Eiserner Wille. Mike Tyson

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Eiserner Wille - Mike  Tyson Sport

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Boxerfamilie – seine Brüder, seine Vettern, sie alle waren verrückt aufs Boxen. Seine älteren Brüder Tony und Gerry waren Kämpfer, die auf Züge aufsprangen, sich auf der Straße prügelten und ein wenig Geld mit Wetten verdienten, die man auf sie setzte. Cus geriet oft in Schwierigkeiten, und Gerry und Tony haute ihn dann heraus. Tony war ein harter Hund. Er saß mit Stricknadeln auf der Veranda ihres Hauses, strickte mit provozierenden Bewegungen und forderte jeden, der vorbeiging, auf, mit ihm zu ficken.

      Gerry wurde schließlich von Bobby Melnick gemanagt, und Cus trug immer seine Tasche in die Sporthalle. Damals waren Boxer für alle Kinder Helden. Das Magazin National Police Gazette Magazin lag in jedem Friseurladen aus und hatte einen extra Boxteil. Jedes Viertel hatte seinen eigenen Boxhelden, und wann immer dieser das Haus verließ, um in den Ring zu steigen, folgten ihm die Kinder wie dem Rattenfänger von Hameln.

      Cus war von der Atmosphäre der Boxsporthalle gefesselt. Oft erzählte er die Geschichte, dass er Jack Dempsey getroffen hätte, und als er wieder zurück in seinem Viertel war, hätten seine Freunde Schlange gestanden, um „die Hand zu schütteln, die Jack Dempseys Hand geschüttelt hatte“, aber das war vermutlich etwas übertrieben. Seine Nichte Betty erzählte, ihr Vater Tony hätte Dempsey in einem Boxclub kennengelernt, als er sechzehn war. Dempsey wollte Tony als Sparringspartner, aber als Tony sah, wie bösartig der „Manassa Mauler“ die Leute im Ring zusammenschlug, ging er nicht auf das Angebot ein, konnte Dempsey aber immerhin die Hand schütteln. Dann kam er nach Hause und erzählte jedem: „Mit dieser Hand habe ich die Hand von Jack Dempsey geschüttelt; nun werde ich sie nie wieder waschen.“

      Cus erzählte einem Reporter, dass es sein Bruder Tony gewesen sei und nicht Tom Paine, der ihn von dem Gedanken abbrachte, Priester zu werden. Gerry nahm Cus unter seine Fittiche und brachte ihm bei, sich selbst zu verteidigen. Dann, als Cus sechzehn war, kam es zu einer Tragödie, die seine Familie bis ins Mark erschütterte: Gerry wurde von einem irischen Cop erschossen.

      Sein ganzes Leben lang sprach Cus nie öffentlich über diesen Mord. Er erzählte mir, dass Gerry der Star der Familie gewesen war und dass sein Tod dem Vater das Herz brach. Cus war dabei, als Damiano von Gerrys Tod erfuhr, und er sagte, dass er das durchdringende Heulen seines Vater nie würde vergessen können. Er erzählte einem engen Freund, der eine Cus-Biografie vorbereitete, dass Gerry und seine Frau an einer gesellschaftlichen Veranstaltung teilnahmen, bei der ein Polizist außer Dienst begann, Gerrys Frau zu befummeln. Eine Schlägerei entbrannte, und die beiden brachen durch eine Fensterscheibe. Statt dass der Cop „seine gerechte Strafe erhielt“, erschoss er Gerry. Eine seltsame Art, eine Schlägerei zu beschreiben. Der offizielle Polizeibericht sieht anders aus.

      „Gerald De Matto, ein weißer, verheirateter italienischer Barmann, wurde vom Streifenpolizisten George Dennerlein festgenommen und der schweren Körperverletzung beschuldigt … Während er sich der Verhaftung widersetzte, traf er den Polizisten mehrmals mit der Faust, bemächtigte sich seines Schlagstocks und drohte, ihn damit zu schlagen.“ Dann schoss Dennerlein auf Gerry. Dieser verstarb sechs Tage darauf, am 21. Oktober 1924, im Lincoln Hospital. Im Bericht stand weiter, dass Gerry betrunken auf dem Heimweg war, und als ihn der Polizist ermahnte, direkt nach Hause zu gehen und seinen Rausch auszuschlafen, habe Gerry ihn angegriffen. Daraufhin habe der Polizist ihn festnehmen wollen, sei dabei aber niergeschlagen worden und Gerry habe versucht, ihn mit seinem eigenen Schlagstock zu verprügeln. „Der Officer sah sein Leben in Gefahr, zog seine Dienstwaffe und gab einen Schuss ab. Die Kugel drang in De Mattos linke Leiste ein.“

      In der Nacht, als auf Gerry geschossen worden war, trommelte sein Bruder Tony einige Freunde zusammen. Sie zogen mit Stöcken bewaffnet zum Polizeirevier in der Absicht, Rache zu nehmen. Glücklicherweise war Damiano sofort zur Stelle und beruhigte den Mob. Nach Gerrys Tod besuchte Cus die örtlichen Gemeinepfarrer und forderte Antworten, warum sein Bruder von einem „korrupten“ Cop getötet worden war. Aber die Priester sagten ihm nur, er solle „Vertrauen haben und keine weiteren Fragen stellen“. Das war der Moment, in dem Cus entschied, dass das Priestertum nicht das Richtige für ihn war, sondern dass er sich „als Kämpfer ausbilden und andere Männer ebenfalls zu Kämpfern machen“ musste.

      Der Streifenpolizist Dennerlein wurde nach Staten Island versetzt. Doch das ist nicht das Ende der Geschichte. Jahre später, als er das Geld dazu hatte, engagierte Cus Privatdetektive, die Nachforschungen in dieser Angelegenheit anstellen sollten. Er sagte mir, er wisse sogar, wo dieser Cop jetzt wohnte, und das machte mir ein wenig Angst. Aber er versuchte nie, sich an ihm zu rächen. Ich habe mich immer über diese Sache gewundert. Tonys Tochter Betty sagte, dass der Cop nicht auf Streife gewesen wäre, sondern außer Dienst. Gerry und er befanden sich in einer Bar, als die Auseinandersetzung stattfand. In ihrem Streit ging es um Gerrys Frau, die eine Affäre mit dem Cop gehabt hatte. Vielleicht meinte Cus das mit seiner kryptischen Aussage, dass der Cop lediglich „seine gerechte Strafe“ hätte bekommen sollen.

      Cus glaubte an das Schicksal. Schon als Junge wusste er, dass er eines Tages berühmt werden würde. Er hatte immer das Gefühl, dass bei ihm „etwas anders war“. Ich hatte genau das gleiche Gefühl. Deshalb war es für mich richtig, bei Cus und Camille einzuziehen. Ich konnte allerdings nicht verstehen, warum dieser weiße Mann meinetwegen so glücklich war. Er sah mich an und lachte hysterisch. Dann nahm er das Telefon und erzählte den Leuten: „Der Blitz hat mich zweimal getroffen. Ich habe noch einen Schwergewichtschampion. Er ist erst dreizehn.“

      Bei einem der ersten Besuche, an denen ich dort übernachtete, führte mich Cus ins Wohnzimmer, wo wir allein miteinander sprechen konnten.

      „Du weißt, dass ich auf dich gewartet habe“, sagte er. „Seit 1969 denke ich an dich. Wenn du lange genug über eine Sache nachdenkst, bekommst du ein Bild davon. Und dieses Bild sagte mir, dass ich einen weiteren Champion hervorbringen werde. Ich habe dich mit meinem Geist heraufbeschworen, und jetzt bist du endlich da.“

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      Am 20. Juni 1980 änderte sich mein ganzen Leben. Eigentlich war es erst eine Woche darauf. Ich ging bereits seit ein paar Monaten rauf zu Cus und hörte mir seine Versprechungen von Ruhm und Reichtum an, aber ich war noch nicht so weit. Ich wusste nicht, wie ich der Kerl werden sollte, von dem Cus dauernd sprach. Aber dann, als ich wieder in Tryon war, sahen wir uns die Wiederholung des ersten Kampfes von Sugar Ray Leonard gegen Roberto Durán an. Und plötzlich war alles klar. Endlich verstand ich, was Kämpfen wirklich bedeutet. Diese beiden waren gleichermaßen aggressiv und ausweichend, und sie kämpften sich den Arsch ab. Es war atemberaubend.

      Die Menschen applaudierten wie verrückt und mein Schwanz wurde hart. Ich wollte, dass die Menschen mir applaudierten. Die Energie meiner Gedanken verschmolz mit der Energie meines Körpers. Ich wusste, dass alles, was mit meinem Leben geschehen sollte, in diesem Ring geschehen würde, und ich dachte: „Ich werde mein Leben dem allem hier widmen. Wenn das nicht geht, dann sterbe ich lieber.“

      Eigentlich sollte ich erst im Oktober aus Tryon entlassen werden, aber Cus traf sich mit Mrs. Coleman, meiner Sozialarbeiterin, und weil ich vierzehn und so groß war, entschieden sie, dass ich wie die anderen im September mit der Schule anfangen sollte. Sie war völlig vernarrt in Cus. Er war einer dieser Weißen, der wusste, wie man mit Minderheiten sprach. Eigentlich sollte ich die siebte Klasse besuchen, aber sie steckten mich in die achte, weil ich so verdammt groß und furchteinflößend war.

      Am Anfang hatte ich Schwierigkeiten, mich anzupassen. Ich komme aus der Gosse, aus einer Strafanstalt, und auf einmal bin ich ein Mittelschichtskind in einem Weißenviertel. Du kommst aus der Hölle und findest dich im Himmel wieder, aber du bist noch immer der Teufel. Es ist kaum zu glauben, ich war vierzehn und hatte in meinem Leben noch nie eine Rose gesehen, außer im Fernsehen. Ich dachte, nur reiche Leute hätten Rosen. Das erste Mal, als ich mich bei Cus im Haus aufhielt, fragte ich Camille, ob ich ein paar Rosen haben dürfte. Ich schnitt sie ab und nahm sie mit in die Besserungsanstalt. Ist das

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