Mord im Hause des Herrn. Franziska Steinhauer

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Mord im Hause des Herrn - Franziska Steinhauer Mord und Nachschlag

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ich anschließend die Reihen abwischte, sah ich ihn da im Gestühl hinter der Säule liegen.«

      »Was hast du getan, als du den Mann entdeckt hattest?«

      »Na, ehrlich gesagt dachte ich ja erst: du meine Güte, muss der aber besoffen gewesen sein. Schläft seinen Rausch dreist in der Kirche aus. Ich habe gleich gesehen, dass es ein Fremder sein musste. Wegen der Haarfarbe, weißt du? Die hat keiner der Männer von Holm. Dann bin ich ein bisschen näher ran. Vorsichtig natürlich. Schließlich weiß man bei Männern ja nie. Und da habe ich plötzlich das Kreuz auf ihm liegen sehen. Weißt du, dieses scheußlich moderne Ding von Knut Hallmansson. Pfarrer Landulf ist es das liebste Stück. Es ist verflixt schwer. Ich habe den Mann dann angesprochen und mit einem Mal war mir klar, dass der in diesem Leben niemanden mehr hört.«

      »Vor der Kirche stand ein fremdes Auto. Aus Dänemark. Ist dir das aufgefallen, als du am Morgen gekommen bist?«

      »Nein. Was für ein Wagen war das denn?«, fragte sie erstaunt.

      »Ein grauer Saab – auf der hinteren Scheibe klebte ein blaues Schild mit einem Rollstuhlfahrer drauf.«

      »Vielleicht war ich zu sehr in Gedanken ... Außerdem kenne ich niemanden, der im Rollstuhl sitzt.«

      »Was hast du gemacht, als du gemerkt hast, dass der Mann tot ist?«

      »Da habe ich so laut geschrien, wie ich kann – zum Glück kam gleich Grete angerannt. Und dann haben wir die Polizei angerufen.«

      Hannes Stimme klang plötzlich merkwürdig piepsig, als wäre ihr dieser Teil der Geschichte peinlich.

      »Meinst du, der Kerl wollte mich auch umbringen?«, fragte sie mit flackerndem Blick.

      Britta seufzte.

      »Nein, Hanne. Für dich bestand keinerlei Gefahr. Das Opfer war schon seit ein paar Stunden tot und der Mörder mit Sicherheit nicht mehr in der Kirche.«

      »Der Herr wacht eben über die Seinen«, schloss Hanne selbstgerecht.

      »Tja, dann hat er letzte Nacht wohl zumindest einen der Seinen aus den Augen verloren, meinst du nicht auch?«, fragte Britta scheinbar leichthin.

      ****

      Das Ermittlungsteam traf sich im kleinen Besprechungsraum.

      »Also, bisher haben wir noch nicht allzu viele Fakten. Aber klar ist, wir haben einen Toten in der Kirche auf Holm gefunden, erschlagen von einem massiven Glaskreuz. Das Ding war so schwer, dass wir extra ein Team mit einer Seilwinde anfordern mussten, um es zu heben.«

      Hinter Lundquist waren schon die ersten Fotos aus der Kirche an der Magnetwand angepinnt worden.

      Ole Wikström runzelte die Stirn.

      »Wenn es so schwer war, können wir doch wohl kaum davon ausgehen, dass ein einzelner Kirchenbesucher es versehentlich umgestoßen hat, auch kann einer allein den anderen nicht damit erschlagen haben. Erdbeben?«

      »Nein. Es gab kein Erdbeben. Wir haben schon mal vorsichtshalber nachgefragt. Keine seismologischen Besonderheiten«, antwortete Lundquist.

      »Also doch Mord?«

      Lundquist erhob sich etwas schwerfällig und zeigte auf die Aufnahmen.

      »Es kann auch nicht einfach umgestoßen worden sein.«

      Er wies auf einen Punkt auf einem der Fotos.

      »Hier stand das Kreuz – der Fuß hat sich deutlich im Boden abgedrückt, und in der Umgebung finden sich jede Menge zum Teil tiefe Kratzer in den Dielen – und hier«, er wies auf den Toten, »und genau hier an dieser Stelle wurde das Opfer getroffen. Wir haben den Weg ausgemessen, und dabei wurde klar, dass das Kreuz um mindestens zwei Meter in Richtung Altar verschoben worden sein musste, um den Mann zu treffen.«

      »Aber selbst wenn man es geschoben haben sollte – das ist doch laut. Warum hat sich der Mann nicht durch einen Sprung in Sicherheit gebracht?«, wollte Bernt Örneberg wissen.

      »Vielleicht war er ja eingenickt. Viele Männer schlafen beim Gottesdienst ein«, stichelte Britta und sah Bernt herausfordernd an.

      »Das ist eine der Fragen, die wir zu klären haben: Was wollte der Mann eigentlich um diese Zeit in der Kirche? Schließlich stammt er nicht aus dem Ort. Familiäre Krise? Suchte er Rat? – Vor der Kirche stand ein großer Saab mit dänischem Kennzeichen. Umgebaut für die Nutzung durch einen Rollstuhlfahrer. Was, wenn der Mann sich einfach nicht bewegen konnte?«, überlegte Lundquist laut.

      Für einen Moment waren alle still.

      Lähmendes Entsetzen lastete über dem Besprechungstisch. »Sich so was vorzustellen«, murmelte Ole leise, »jemand erschlägt mit diesem Riesending einen anderen, der die Gefahr zwar kommen sieht, aber hilflos der Situation ausgeliefert ist und ihm nichts anderes übrig bleibt, als darauf zu warten, dass der Mörder seine Tat vollendet. – Grausam.«

      »Ja. Eine entsetzliche Vorstellung. – Nur haben wir es hier wohl nicht mit einem Einzeltäter zu tun. Es sei denn, er verfügt über übermenschliche Kräfte«, stellte Lundquist trocken klar. »Was die Sache allerdings keinesfalls erträglicher macht.«

      »Und wie sollen wir uns das vorstellen? Mehrere Männer aus dem Ort treffen sich nachts in der Kirche, um dort einen wehrlosen Fremden zu erschlagen? Wieso sollten sie das tun?« Britta sah fragend in die Runde.

      »Wenn dieses Kreuz so schwer war, warum wurde er dann nicht von der Wucht einfach zermalmt?«, warf Bernt ein.

      »Die Spurensicherung meint, das läge daran, dass die vorderen Reihen des Gestühls fest mit dem Boden verschraubt sind. Weiter hinten stehen lockere Bankreihen, die sich automatisch verschoben hätten. Aber die ersten fünf Reihen sind fest verankert. Außerdem hatte sich das Kreuz mit einer Ecke an der Säule verkantet, es wurde so stark abgebremst, dass nur eine Ecke des linken Seitenarms ins Gestühl einschlug. Es entstand eine tiefe Kerbe, mehr nicht. Und da die Bänke verschraubt sind ... Natürlich wäre das Holz des Gestühls bei einem ungebremsten Aufschlag völlig zersplittert.«

      »Wieso glaubst du denn, dass die Täter aus dem Ort gekommen sind?«, fragte Ole bei Britta nach.

      Achselzucken in der Runde.

      »Wir müssen so schnell wie möglich rauskriegen, wer unser Toter ist«, stellte Lundquist fest. »Dann wird sich bald zeigen, ob er eine Verbindung zu Holm hatte oder nicht.«

      Es klopfte.

      »Der Rechtsmediziner hat einen ersten Kurzbericht geschickt.«

      Ein Polizist reichte Lars einen Aktenordner und zog sich eilig wieder zurück.

      »Hier steht, der Mann war 1,90 Meter groß und wog 134,2 Kilogramm. Die äußere Inspektion hat keinen Anhalt auf eine andere, als die vermutete Todesursache ergeben. Das Genick ist gebrochen. – Ganz schön schwerer Brocken«, sagte Lars.

      Er selbst war beinahe zwei Meter groß und achtete akribisch auf sein Gewicht. Jedem Gramm zuviel wurde im Fitness-Studio sofort zu Leibe gerückt.

      »Tja – vielleicht alles Muskulatur«, sagte Bernt, der selbst ständig gegen seinen Schwimmring

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