Die Anfänge Roms. Harald Haarmann

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Die Anfänge Roms - Harald Haarmann marixsachbuch

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war.

      Die Griechen der archaischen Zeit waren sich sehr wohl bewusst – selbst wenn sie nicht über ein Wissen gestützt auf Daten archäologischer Forschung verfügten –, dass vor ihnen ein anderes Volk (die Pelasger) in Griechenland gelebt hatte, und dass sie mit der älteren Bevölkerung in langzeitigem Kontakt gestanden hatten. Herodot berichtet darüber, dass die Pelasger sich später assimiliert hätten. In seinem Werk Historien thematisiert Herodot den Sprachwechsel der Pelasger in folgender Weise: »Wenn also alle Pelasger in dieser Weise sprachen [d. h. ihre eigene Sprache sprachen], dann muss das Volk von Attika [Attikon ethnos], da sie Pelasger waren, ebenfalls ihre Sprache gewechselt haben zu einer Zeit, als sie Teil der Hellenen wurden« (Historien 1.57.3).

      Die Griechen wie auch die Etrusker profitierten vom Know-how der Pelasger, und die Einflussschneisen zeichnen sich im Wortschatz ab. Als die Vorfahren der Etrusker aus der Ägäis nach Westen fuhren, stand ihr seemännisches Können auf dem gleichen Niveau wie das der Griechen. Und im Wortschatz beider Sprachen haben sich Spuren aus der Sprache der pelasgischen Lehrmeister erhalten. Die Etrusker haben ihre pelasgisch geprägte Terminologie mit nach Italien gebracht, wo sie ihrerseits die Römer beeindruckten und ihre Sprache beeinflussten. Die Pelasger haben auch das Know-how der Goldschmiedekunst an die Griechen und Etrusker weitergegeben, was sich ebenfalls in der Fachterminologie niedergeschlagen hat (z. B. obrussa, ›Feuerprobe des Goldes; Prüfstein‹).

      Etruskische Lehnwörter des Lateinischen, mit Parallelen im Griechischen und Pelasgischen:

      anc(h)ora, ›Anker‹; über etrusk. Vermittlung aus griech. ankyra (B 174)

      aplustra, ›Schiffsknauf‹; über etrusk. Vermittlung aus griech. aphlaston (B 175)

      curritae, ›Seherinnen der Göttin‹; vielleicht über etrusk. Vermittlung in Beziehung zu griech. Korybantes, ›Priesterinnen der Kybele auf Samothrace‹ (B 107)

      guberno, ›führe das Steuerruder, steuere‹; über etrusk. Vermittlung aus griech. kybernao (B 209)

      marmor, ›Marmor‹; über etrusk. Vermittlung aus griech. marmaros (B 215)

      obrussa, ›Feuerprobe des Goldes; Prüfstein‹; über etrusk. Vermittlung aus griech. obryzon (B 219)

      paelex, ›Konkubine‹; über etrusk. Vermittlung aus griech. pallake (B 220)

      Der Begriff der Konkubine war in der griechischen Gesellschaft der Antike nicht stigmatisiert. Jeder freie griechische Mann hatte das Recht, außer einer Ehefrau (Hauptfrau) eine Nebenfrau zu haben. Die Kinder eines freien Mannes mit seiner Konkubine wurden ebenso behandelt wie die Kinder mit der Ehefrau. In beiden Fällen hatten die Nachkommen das Anrecht auf das athenische Bürgerrecht und waren somit vor dem Gesetz gleich.

      Das soziale Normbewusstsein in der griechischen Gesellschaft ist aus der Rede eines Athener Orators (Demosthenes 59.122) aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. bekannt, deren Text überliefert ist. Daraus geht folgendes hervor: »Athener Männer können drei Frauen haben: eine Ehefrau (damar) ›zur Zeugung legitimer Kinder‹; eine Konkubine (pallake) ›zur Pflege des Körpers‹, was bedeutet, mit ihr regelmäßige sexuelle Beziehungen zu haben, und eine ›Gespielin‹ (hetaira) ›für die Unterhaltung‹« (Cantarella 2005: 250).

      Das Griechische hat noch einen anderen Ausdruck für soziale Beziehungen als Entlehnung übernommen. Dies ist opuio, ›heiraten, zur Frau nehmen‹, und als dessen Quelle wird von vielen Sprachwissenschaftlern das Etruskische (puia, ›Ehefrau‹) identifiziert, erstmals geäußert von Hammarström (1920). Neuerlich wird auch das Pelasgische als mögliche Quelle von opuio in Betracht gezogen (Beekes 2010: 1094). Auch diese Entlehnung – ob vom Etruskischen ins Griechische oder vom Pelasgischen ins Griechische – gehört zum Kreis der altmediterranen Elemente.

      spelunca, ›Höhle, Grotte‹; über etrusk. Vermittlung aus griech. spelynx (B 225)

      sporta, ›geflochtener Korb‹; über etrusk. Vermittlung aus griech. spyris (B 159)

      tapete, ›Teppich, Decke‹; über etrusk. Vermittlung aus griech. tapes (B 230)

      Und in einem weiteren Bereich spiegeln sich die Kontakte der Proto-Etrusker mit den Kulturen im ägäischen Raum. Dies ist die Tradition der etruskischen Zahlenschreibung. Die Vorfahren der Griechen, die aus dem Gebiet im Nordwesten des Schwarzen Meeres in den Süden wanderten, kamen in ihrer neuen Heimat Hellas in Kontakt mit der Schriftlichkeit der Minoer Altkretas, deren kultureller Einfluss auf das Festland ausstrahlte. Die mykenischen Griechen adaptierten das minoische Schriftsystem Linear A zur Schreibung ihrer eigenen Sprache (Linear B). Was sie ebenfalls von den Minoern übernahmen, war die Zahlenschreibung. Die Zeichen, mit denen Zahlenwerte bei den Mykenern bezeichnet wurden, zeigen deutliche Parallelen zur alteuropäischen Zahlennotation, und Ähnlichkeiten sind ebenfalls im System der etruskischen Zahlzeichen zu erkennen (Abb. 4).

      Die Entstehung der etruskischen Zahlennotation findet ihre Motivation im Milieu der ägäischen Sprachkontakte. Das damals entstandene System wurde von den etruskischen Migranten nach Italien transferiert, und dort wurde es in einer neuen kulturellen Umgebung kontextualisiert (Haarmann 2008: 104 f.; s. Kap. 12).

       image Tusci

      Im Etruskischen gab es zwei Formen für die Selbstbenennung der Etrusker, die sich durch ihren Anlaut voneinander unterschieden. Die eine Form war Kursike, die andere Tursike. Die letztere Form zeigt deutlich die Anlehnung an die griechische Namenform für die Etrusker: Tyrrhenos, aber mit der Angleichung der Anfangssilbe an etrusk. tur (›Sippe, Gefolgschaft‹). Kursike ist eine Nebenform von Tursike. Aus dieser Form entwickelte sich tursko und vereinfacht tusco, und dies ist die Basis für den Namen der Etrusker bei den Römern: Tuscus (sing.) – Tusci (pl.); (de Simone 2015b: 230 ff.). Auch zur Form Tusci gab es eine Variante: Etruscus/Etuscus. Davon leitet sich der Name für das Kernland der etruskischen Siedlung ab: Etruria.

      Abb. 4: Etruskische Zahlzeichen (dokumentiert auf der Basis von Inschriften; Ifrah 1987: 168, 182)

       image Der Transformationsprozess vom Stadium der Villanova-Kultur zur etruskischen Kultur

      Die proto-etruskischen Einwanderer waren nicht zahlreich, wohl aber gut organisiert, sodass es ihnen gelang, die kulturelle und politische Entwicklung in ihrer neuen Heimat – inmitten der italischen Völkerschaften – zu bestimmen. Die Integration der proto-etruskischen Eliten zeitigte unterschiedliche Ergebnisse im regionalen interethnischen Kontakt (Malnati/Manfredi 1991):

      a)In Lukanien ist eine vollständige Assimilation der Proto-Etrusker an die lokalen italischen Kulturtraditionen zu beobachten;

      b)In Etrurien kommt es zu einer gleichgewichtigen Fusion, als deren Endergebnis ein echtes kulturelles Amalgam mit sowohl italischen als auch proto-etruskischen Elementen entsteht;

      c)In den von Villanova-Leuten

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