Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren. A. F. Morland

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Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren - A. F. Morland

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bekam einen Anruf von seiner Mutter; in der Ehe war die große Krise ausgebrochen. Kurz entschlossen fuhr er noch abends nach Süddeutschland. Im Morgengrauen stand er wieder vor der Tür, hatte die Mutter dabei und den Wagen erledigt. Auf der Autobahn hatte er das kleine Fahrzeug derart gescheucht, dass das Motorengehäuse gerissen war.

      Mit den Finanzen hatten sie sich gerade bekrabbelt.

      Der neue Wagen warf sie in die roten Zahlen zurück. Noch vor der Hochzeit.

      Wildbewegte Tage waren das, die ihre Nerven bis an den Rand der Belastbarkeit strapazierten. Bei aller Aufregung waren es aber auch schöne Tage.

      Dann die Hochzeit. Eine neuerliche Nervenprüfung.

      Walter war den Vorabend mit Freunden aufgebrochen, um Abschied vom Junggesellenleben zu nehmen und einen letzten flotten Zug durch die Gemeinde zu machen.

      Um neun war die standesamtliche Trauung, und um neun war er nicht da. Dafür war ihr Elternhaus voller Gäste, die teils schockiert, teils ergrimmt und teils amüsiert der weiteren Entwicklung der Dinge harrten.

      Zehn nach neun erschien Walter, mit Knöpfen auf den Augen und leicht beduselt, aber mit einem wunderschönen Brautbukett. Die allgemeine Aufregung erreichte ihren absoluten Höhepunkt, als er, statt mit ihr und den Trauzeugen nun spornstreichs zum Standesamt zu fahren, sich gemütlich niederließ und seelenruhig ein ausgewachsenes Frühstück vertilgte.

      Endlich bequemte er sich, und im neuen Wagen machten sie die Einweihungsfahrt.

      Im Standesamt stellte sich heraus, die die ganze Aufregung für die Katz war. Der Standesbeamte hatte sich in der Uhrzeit geirrt, es war noch ein Paar vor ihnen. Ihre Trauung war erst um zehn.

      Das vergnügte Gesicht von Walter entschädigte für den Nervenkitzel am Morgen und so erbauliche Sprüche wie: „Er hat es sich noch anders überlegt.“

      Vor der Tür des Trauungszimmers warteten ein paar zerknitterte Zechkumpane und sparten nicht mit ermunternden Zurufen. „Sag nein!“

      „Jetzt kriegst du lebenslänglich!“

      Und was machte Walter? Als der Standesbeamte von ihm das „Ja!“ hören wollte, erklärte er rundheraus: „Ohne meinen Anwalt sage ich hier kein Wort!“

      Zum Glück war der Beamte ein humorvoller Mensch, und die Zeremonie kam zu einem guten Abschluss.

      Danach stellte sich eine ausgelassene Fröhlichkeit ein, die schließlich auch auf die Hochzeitsgäste übergriff.

      Die kirchliche Trauung – der Höhepunkt, die schönste Stunde dieses Tages. Sie im schneeweißen Kleid, Walter, der Hallodri, an ihrer Seite. Etwas stolz war sie doch darauf, dass er nun ihr Mann war. Ein paar Freundinnen von ihr hatten sich die Augen nach ihm ausgeguckt und hätten ihn halt auch gern für sich gehabt.

      Dabei besaß er keinen guten Ruf, was Zuverlässigkeit und Treue in Liebesdingen betraf. Laufend neue Freundinnen. Einmal, als sie ihn darauf ansprach, sagte er belustigt: „An diesem schlechten Ruf habe ich jahrelang hart gearbeitet und weder Zeit noch Kosten gespart.“

      Leise Sorge mischte sich in ihre Freude über diesen ihren schönsten Tag. Wenn er untreu war und sich heimlich eine Freundin hielt, was dann?

      Sie wurde angenehm überrascht. Er legte mit diesem Tag seine Junggesellengewohnheiten ab. Langweilig wurde es jedoch nie in der Ehe. Dazu steckte er zu sehr voller Ideen und Einfälle, und für Überraschungen war er jede Stunde eines jeden neuen Tages gut.

      Auf ihrer Hochzeit erfuhr sie gegen Abend von seiner Wirtin, bei der er zwei Jahre zur Untermiete gewohnt hatte, was sich in der Junggesellenabschiedsnacht beziehungsweise am Morgen abgespielt hatte.

      Den Wecker hatte sie auf sieben gestellt; sie wollte ihn wecken, damit er die Kurve kriegte bis zur Trauung um neun. Um sechs kam er nach Hause. Als er die Treppe oben war, brauchte sie keinen Wecker mehr. Bis um sieben lag sie wach, dann klopfte sie energisch an seine Tür und wider Erwarten meldete er sich sofort und versprach folgsam, jetzt aufzustehen.

      Sie legte sich wieder hin, schlief beruhigt noch ein Stündchen und war beim Munterwerden gegen acht felsenfest der Meinung, er sei schon aus dem Haus, weil sie so gar nichts hörte.

      Also frühstückte sie in aller Ruhe und machte sich dann daran, sein Zimmer aufzuräumen. Ein gewaltiger Schreck ergriff sie, als die Tür noch von innen abgeschlossen war.

      Sie hämmerte und trommelte gegen das Holz und war mit den Nerven ziemlich herunter, als sich drinnen endlich gähnend und verkatert der hoffnungsvolle Hochzeiter meldete.

      Sie schimpfte und lamentierte, bat und flehte und hielt ihn zur Eile an. Und was machte er? Ein Bad sollte sie ihm einlassen, das als erstes!

      Alle Minute war sie dann an der Badezimmertür aufgetaucht, klopfte und rief ihm die Uhrzeit zu – einmal, um zu hören, ob er nicht untergegangen war, und zum anderen, um ihn anzutreiben.

      Schließlich stand er vor ihr, fünf Minuten vor neun; das Bad hatte nur ungenügend die Falten aus ihm herausgebügelt. Sie bürstete ihm den Anzug ab und bat inständig, er solle nun endlich zu seiner Braut fahren, man habe schon dreimal angerufen.

      Da lachte er entwaffnend und sagte, sicher fahre er hin, ihm dämmere, dass heute eine Hochzeit sei, aber erst müsse er noch den Brautstrauß beim Blumengeschäft in der Stadt abholen.

      Da hatte sie besser gar nichts mehr gesagt, aber auf die Galle geschlagen sei ihr das doch. Das sei ein Mannsbild! Mit dem könne sie noch einiges erleben!

      Die Prophezeiung der Wirtin ging in Erfüllung, aber mehr im positiven Sinne.

      Einen Tag nach der so turbulent begonnenen Hochzeit fuhren sie in die Flitterwochen. Mit tausend Mark in der Tasche. Geldgeschenke, die es gegeben hatte. Die Anzahlung für den neuen Wagen, die restlichen Möbel, die Wohnungsrenovierung und die Bewirtung der Gäste hatten ihre verfügbaren Barmittel auf gezehrt, bei der Bank standen sie schon mit zwei Monatsgehältern in der Kreide.

      Ohne die Geldgeschenke hätten sie gar nicht in die Flitterwochen fahren können.

      Bei Walters Eltern in Süddeutschland machten sie Station und deponierten vierhundert Mark. Die hatten Beziehungen zu einem Textilgroßhandel; auf der Rückfahrt sollten dort die Übergardinen gekauft werden.

      Aufs Geratewohl fuhren sie los. Ziel sollte das nette Familienhotel in Riccione sein, in dem sie während der Verlobungszeit schon mal gewohnt hatten. Damals sittsam in getrennten Zimmern, weil’s die Hotelinhaberin nicht anders duldete.

      Vorbestellt war natürlich nicht. Es war ja ziemlich unsicher gewesen, ob sie jetzt überhaupt die Hochzeitsreise machen konnten.

      Die Autostrada gab es noch nicht. Man zuckelte in der Kolonne den Brennerpass hinauf.

      Walter hatte hier schon getrampt, mit dem Fahrrad war er ebenfalls in Italien gewesen. Seit damals hatte er eine Vorliebe für den Gardasee und für die Occidentale, die Straße auf dem Westufer.

      Also kam nur diese Strecke in Frage.

      Unbeschwert und fröhlich in ihrem Glück fuhren sie in den Tag hinein, bis in Peschiera am Ausfluss des Gardasees die Unbeschwertheit der Sorge um eine Bleibe

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