Mord im Hause des Herrn. Franziska Steinhauer

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Mord im Hause des Herrn - Franziska Steinhauer Mord und Nachschlag

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waren unter einer bunt geringelten Strickmütze verborgen, die perfekt zu seinem ebenfalls geringelten, völlig ausgeleierten Pullover passte. Der Mann sah eindeutig nicht gesund aus, fand Ole.

      »Nur weil ich der Gemeinde das Kreuz geschenkt habe, muss ich doch nicht auch gleich irgendwas mit Religion am Hut haben! Hab ich nämlich nicht. Ist doch eh alles Quatsch. Aber wenn’s den Leuten gefällt. Mir soll’s egal sein. Du weißt schon: Religion ist Opium fürs Volk.«

      Eine Welle aus Alkoholdunst schwappte auf Wikström zu. Er hatte Hallmannsson überraschend in der Kirche angetroffen, wo der Künstler mit gesenktem Blick den Boden nach Glassplittern absuchte. Offensichtlich hatte Hallmannsson keinen Besuch erwartet und konnte den Flachmann nicht so schnell in der Hosentasche verschwinden lassen, wie er das vorhatte.

      Eine Alkoholfahne hatte in einem Gotteshaus etwas leicht Irritierendes, registrierte Ole und unterdrückte den Impuls sich abzuwenden.

      »Warum bist du hier?«, fragte er.

      »Gegenfrage: Was meinst du: in dem Nest oder hier in der Kirche?«

      Ole überlegte kurz.

      »Beides.«

      »In dem Nest, weil ich hier in Ruhe arbeiten kann.

      Außerdem will meine Frau hier nicht weg. Sie liebt unseren kleinen Hof und das ganze Viehzeug. Und hier in der Kirche, weil ich gucken wollte, ob das Kreuz Schaden genommen hat. Ist aber alles soweit in Ordnung. Ist doch irre, was?« Die Begeisterung in seiner Stimme war nicht zu überhören. »Ein Mann erschlagen von meinem Kreuz!«

      Im Revier Einar Dahls ging es weit weniger gemütlich zu als im Haus des Pfarrers. Das Telefon stand kaum mal zwei Minuten still, und Einar gab jedem Anrufer die gleiche Auskunft: Ja, es habe einen Toten in der Kirche gegeben, nein, er wisse nicht, um wen es sich handle, weitere Auskünfte könne er nicht geben, der Fall läge in den Händen der Göteborger Kollegen.

      Man hätte genauso gut eine Ansage vom Band schalten können, überlegte Ole und wartete gelangweilt darauf, dass Einar das Gespräch beendete.

      »So, was also wolltest du genau wissen?«

      »Ich hatte gefragt, ob du dir eine Verbindung des fremden Rollstuhlfahrers zum Dorf vorstellen kannst?«, wiederholte Ole.

      »Wie denn? Ohne Namen, ohne irgendeinen Hinweis?«

      »Na, vielleicht hat hier mal jemand gewohnt, der einen Rollstuhl benutzen musste. Der Tote war mittleren Alters, besonders auffällig waren seine hellroten Haare. Also?«

      »Ich kann mich jedenfalls an keinen erinnern«, brummte Einar gereizt.

      Das Telefon schrillte erneut.

      Ole stand auf und sah aus dem Fenster. In so einem kleinen Dorf müsste man sich doch an einen Rollstuhlfahrer erinnern, dachte er übellaunig.

      »Wer war denn eigentlich vor dir hier Ortspolizist?«, fragte er, als Einar den Hörer endlich auflegte.

      »Uli Morgenstern.«

      »Aha. Ungewöhnlicher Name. Wo kann ich ihn finden?« Wikström bemerkte, wie ihm die früh hereinbrechende Dunkelheit auf die Stimmung schlug. Kurz nach vier Uhr fiel bereits die Nacht über die Straßen her und fraß den Tag auf. Dabei hatte der Winter noch gar nicht richtig angefangen. Du wirst langsam reizbar, dachte er missbilligend. Seiner Schwester war das auch schon aufgefallen: Im Winter verwandelte sich der jugendlich lustige und originelle Ole in einen nörgligen und reizbaren Misanthropen. Vielleicht sollte er seinen Arzt mal nach dieser neuen Lichttherapie fragen, dachte er. Mist, jetzt hatte er die Antwort nicht mitbekommen.

      »Wo?«

      »Na, ich sag doch: auf dem Friedhof.«

      »So? War er krank?«

      »Nein. Ist vor ein paar Jahren mit seiner Jolle rausgefahren. War ein prima Segler, der Uli, aber an dem Tag war es sehr stürmisch, und da muss er wohl über Bord gegangen sein. Das Boot hat man erst nach Monaten gefunden. Er selbst wurde acht Tage nach seinem Verschwinden unten in Sandvik angespült. Ich musste hin – es war grausig.«

      Einar schüttelte sich.

      »Was kam bei der Untersuchung raus?«

      »Er wurde obduziert. Als Todesursache hat der forensische Pathologe einen schweren Hieb auf den Hinterkopf festgestellt. Er war wohl vom umherschlagenden Segel getroffen worden und ist dann über Bord gegangen. Fremdverschulden war nicht anzunehmen – schließlich war er ja allein unterwegs. Man muss auch zugeben, dass es nicht mehr allzu viel gab, was der Rechtsmediziner hätte untersuchen können – du weißt schon, die Fische. Bei der feierlichen Beisetzung gab’s einen großen Auflauf. Alle waren da. Die ganze Insel.«

      Er war sichtlich ergriffen.

      »Wie konntest du ihn dann überhaupt identifizieren?«, fragte Ole.

      »Na, er sah schon ziemlich schrecklich aus – unvorstellbar, so zerfetzt schon nach ein paar Tagen. Noch heute träume ich manchmal von diesem Gesicht, dann wache ich schweißgebadet auf. Nach so langer Zeit! Der Arzt meinte damals, vielleicht habe auch die Brandung das ihre dazu beigetragen. Jedenfalls hat der Gerichtsmediziner die eindeutige Identifizierung anhand der Zahnarztunterlagen vornehmen müssen.«

      »Also gut. Wen kann ich denn sonst noch fragen?«

      »Jens, dem gehört der kleine Supermarkt am Ende der Straße. Alle kaufen bei ihm ein – und dabei schütten wohl manche auch gleich ihr Herz bei ihm aus. Der weiß mehr, als ihm lieb sein kann.«

      ****

      »Schön, dass du gerade kommst, Sven«, begrüßte Dr. Haakan Wennerström Hauptkommissar Lundquist. »Da kann ich dir gleich meine vorweihnachtliche Überraschung zeigen.«

      Er nahm einen Objektträger vom bereitstehenden Instrumentenwagen und wies auf einen winzigen Span.

      »Das ist ein Holzspan, lackiert. Unter dem Mikroskop sieht er irgendwie gerundet aus. Er stammt also nicht von einem Brett, einem Paddel oder so was. Ein Besenstiel oder Baseballschläger kämen eher in Betracht.«

      Beifall heischend beobachtete er Lundquists Reaktion. Doch der Ermittler schien immer noch nichts mit der Information anfangen zu können.

      »Verstehst du nicht, Sven? Dieser Span stammt von der Leiche aus der Kirche!«

      »Was?«

      »Ja. Den hab ich vorhin aus seinem Nacken präpariert – anders ausgedrückt: gepopelt. War gar nicht so einfach.«

      »Er wurde aber von einem massiven Glaskreuz erschlagen. Wie kommt dann der Holzspan ins Spiel? Vom Kirchengestühl?«

      »Vom Gestühl eher nicht. Schließlich lag er ja mit dem Kopf nach vorne, die Stirn berührte den vorderen Teil der Bank. Die Prellmarke passt auch nicht zu einem geraden Brett, und der Span auch nicht. Nein, nein. Ich glaube, er wurde mit einem schweren Gegenstand aus Holz erschlagen. Und anschließend arrangierte man alles so, dass alle glauben sollten, er sei durch einen tragischen Unfall ums Leben gekommen.« Wennerström wies mit dem Finger auf den Nacken des Toten.

      »Es sieht sogar so aus, als hätte er mehrere Schläge

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