Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten. Hunter S. Thompson

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Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten - Hunter S. Thompson

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weiß«, sagte er. »Das ist der Grund, warum ich einen Roman schreibe. Vielleicht sogar zwei.«

      »Oh, ja, zwei Romane«, sagte ich. »War es nicht das, wovon Du mir damals in San Juan schon erzählt hast?«

      Averill Park, New York

      23. Oktober 1996

       Vorwort des Herausgebers

      Von Douglas Brinkley

       Du kannst auf die Inspiration nicht

       einfach warten. Du musst ihr mit

       der Keule hinterherjagen.

      Jack London

      Am 22. November 1963, in der Mittagszeit, hörte Hunter S. Thompson die Nachricht von der Ermordung des Präsidenten John F. Kennedy; seine erste Reaktion bestand darin, sich vor seine Schreibmaschine zu setzen. In einem Brief an seinen Freund William Kennedy (der für den Roman Ironweed zwanzig Jahre später den Pulitzer-Preis bekommen sollte) machte er seinem Ärger Luft. »Es gibt kein menschliches Wesen im Umkreis von fünfhundert Meilen, mit dem ich irgendetwas besprechen könnte – am wenigsten die Angst und den Schrecken, der nach dem heutigen Mord über mich gekommen ist«, schrieb Thompson zuhause in Woody Creek, Colorado. »Von jetzt an gelten nur noch miese Tricks. Diese wild gewordenen Irren haben den großen Mythos von der amerikanischen Anständigkeit zerschmettert.«

      Die Phrase »Angst und Schrecken« wurde bald – ohne Verweis auf Søren Kirkegaard – zum Markenzeichen von Thompson: sein Kürzel für einen berechtigten Angriff auf eine maßlose, kaputte Konsumgesellschaft. Ob im Zusammenhang mit den Hell’s Angels, mit Richard Nixon oder Südostasien – »Angst und Schrecken« war für Thompson eine vielfältig einsetzbare Paraphrase, die den Tod des amerikanischen Traums wie eine Kapsel einschloss. Angst und Schrecken in Las Vegas (1971), ein Meisterwerk der Komik und längst ein Kultbuch, wurde 1996 von der Modern Library auf die berühmte Liste anschaffungswürdiger Ausgaben von Klassikern der Weltliteratur gesetzt, eingereiht zwischen Thackeray und Tolstoi. Auch das andere bekannte Werk von Thompson mit dem Kürzel im Titel – Angst und Schrecken im Wahlkampf (1973), wird zum angesehenen Kanon der Modern Library gehören; die New York Times hat es als »bisher beste Beschreibung des Gefühls, sich mitten im politischen Geschehen Amerikas wiederzufinden« gewürdigt. Und jetzt, im Jahre 1997, kommt The Proud Highway: Saga of a Desperate Southern Gentleman, die erste Folge einer auf drei Bände angelegten »Angst-und-Schrecken«-Briefsammlung. Unter den mehr als zweihundert Briefen befindet sich auch der eingangs erwähnte historische Brief an William Kennedy von 1963.

      Die Briefe in vorliegendem Band machen nur einen Bruchteil der insgesamt etwa zwanzigtausend Briefe aus, die Thompson geschrieben hat, seit er ein kleiner Junge war. Ob in seiner Kinderstube in der Randsdall Avenue in Louisville, in einer Dachkammer in Greenwich Village oder auf einem mit Bier beladenen Frachtkahn, der über den Magdalena-Fluss in Kolumbien schippert – Thompson hat wie ein Besessener Post verschickt und fast jedes Mal einen Durchschlag auf Kohlepapier gemacht; in der Hoffnung, dass seine Briefe eines Tages als Dokument seiner eigenen Geschichte, aber auch als Zeitzeugnis veröffentlicht werden würden. »Das war noch vor dem Zeitalter des Xerox-Kopie­rers«, so hat Thompson seine vielleicht überraschend erscheinende Sammelwut kommentiert. »Mein Wunsch, alles aufzubewahren, hatte etwas von einer analen Fixierung.«

      Die frühesten Briefe, die in Thompsons Owl Farm archiviert waren, stammen von 1947, als er als frühreifer Zehnjähriger damit anfing, über Sportereignisse aus der Nachbarschaft zu berichten und für seine eigene, vier Cent teure, aus zwei Seiten bestehende und von ihm selbst vervielfältigte Zeitung The Southern Star Abonnenten zu gewinnen. Mit zwölf bombardierte er den Herausgeber des Courier-Jour­nal in Louisville mit Leserbriefen, in denen er sich über die Ausrichtung der Zeitung beschwerte, die über alles Erdenkliche berichtete und von Beziehungen zwischen Weißen und Schwarzen bis zur Geschichte des Amerikanischen Bürgerkriegs wahllos jedes Thema aufzugreifen schien. Thompson bewahrte auch die meisten seiner Schulhefte auf und selbst ein unregelmäßig geführtes Tagebuch, das naive Überlegungen und Lebensregeln eines Heranwachsenden enthält. Am Neujahrstag 1951 zum Beispiel notierte Thompson zehn Vorsätze, die er im kommenden Jahr umzusetzen hoff­te; auf Nummer eins der Liste hieß es: »Ruhiger werden!«, Nummer zwei lautete: »Bis März eine gute Frau finden«, und unter Nummer drei hieß es: »Immer schick angezogen sein.«

      Der größte Teil der frühen Korrespondenz von Thompson – von der aufgrund des jugendlichen und persönlichen Charakters nichts in dieser Ausgabe enthalten ist – enthält Briefe, die er an seine Mutter Virginia schrieb, eine Bibliothekarin aus Louisville. Er schrieb ihr täglich, als er von Mai bis Juli 1955 im Jefferson County Jail wegen eines Diebstahls einsaß, den er nicht begangen hatte. »Die Polizei lügt«, schrieb er aus seiner Zelle. »Die Ungerechtigkeit greift um sich.« Nachdem er auf Bewährung freigekommen war, marschierte er in ein Rekrutierungsbüro der Luftwaffe und ließ sich auf die Warteliste setzen. Nach einigen Monaten Basis­training in San Antonio kam er in die Scott Air Force Base in Belleville, Illinois, wo er eine Ausbildung als Radiotechniker absolvierte und wo er bis September 1956 blieb. Daraufhin wurde er Sportredakteur des Command Courier, der Zeitung der Eglin Air Force Base (Pensacola, Florida); und erst von da an schrieb er regelmäßig wohldurchdachte Briefe, vor allem an seine alten Kumpane der angesehenen Athenaeum Literary Association. Durch Thompson wurde der Sportteil zu einem der besten des nördlichen Florida, und er machte sich in der Zeit mit allen handwerklichen Aspekten des Zeitungsmachens vertraut, von Layout, Fotografie und Nachrichtenschreiben bis zum Verfassen von Schlagzeilen und dem Bedienen einer Schreibmaschine. Auf seiner vertrauten Underwood schrieb er Artikel und Geschäftsbriefe und hielt die Korrespondenz mit seinem weitläufigen Freundeskreis aufrecht; nächtliches Briefeschreiben wurde zu einem Ritual, das er sich bis heute bewahrt hat. »Mit einer kleinen Reiseschreibmaschine sorge ich für mehr Wirbel als andere mit einem kompletten Fernschreibernetz«, schrieb er 1958 seinem Freund David Ethridge aus Louisville. »Und ja, Mann, nichts geht über einen ordentlichen Schlagabtausch.«

      Die Persönlichkeit, die aus den frühen Briefen dieser Kollektion hervorscheint, ist die eines begabten selbstbewussten Einzelgängers, der dazu neigt, ein Außenseiter zu sein und sich in der schnell getakteten irrationalen Welt des Kalten Kriegs auf die Suche nach dem begibt, was sich hinter der Fassade befindet. »So wie sich manche Sinnsucher einer Religion zuwenden, verlässt sich ein Schreibender auf sein Handwerk und ist darum bemüht, selbst Sinn zu erzeugen, oder aber: er sucht im Chaos nach dem, was bedeutsam ist, um es zu ordnen«, schrieb Thompson einem Freund 1958. Für Thompson war Briefeschreiben seine eigene Art, die Dinge zu ordnen, und er kultivierte dabei eine Mischung aus literarischem Lebensstil und ungezügelter Reiselust, so wie es einst der Dichter Vachel Lindsay vorgemacht hat, der ganz Amerika durchquerte und Gedichtzeilen für gerade einmal einen Penny verfasste. »Ich glaube«, schrieb Thompson einer Freundin während seiner Zeit in der Air Force, »die bloße Tatsache, dass ich diesen Brief hier geschrieben habe und das Bedürfnis danach hatte, zeigt den Wert an, den es für mich hat, Wörter auf einem Stück Papier in die richtige Reihenfolge zu bringen.« Und weiter: »Und ich schätze, genau das ist der Grund, warum ich so viele Briefe schreibe, wie ich es tue, weil es – abgesehen von meiner täglichen Brotarbeit und abgesehen von literarischen Stories – die einzige Möglichkeit für mich ist, mit klarem Blick auf das Leben zu schauen. Andernfalls bin ich so sehr mittendrin im Geschehen, dass der Rest der Welt bloß noch zu einem Bühnenbild für mein Leben verkommt.«

      Manchmal aber – nachdem er zum Beispiel im Oktober 1958 seine ehrwürdige Entlassung von der Air Force erhalten hatte – schrieb Thompson Briefe einfach zu seinem Vergnügen; um sich an Wörtern zu berauschen, um im sprachlichen Umgang locker zu bleiben und Schreibblockaden zu vermeiden. Versessen darauf, als Romancier ganz vorne dabei zu sein, bearbeitete

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