesem Auto wollte sie jetzt nach Hause fahren.

      Es dauerte nicht lange, bis der Fahrer des Wagens zusammen mit zwei Möbelpackern aus dem Haus kam. Sie hatten noch ein paar Kleinmöbel bei sich, die verladen werden mussten.

      »Passen Sie bitte gut auf die Kommode auf«, wurden die Packer von den Besitzern dieses Teils gebeten. »Es ist eine ganz besondere Kostbarkeit aus den Anfängen des neunzehnten Jahrhunderts. Es wäre eine Katastrophe, wenn dieses wertvolle Stück Schaden nehmen würde.«

      Die Möbelpacker hüllten die Kommode sorgfältig in eine Decke und schoben sie anschließend mit äußerster Vorsicht in den Wagen. Dann schlossen sie die Türen, ohne Liane hinter den Schränken in ihrem Sessel zu entdecken. Wie hätten sie auch mit einem blinden Passagier rechnen sollen?

      »So, das hätten wir geschafft«, bemerkte einer der Männer. »Es ging alles eigentlich schneller als erwartet. Dann machen wir uns jetzt auf den Weg nach Graz. Da dürfen wir all die Sachen, die wir mühsam eingeladen haben, wieder ausladen.«

      Nachdem alle eingestiegen waren, setzte sich der Wagen in Bewegung. Das nahm Liane in ihrem Sessel deutlich wahr. Aber sie wusste nicht, dass sie sich in einem Umzugswagen befand, und auch nicht, dass dieser Wagen auf der Fahrt nach Graz war. In ihrem Gehirn war nahezu alles ausgelöscht, und sie hatte nur noch einen Gedanken: Sie musste nach Hause, um dort eine wichtige Sache zu erledigen. Um was für eine Sache es sich handelte, konnte sie im Moment nicht mehr sagen. Es hatte aber damit zu tun, dass sie für jemanden kochen musste. Für wen sie das Essen auf den Tisch bringen musste, wusste Liane nicht mehr. Es wollte ihr einfach nicht einfallen, sosehr sie sich auch den Kopf darüber zerbrach. Das würde ihr jedoch bestimmt wieder einfallen, wenn sie zu Hause angekommen war.

      Unterwegs betrachtete Liane immer wieder ihre Beine und fragte sich, wieso ihre Hose so große Blutflecke aufwies. Diese Tatsache fand sie seltsam, aber keineswegs beunruhigend. Deshalb lehnte sie sich zurück und machte es sich in dem großen Sessel gemütlich.

      *

      Auf dem Flugplatz des kleinen Ortes in Kärnten herrschte tiefe Trauer. In der Vergangenheit war es einige Male bei kleineren Unfällen vorgekommen, dass Flugzeuge beschädigt und sogar Menschen verletzt worden waren. Meistens war es bei noch sehr unerfahrenen Piloten passiert, die den Landeanflug doch noch nicht so gut beherrscht und das Wetter oder die Windverhältnisse falsch eingeschätzt hatten. Aber ein so entsetzliches Unglück wie jetzt war noch nie geschehen. Von den Insassen des Flugzeugs hatte niemand überlebt. Alle waren Opfer der Flammen geworden, die sich unmittelbar nach der Bruchlandung überall ausgebreitet hatten.

      »Ich kann noch gar nicht begreifen, dass wir Alfi nie wiedersehen werden«, sagte der junge Mann, der vor dem Abflug die Maschine betankt hatte. Wie konnte das nur passieren? Er war doch ein so erfahrener Pilot. Wieso stürzt er plötzlich grundlos ab?«

      »So grundlos war das nicht«, bemerkte ein Kollege des jungen Mannes. »Es hat da einen Augenzeugen gegeben. Der hat ausgesagt, dass ein paar Enten in die Propeller geraten sind. Alfi ist sehr tief geflogen. Vermutlich wollte er den Fluggästen einen Gefallen tun. Die beiden wollten doch Fotos machen und deshalb möglichst nah an die Objekte heran. Nun ja, und in dieser niedrigen Höhe sind eben oft auch Vögel unterwegs. Du weißt selbst, dass eine Maschine bei Vogelschlag außer Kontrolle geraten kann. Alfi hat ja sogar noch einen Landeversuch unternommen, aber das konnte in dem Rübenfeld einfach nicht gelingen. Dass die Maschine Feuer fing, war dann die zweite Katastrophe. Die Feuerwehr hat drei völlig verkohlte Opfer in dem Flugzeug entdeckt. Es ist furchtbar, ganz furchtbar.«

      So wie die beiden jungen Männer dachten alle, die auf diesem Flugplatz beschäftigt waren oder näher mit ihm zu tun hatten. Selbst die Bevölkerung des Ortes nahm großen Anteil. Nachdem der Brand gelöscht und die Wrackteile der Maschine weggeräumt waren, kamen mehrere Leute aus dem Ort und legten Blumen vor der noch durch rot-weiße Bänder gesperrten Absturzstelle nieder oder zündeten Kerzen an. Den Piloten kannten viele, aber die Passagiere waren den Ortsbewohnern unbekannt. Trotzdem kamen sie, um ihre Anteilnahme zu zeigen. Der Flugplatz gehörte für die hier lebenden Leute zum Alltag. Manche nutzten mitunter selbst die Gelegenheit für einen Rundflug, wenn sie Gäste hatten und ihnen etwas Besonderes bieten wollten. Anderen war der Flugplatz relativ egal, aber niemand hätte auch nur im Traum daran gedacht, dass sich hier jemals eine solche Tragödie abspielen könnte. Von Flugzeugabstürzen hörte man manchmal in den Nachrichten, oder es wurden sogar Bilder im Fernsehen gezeigt. Doch das alles geschah weit weg, irgendwo auf dieser Welt, aber doch nicht hier vor der eigenen Haustür. Alfred Luckner wohnte seit fast vier Jahren am Rand der kleinen Ortschaft. Kurz nach seiner Scheidung war er aus Klagenfurt weggezogen und hatte sich hier angesiedelt. Nahezu jeder kannte den sympathischen Mann und mochte ihn.

      Jetzt gab es ihn plötzlich nicht mehr. Er war völlig sinnlos ums Leben gekommen, und an diesen Gedanken mussten sich die Leute erst gewöhnen.

      Feuerwehr und Polizei hatten drei Tote gefunden, die allerdings bis zur Unkenntlichkeit verbrannt waren und nicht mehr genau identifiziert werden konnten. Trotzdem gab es keine Veranlassung, nach einem weiteren Opfer zu suchen. Allen Mitarbeitern des Flugplatzes war bekannt, dass Alfred Luckner mit zwei Passagieren starten wollte, einem älteren Mann und einer jungen Frau. Die Personalien dieser Fluggäste waren in einer Liste verzeichnet. Von einer vierten Person, die möglicherweise mitgeflogen war, wusste niemand etwas.

      Die

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