Eiserner Wille. Mike Tyson

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Eiserner Wille - Mike  Tyson Sport

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nach meinem Einzug stahl ich Geld aus Teddy Atlas’ Geldbörse. Es war einfach ein Reflex. Teddy ging zu Cus und sagte: „Er hat das Geld gestohlen. Es kam noch nie etwas weg, bevor er hierherkam.“ Cus sagte: „Nein, er war es nicht.“ In Gedanken plante ich schon, Cus ebenfalls zu bestehlen. Aber als ich mich eingelebt und an Cus’ Mission gewöhnt hatte, war ich über diese Scheiße hinweg.

      Die Schule war ziemlich unangenehm für mich. Ich war so viel größer als meine Klassenkameraden. Ich wog mittlerweile 95 Kilo. Als ich in meine neue Klasse kam, dachten alle, ich wäre der Lehrer. Ich fühlte mich scheiße. Ich wollte nicht zur Schule gehen, war nie Teil dieses Systems gewesen. Ich wollte immer nur ein Kämpfer sein. Ich kannte nicht sehr viele Schwarze in der Schule. Vielleicht zwanzig Prozent dort waren schwarz, und die lehnten mich ab, weil ich bei einer weißen Familie lebte. Sie nannten mich King Kong, weil ich so groß war. Ich kannte zwar ein paar Jungs von der Sporthalle, aber es war nicht einfach, neue Freunde zu finden, weil ich so schüchtern war. Ich freundete mich mit einigen der anderen Außenseiter an, den Kiffern. Ich hing in ihren Häusern rum und rauchte Pot. Dann fand ich heraus, dass mein Zimmergenosse Frankie auf Gras war, und wir rauchten zusammen.

      Der Hauptgrund, warum ich die Schule hasste, war, dass sie mich vom Training abhiel. Ich wachte gegen vier Uhr morgens auf und ging joggen. Dann ging ich in mein Zimmer zurück und machte ungefähr fünfhundert Sit-ups und Push-ups. Danach lief ich manchmal noch zehn Runden über das Gelände, einfach hin und her. Und das alles vor der Schule.

      Als Bobby Stewart das erste Mal, nachdem ich eingezogen war, zu uns kam, um mit mir zu sparren, sagte ihm Cus: „Unterschätz Mike nicht. Glaub mir, er hat sich immens verbessert.“ Später erst fand ich heraus, dass Bobby zweimal am Tag trainierte, um mit mir mithalten zu können. Wir begannen zu sparren, und weil er sehr viel besser war als ich, fing ich an zu weinen.

      Ich war ein Perfektionist. Wenn das, was ich mir vorstelle, nicht klappt, dann ist mein Leben zu Ende, dann zieh den Stecker – das ist meine Mentalität. Ich wollte mein Ziel unbedingt erreichen. Und ich wollte es für Cus schaffen. Das erste Mal in meinem Leben sagte mir jemand, dass es keinen Besseren gäbe als mich.

      Cus war vom Boxen genauso besessen wie ich. Er dachte an nichts anderes mehr. Er ging nie ins Kino und sah sich keine Fernsehshows an. Er wusste nicht, wer die berühmten Entertainer dieser Ära waren. Wenn dein Name nicht John Wayne, Judy Garland oder James Cagney lautete, kannte er dich nicht. Alles, worüber er sprechen wollte, war das Boxen. Und ich freute mich darüber, dass ich ihn mit Fragen zu all den Kämpfern löchern durfte, über die ich in der Box-Enzyklopädie gelesen hatte. Als ich ins Haus eingezogen war, begann Cus mir zu erzählen, wie er zum Boxen kam.

      Im Jahr 1936, als er achtundzwanzig Jahre alt war, eröffnete Cus das Gramercy Gym an der 14. Straße in Manhattan. Er wollte die Erinnerung an seinen Bruder Gerry aufrechterhalten, aber er wollte auch einen Champion haben. Einer von Cus’ Helden war „Slapsie“ Maxie Rosenbloom, der damals weltweit beste Weiße im Halbschwergewicht. Er sah, dass Maxie im Rolls Royce mit Chauffeur durch die Stadt fuhr und die Menschen ihn wie einen König behandelten. „Wenn du erst Weltmeister bist, wirst du ebenfalls einen Rolls Royce mit Chauffeur haben“, sagte Cus zu mir. Plötzlich war mein Leben darauf festgelegt, es diesem Juden Maxie gleichzutun.

      Cus fand ein großes Loft in der 14. Straße und begann zu überlegen, wie er die monatliche Miete von vierzig Dollar aufbringen konnte. Jahre zuvor hatte er einem seiner Freunde geholfen, nachdem er die Baupläne für eine große Schnellstraße in der Bronx namens Bruckner Express Way gesehen hatte. Er gab diesem Freund den Tipp, dass es dort bald ein hohes Verkehrsaufkommen geben würde, und der eröffnete vier Tankstellen an dieser Strecke. Damit hatte er einen Haufen Geld verdient, und jetzt erklärte er sich gern bereit, die monatliche Miete für Cus zu übernehmen. Es gab vielleicht schon zehn andere Sporthallen in der Stadt, aber Cus vertraute auf sein Wissen über den Boxsport, das erheblich größer war als das der anderen Trainer, und deshalb war er überzeugt davon, dass er Erfolg haben würde.

      Cus bekam von einem alten Boxer einen gebrauchten Ring und seine Brüder halfen ihm, den Rest der Sporthalle auszubauen. Aber es war mitten in der Wirtschaftskrise, und anfangs verirrte sich niemand in die Halle. Dann, eines Tages, kam eine Abordnung von ungefähr sechs Müttern vorbei, um mit Cus zu sprechen. Sie baten ihn, ihre Kinder von der Straße und den Problemen wegzuholen. Lower Manhattan war damals ein raues Viertel, und es gab keine Sozialprogramme der Polizei oder irgendetwas anderes, was einen guten Einfluss auf diese Kinder ausgeübt hätte. Die Mütter hatten kein Geld, um Cus zu bezahlen, aber das machte ihm nichts aus. Tatsächlich verlangte er in den nächsten dreißig Jahren von niemandem einen Cent dafür, dass er in seiner Sporthalle sparren durfte. Einer der Gründe, warum Cus diesen Standort ausgewählt hatte, war, abgesehen von der günstigen Miete, sein Wissen, dass die besten Kämpfer aus gefährlichen Gegenden kamen. Und Cus hatte eine Regel: Wenn einer sich gut anstellte und ein Profi werden wollte, dann managte er ihn.

      Die Sporthalle lag im dritten Stock des morschen Treppenhauses. Wenn du unten an der Treppe standest, konntest du bis ganz nach oben sehen. Es war, als würdest du eine Himmelsleiter emporklettern. Wenn du dann ganz oben angekommen warst, sahst du eine Tür mit einem großen Loch, das mit Maschendraht zusammengeflickt war, und einen riesigen Wachhund, der sich gegen den Maschendraht warf und dabei wie verrückt bellte. Cus sagte immer, dass die Art, wie ein Junge die Treppe hochkam, eine Menge über dessen Charakter aussagte. Er nannte diesen Weg „das Gericht“. Wenn ein Jugendlicher alleine dort hochkam, sich vom Hund nicht abschrecken ließ, die Tür aufstieß und sagte, dass er Boxer werden wollte, dann wusste Cus, dass er mit ihm arbeiten konnte. Doch wenn einer hergebracht wurde, war das eine andere Geschichte. „Denn wenn er von jemandem gebracht wurde, wusste ich, dass es keinen Sinn hatte. So einer besaß weder die Disziplin noch die Willensstärke, um aus freien Stücken hierherzukommen, die Tür zu öffnen und zu sagen: ‚Ich will Boxer werden‘“, sagte Cus.

      Von Anfang an war Cus nicht damit zufrieden, nur Trainer zu sein. Er strebte auch danach, Manager zu werden. „Ein guter Manager muss jeden Aspekt des Boxens kennen. Er muss sich mit Gefühlen, mit Publicity und Management auskennen, und er muss wissen, wie man einen Boxer trainiert. Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Ein Manager muss die Kontrolle über die Situation behalten, und wenn er die Angelegenheit nicht selbst regelt, muss er Anweisungen geben können, wie was zu machen ist“, sagte Cus einmal in einem Interview. Zu diesem Job gehört auch, die richtigen Gegner für einen Kampf auszuwählen. Cus war unglaublich vorsichtig mit seinen Boxern, denn eine hohe Niederlage kann sich verheerend auf die Psyche des Boxers auswirken. „Ich bin nicht in diesem Geschäft, um meine Schützlinge massakrieren zu lassen“, sagte er der New York Times.

      Gegner auszusuchen war nicht immer einfach. Einmal wurde Cus hereingelegt und stimmte einem Kampf gegen einen Kerl aus Long Island zu, von dem er vorher noch nie gehört hatte. „Schon als die Glocke erklang, war mir klar, dass mein Junge nicht gegen einen Anfänger kämpfte. Er wurde regelrecht verdroschen und ging zehnmal zu Boden. Ich schrie den Ringrichter an: ‚Aufhören! Aufhören!‘, weil ich nicht wollte, dass mein Junge ruiniert wurde. Nach dem Kampf ging ich in die Kabine, und der Junge sah auf und sagte: ‚Cus, es tut mir leid, ich habe dich im Stich gelassen.‘ – ‚Du hast mich nicht im Stich gelassen, sondern ich dich. Ich habe dir einen zu starken Gegner gegeben‘. Danach ging ich rüber, um das Geld zu holen. Als ich das Telefon klingeln hörte und jemand sagte, es sei ein Ferngespräch, irgendwer wolle sich nach dem Ergebnis des Kampfes erkundigen, da wusste ich, dass dieser weiße Junge kein Amateur aus Long Island war; er war aus einem anderen Teil des Landes hergebracht worden.“ Cus war wütend und schlug seine recht Faust in seine linke Handfläche. „So etwas passiert mir nie wieder!“

      Cus gab gerne Box-Unterricht. Einmal trainierte er sogar ein paar Showgirls und brachte ihnen für eine Show, die gerade zusammengestellt wurde, einige Moves im Boxen bei. Anfangs spezialisierte sich Cus darauf, taubstumme Boxer – oder „Dummies“, wie sie in jener politisch unkorrekten Zeit genannt wurden – zu trainieren, und hatte einen gewissen Ruf darin. Er hielt sie für

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