Mord im Hause des Herrn. Franziska Steinhauer

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Mord im Hause des Herrn - Franziska Steinhauer Mord und Nachschlag

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von uns bei der Autopsie dabeihaben«, sagte Lars.

      »Ich gehe«, legte Lundquist fest und trat wieder an die Magnettafel.

      »Bernt, du sprichst mit den Leuten im Ort. Vielleicht fällt dem einen oder anderen ja doch noch ein, dass er einen Rollstuhlfahrer kennt. Über das Kennzeichen des Saab finden wir den Halter. Lars, du suchst in dieser Richtung – die dänischen Behörden sind gerne behilflich. Britta – du besuchst den Pfarrer. Sprich mit ihm über seine Kirche und die Leute, die regelmäßig zum Gottesdienst kommen. Wir müssen auch wissen, ob die Kirche nachts offen war. Ole, wie kam der Tote rein? Er musste doch mit dem Rollstuhl über den Kiesweg. Das war sicher gar nicht so einfach. Frag bei den Kollegen von der Spurensicherung nach, ob sie tiefe Furchen gefunden haben. Wir haben auch bisher den Rollstuhl nicht entdeckt. Für mich sieht das so aus, als wollte jemand dieses Beweisstück verschwinden lassen. Vielleicht stand der Name des Opfers darauf oder es gibt eine Art Registriernummer. Und kläre, ob in der Gegend bei einem Feuer Metallteile die zu einem Rollstuhl gehören könnten, gefunden wurden. Wäre doch möglich, dass der Täter ihn auf diese Weise verschwinden lassen wollte.«

      Lundquist streckte sich.

      »Jetzt ist es 14 Uhr. Wir treffen uns um 19 Uhr wieder hier. Vielleicht wissen wir dann schon deutlich mehr.«

      Er verließ den Raum und hoffte wie schon so oft, dass sein etwas unsicherer Gang keinem aus dem Team auffallen möge.

      ****

      Nachdenklich betrachtete Dr. Wennerström den Toten, bevor er mit der Lupe Hals und Hinterkopf untersuchte, wo sich ein großes Hämatom gebildet hatte. Inzwischen war er sich sicher, dass das Opfer den ersten Schlag überlebt haben müsse.

      Als er einen Blick auf die Fotos in der Akte warf, schnalzte er mit der Zunge. Ein liebenswerter Tick von ihm, an den sich inzwischen alle längst gewöhnt hatten, selbst sein Hund zuckte bei diesem Geräusch nicht mehr wie elektrisiert zusammen.

      »Zwei Schläge mit so einem schweren Ding? Das ist doch wirklich mehr als unwahrscheinlich.«

      Wieder schnalzte er mit der Zunge und richtete die Lichtquelle neu aus.

      »Ja, was haben wir denn da?«

      Er beugte sich noch tiefer über den Toten und stocherte vorsichtig mit einer langen Pinzette, die er von einem Tablett neben dem Seziertisch genommen hatte, in der Wunde herum. Schließlich zog er mit einiger Mühe einen winzigen Span heraus, den er behutsam auf einen Objektträger legte.

      Leise summend trug er seinen Fund zum Mikroskop hinüber, nahm ungelenk die Brille ab und betrachtete den Span genauer.

      Dann stieß er einen unmelodischen Pfiff aus.

      ****

      »Wie soll ich das verstehen?«

      Lars Knyst war gereizt.

      »Wir ermitteln in einem Mordfall, Mann! Ich möchte doch nur wissen, wem der Wagen mit dem Kennzeichen Rufus 15 gehört. Und du erklärst mir, das sei nicht so einfach!«, fauchte er seinen Gesprächspartner am Telefon an. »Ach – das ist ein Leihwagen? Und von welcher ...? Aha. Na, geht doch. Jetzt muss ich nur noch wissen, von welcher Filiale der graue Saab vermietet wurde.«

      Er angelte nach einem Stift, um sich die Nummer der Filiale zu notieren, als seine Augenbrauen plötzlich hochschnellten.

      »Was? Die sind nicht vernetzt? Soll das heißen, ich muss jetzt jede der Filialen einzeln anrufen?«

      Zwanzig Minuten später hatte der Kollege aus Dänemark die Liste mit den einzelnen Filialen und die entsprechenden Nummern gefaxt, und wider Erwarten hatte Lars schon beim dritten Versuch Erfolg.

      Bernt Örneberg sprach mit Bjarne Jaspers, dem Wirt des Kro in Holm. Nach vier Tassen Kaffee mit viel Milch hatte Bernt zwar einen gewaltigen Druck auf der Blase, war aber bei den Ermittlungen noch keinen Schritt vorangekommen.

      Bjarne Jaspers kannte niemanden, der im Rollstuhl saß. Er wusste auch nicht, ob man das schwere Kreuz in der Kirche verrücken konnte, er jedenfalls hatte das noch nie versucht und kannte auch keinen, der es je ausprobiert hätte. Ja, klar gäbe es im Dorf ein paar kräftige, junge Männer, aber die gingen ja nie in die Kirche und, ehrlich gesagt, es würde ihn eher überraschen zu erfahren, dass sie von dem Glaskreuz überhaupt wüssten. Und die Älteren wären ja wohl kaum in der Lage – und wieso sollte überhaupt jemand aus Holm mit der Sache zu tun haben? Ja, er gäbe schon zu: Ein zufälliges Zusammentreffen eines unbekannten Rollstuhlfahrers und einer unbekannten Gruppe von Tätern in einem selbst dem Tourismus unbekannten Ort wie Holm sei zumindest unwahrscheinlich – aber so sei der Zufall eben nun mal, oder nicht? Das sei doch wohl ein typisches Merkmal. Und seine deutsche Großmutter habe auch schon immer gesagt: Unverhofft kommt oft.

      Außerdem solle der Ermittler doch nach so viel Kaffee lieber noch etwas essen.

      Das sei gut für den Magen. Und gerade heute habe er so leckere Smörebröd im Angebot.

      »Oder Toast? Wie wäre es mit einem Toast Skagen? Meine Frau bereitet ihn dir ganz frisch zu!«

      Bernt gab auf und ging zur Toilette.

      Britta Lilliehöök wurde von einer entrüsteten Haushälterin zum Tee ins Pfarrhaus gebeten.

      »Seit über zwanzig Jahren mach ich nun für den Herrn Pfarrer den Haushalt – aber so was ist uns noch nie untergekommen. Wir waren schon in ein paar Gemeinden, das ist ja so üblich in einem Pfarrerleben – aber außer ein paar Prügeleien und Familienzwistigkeiten ist nichts Außergewöhnliches passiert. Du weißt schon: wenn der Alkohol das Regiment übernimmt, da bleibt das oft nicht aus. Aber ein Mord!«

      Die dralle Wirtschafterin bugsierte Britta ins gemütliche Wohnzimmer. Der Inspektorin kam es vor, als träte sie durch ein Zeitfenster in ein Zimmer aus einem vergangenen Jahrhundert. Hier sah es genauso aus wie in einem der Agatha-Christie-Romane, die sie so liebte.

      Fast erwartete man Miss Marple am Fenster vorbeihuschen zu sehen.

      Die antiquierte Sitzgruppe, auf deren Armlehnen gehäkelte Schoner lagen, die dunklen Möbel, die das Zimmer ein wenig höhlenartig wirken ließen, die Lampe über dem Couchtisch, deren Troddeln sich im Laufe der Jahre gelblich verfärbt hatten, und die vielen Bücher, die sich ihren Weg aus den deckenhohen Regalen über Stapel auf dem Fußboden bis zu einem der Sessel gesucht hatten, alles schien aus Monkswell Manor in Die Mausefalle zu stammen. Auch die Haushälterin mit ihrem akkuraten schwarzen Kleid und der weißen Schürze passte perfekt hinein.

      »So eine Frechheit – im Hause des Herrn, und dann auch noch mit einem Kreuz! Das ist pure Blasphemie! Also ich weiß nicht, ob der Pfarrer sich von dem Schock je wieder erholen wird. Er ist noch immer ganz verstört, der Ärmste.«

      Britta nickte verständnisvoll.

      »Wie rücksichtslos von diesen Unmenschen. Pfarrer Landulf hätte ja der Schlag treffen können! – Kräutertee oder Grünen Tee?«

      »Ach, Quatsch. So schwer ist das Kreuz nun auch wieder nicht. Ungefähr 120 Kilo, schätz ich mal. Einer allein hätte es nicht bewegen können, aber so viele Leute hätt’s jetzt auch wieder nicht gebraucht. Die Gemeinde hat aus dem Aufstellen des Kreuzes ein Riesenhappening gemacht, mit Musik und Grillen – aber wirklich nötig wäre das nicht gewesen.« Knut Hallmannsson Augen blitzten

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