Die schweren Jahre ab dreiunddreißig. Wiglaf Droste

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Die schweren Jahre ab dreiunddreißig - Wiglaf Droste

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und kaum stand das familiäre Trio vereint, da entfuhr es Worgitzky geistesabwesend: »Aah, Lolita, du kleine geile Schlampe ...«

      Muss ich noch berichten, wie die Sache ausging? Von Worgitzkys Zwangseinweisung in ein sog. Männerhaus erzählen? Ich glaube kaum.

      1993

       Keine Macht den Drögen!

      MAN MUSS SIE NUR EINMAL ANSEHEN, die »Keine Macht den Drogen!«-Models: Berufslächler wie Jürgen Klinsmann, Landsertypen wie Lothar Matthäus, arme Schweine wie Steffi Graf, Dumm-macht-Sport-Figuren, gedopt und mit Medikamenten bis in die Haarspitzen voll; Jungpolizysten, die an der IQ-Minimalgrenze entlangschrappen; CSU-Heinis, chronisch im Dschum und dann bevorzugt mit dem Automobil unterwegs, damit eine kleine Todesfolge (für jemand anderes, natürlich) nicht unterbleibt, und alle gemeinsam mahnen und warnen und nölen und grölen sie dann, weil Denken ihre ganz starke Seite ist: Wer Haschisch spritzt, der raucht auch Heroin! Und nicken wichtig mit der Rübe und merken nichts, vor allem nicht, dass ihnen eh niemand zuhört, Millionen Kiffer im Lande nicht und auch sonst keiner, weil man seine Lebenszeit nicht mit Leuten verschwenden mag, die sich permanent als Lebensschützer aufspielen und so sichtlich alles hassen, was lebt und sich bewegt.

      »Wenn Richter Selbstverständlichkeiten in Frage stellen, droht sich der Rechtsstaat ad absurdum zu führen«, kommentierte Ede Stoiber von der bayerischen Trinker- und Todesstrafepartei den Vorstoß des Lübecker Richters Nescovic zur Legalisierung von Cannabis und hat beinahe recht: Ja, wenn selbst ein Richter Allgemeinplätze bezweifelt und eigenständig zu denken beginnt, dann entfernt er sich tatsächlich von landesüblichen Gepflogenheiten. Dabei ist die Debatte de facto längst entschieden: Durchgezogen wird an jeder Ecke, die Einstiegsdrogentheorie ist, außer bei den ganzganz Dummen, längst vom Tisch, ob legal oder illegal gekifft wird, ist den Kiffern längst so gut wie scheißegal, sie tun es so oder so.

      Und nicht einmal Angehörige und Freunde von toten Junkies, sonst die allerletzte Talkshow-Waffe im Anti-Hanf-Kampf, lassen sich mehr willig zu Instrumenten einer falschen Drogenpolitik machen, die, weil sie keine Argumente hat, auf nichts setzen kann als auf Ressentiments, Uninformiertheit und die daraus resultierende Betroffenheit.

      Wer einem allen Ernstes ein drogen- und rauschfreies Leben andienen möchte, ist entweder sehr schlicht, Christ oder lügt; dass die Trinkerfraktion im Lande aus Angst vor Illegalisierung ihrer Droge andere kriminalisiert, ist der dumpfe Reflex von Abhängigen, die sich ihre Ration sichern wollen und dabei das Rauschrecht anderer verletzen, das da heißt, dass jeder nach seiner Fasson high werden möge. Ob er dazu 100 Kilometer läuft, damit körpereigene Opiate ausgeschüttet werden, ein paar Schachteln Pils oder diverse Kannen Sekt in sich hineinpüttchert oder eben den einen oder anderen Joint schmaucht, ist in erster Linie eine Frage des persönlichen Stils und Geschmacks; dass aber gerade die Alkoholikermajorität futterneidisch jede andere Droge neben König Alkohol wegzubeißen versucht, ist unverschämt: Trinken ist eine feine Sache, wenn sie zum zufriedenen Betrunkensein führt, aber gerade der Trinker fällt im Gegensatz zum Kiffer immer wieder unangenehm auf, benimmt sich schlecht, schlägt Frau, Kind, Hund, und das ist nicht gut. Die Süchtigen aller Fraktionen sollen sich vertragen, Politiker sollten sich, wenn überhaupt, statt zu ihrer uninteressanten Homosexualität zu den von ihnen bevorzugten Drogen bekennen, und wer meint, dass ein drogenfreies Leben ein Garant für einen klaren Kopf sei, der soll in diesem Wahn leben und andere damit zufrieden lassen, anstatt ihnen weiszumachen, ein rauschfreies Leben sei nicht nur möglich, sondern auch noch erstrebenswert.

      Wie sagte Herr Morgenstern so richtig:

      Lass die Moleküle rasen

      heilig halte die Ekstasen!

      1993

       Antrag an meine lieben Mitmenschen

      WÜRDEN SIE BITTE ALLE, ja unbedingt und ausnahmslos alle, 24 Stunden am Tag, rund um die Uhr, ohne Pause und lebenslang, ein Schild mit dieser Aufschrift um Ihren Hals tragen:

      Das Elend hat viele Gesichter

      – wie gefällt Ihnen meins?

      Das stünde Ihnen allen nämlich sehr gut zu Gesicht.

      1993

       »Den Faschisten Barolo bieten!«

      ES IST UNGLAUBLICH WARM IN DER KNEIPE »Zur betrunkenen Antifa« an diesem Sommerabend im Prenzlauer Berg. Mehrere hundert zumeist junge Menschen stehen sich in dem winzigen Kellerlokal in der Nähe des Kollwitzplatzes gegenseitig in den Schuhen. Getrunken wird viel, vor allem Wernesgrüner Bier, aber auch die Hausspezialität, ein Wodkacocktail namens »Stalin-Orgel«, findet reißenden Absatz. Dietmar Dath, bei Spex und Heaven Sent als Dauerrekonvaleszent unter Vertrag, trägt auch bei 45° Celsius und subtropischer Luftfeuchtigkeit eine schwarze Skimütze aus Wolle mit aufgenähtem weißen X: Wer schön blöd sein will, muss leiden. »Malcolm zehn«, quatscht ihn ein Kumpel an, »hab ich mir nicht angekuckt. Ich hatte die ersten neun Teile nicht gesehen. Da wäre ich dann nicht mehr reingekommen.«

      Im Hinterzimmer ist die Luft noch dicker. Auf einer Kleinstbühne findet eine Podiumsdiskussion statt. Thema ist natürlich: Deutschland und die Welt. Soeben liest junge Welt-Chefredakteur Jürgen Elsässer angewidert aus der FAZ vor; Konkret-Herausgeber Gremliza hört nicht minder angeekelt zu. »Hermann L. Gremliza, grammatisches Gewissen der Nation / Verteilt Zensuren für den besten antideutschen Spott und Hohn«, ruft der blutjunge Kollege Gumhur Güzel schnippisch in die Runde, räumt nach einem gestrengen Blick aber selbst ein:

      »Das ist natürlich viel besser, als wenn Martin Walser den Faschos im Spiegel gute Deutschnoten gibt.« Puuh, das war knapp, aber für dieses Mal kann der Generationskonflikt in der Welt des Linksradikalismus noch abgebogen werden.

      »Kein Fassbreit den Faschisten!« grölt ein Kreuzberger Alt-81er unter Beifall in die Runde; »Genau! Scheiß-Flaschisten! Das sind doch voll leere Typen! Und wo is’ überhaupt mein Glas, ey?« pflichtet ihm ein schon etwas angeschlagener Baseballkappenträger – Schirm natürlich nach hinten! – bei.

      Alles will sich in Wohlgefallen und Seligkeit auflösen, da betreten zwei späte und unerwartete Gäste den antifaschistischen Boden: Diether Dehm, marxistischer Überbeau der SPD und Texteschreiber u.a. für Klaus Lage, dem z.B. die Zeile »das Telefon schweigt wie gefrorenes Holz« gelang, und, das ist Der Hammer: Gregor Gysi. Arm in Arm stehen die beiden Hoffnungsträger. Und lächeln, obwohl keine Kamera da ist. »Wir kommen gerade aus der Toscana«, strahlt Dehm, und Gysi nickt ihm zu und lacht: »Faschisten, Diether, Faschisten muss man Barolo bieten! Prösterchen.« – »Prostata, Gregor. Prostata.«

      1993

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