Jakob der Letzte. Peter Rosegger

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Jakob der Letzte - Peter  Rosegger

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und unbestimmten Ausdrucksweise drein, „so fein weiß haben die Kirschbäum’ schier völlig lang nimmer ’blüht, als wie dasmal. Das ist richtig wahr auch.“

      „Wird schon wieder aper werden“, meinte der Jakob.

      „Drei Vierteljahr Winter und ein Vierteljahr kalt“, sagte der alte Knecht, „namla wohl, so geht’s hisch zu, bei uns im Gebirg.“

      „Geh’ her zum Tisch“, lud der Jakob den Nachbar ein, „und schneid’ dir ein Brot ab.“ Damit tat er aus der Tischlade einen großen Laib Brot mit Schneidmesser, legte beides auf den Tisch und setzte sich auch selber hin.

      Der Knatschel setzte sich daran, füllte aus der Tabaksblase seine Pfeife, zog ein zierliches Stahlzänglein aus dem Hosensack, hielt es einem kleinen Mädel hin (das so dastand und am Finger sog) und sagte: „Geh’ Dirndl, bring’ mir Feuer!“

      Während die Kleine zur Herdglut hinauslief und bald mit einer glühenden Kohle im Zänglein zurückkam, sagte der Knatschel: „Ja, Nachbar, ich hab’ mir’s anders gemacht. – Brav’ Dirndl, kriegst zu Lohn einen sauberen Mann, wenn du groß bist.“ Blies die Kohle rotglühend und steckte sie in die Pfeife. „Ja, Nachbar“, fuhr er paffend fort, „ich hab’ mir’s anders gemacht.“

      „Was meinst?“ fragte der Jakob.

      „Mir ist’s zu dumm worden in Altenmoos. Wer sich’s besser machen kann – ein Lapp, der’s nit tut.“

      Der Jakob sah ihn fragend an.

      Der Knatschel beugte sich vor gegen ihn, gab noch ein paar Rauchstöße von sich, daß die blauen Strähnlein wagrecht in der Luft schwammen, und sagte halblaut: „Mein Haus hab’ ich verkauft.“

      Dann belauerte er den Eindruck, welchen diese Nachricht auf den Nachbar machen würde. Weil aber der Jakob gar so unbeweglich dasaß, als hätte er das Wort nicht verstanden, wiederholte der Knatschel noch einmal: „Mein Haus hab’ ich heut’ verkauft.“

      Jetzt zuckte der Jakob ein wenig mit den Augenwimpern, des Weiteren blieb er immer noch unbeweglich und blickte den Knatschel fragend an.

      „Ich rat’ dir’s auch, Jakob“, sagte der Knatschel, „wirf’s hinter dich, das kümmerliche Altenmoos, wo der Mensch sich sein Lebtag lang rackern muß, daß er in seinen alten Tagen ohne Sorg’ verhungern kann. Laß das Fretten sein. Verkauf den Bettel. Der Kampelherr zahlt gut. Nimmt auch den Reuthof, hat er gesagt, aus Gefälligkeit nimmt er ihn, wenn du hergibst. Zahlt nit schlecht. Meinen Grund kennst. Siebzig Joch just genau, wenn man Heid’ und Weid’ dazutut. Rat’ einmal, was er mir dafür auf die Hand gelegt hat, der Kampelherr!“

      „Leicht etwan gar hasen einen Hut voll Taler!“ redete wieder der buckelige Alte drein.

      „Soviel gibt der Teufel für eine arme Seel’“, sagte ein anderer Knecht, wie sie sich jetzt auf die Bänke herumgesetzt hatten. Der Knatschel beachtete diese Bemerkung nicht, sondern sagte noch einmal: „Rat’, Jakob, wieviel hat er mir auf die Hand getan?“

      „Gar im Ernst, Nachbar?“ fragte jetzt der Jakob, „und du hättest dein Haus verkauft?“

      „Hast schon einmal einen Tausender gesehen?“ schmunzelte der Knatschel und nestelte seine stark abgenützte Brieftasche auf.

      Der große nagelneue Geldschein lag auf dem Tisch, der Jakob starrte draufhin wie auf ein Gespenst, das man zuhalb mit Neugier, zuhalb mit Grauen ansieht. Die Knechte machten lange Hälse und blinzelten schier stumm vor Ehrfurcht auf die Erscheinung hin.

      „Möcht’ ich’s doch frei ein klein Eichtel angucken, das Sündenpflaster“, murmelte der alte Knecht und kam ein wenig gegen den Tisch gebuckelt.

      „Das Pflaster wollt’ uns nit schaden“, witzelte ein anderer, „vielleicht tät’s auch dir deine Gicht und Gall ausziehen, Luschelpeterl.“

      „Selb’ kunnt eh frei sein, mir wollt’s taugen, selb’ ist eh wahr“, kicherte der Alte.

      „Ist rechtschaffen gut, daß wir schon den Rosenkranz gebetet haben“, sagte eine Magd, „nach so einem Bildl da“, sie deutete auf den Tausender, „wär’s mit aller Andacht vorbei.“

      „Geht’s, geht’s“, meinte ein altkluger Bursche, „immer einer kauft sich die Höll mit so einem Fetzen. Die krieg’ ich wohlfeiler, wenn ich sie haben will.“

      „Selb’ wird eh leicht namla wahr sein“, gab der buckelige Luschelpeterl lachend bei und hockte sich, während die anderen noch aus achtungsvoller Ferne die unerhörte Geldnote betrachteten, in seinen Ofenwinkel.

      „Wenn der Mensch gescheit ist“, sagte jetzt eine Magd, „so denke ich, wird er sich wohl auch den Himmel damit kaufen mögen. Nit?“

      „Hisch wahr, namla wohl wahr. Den Himmel auf der Welt.“ So der Luschelpeterl. „Der andere Himmel – der da oben – der himmlisch’ Himmel, der kostet gar nichts, als wie das Leben, hi, hi, wohl gewiß wahr.“

      „Da!“ schmunzelte nun der Knatschel und hieb mit Wucht, wie der Spieler einen scharfen Trumpf ausspielt, den zweiten Tausendguldenschein auf den Tisch, „da hab’ ich noch einen!“

      „Sapperment!“ sagte der Jakob.

      „Gelt!“ rief der Knatschel, „gelt, Nachbar, das ist ein gutes Jahr, trutz daß es schneit am Pfingstsonntag!“

      „Zwei hat er dir gegeben für dein Haus und Grund!“ fragte der Jakob mit leiser Stimme.

      „Du kannst drei haben für deines!“ sagte der Knatschel. „Besinn’ dich nit lang, Nachbar, tu’ deine Wasserstiefel an und geh’ eilends auf die Sandeben. Beim Fleischhacker sitzt er, der Kampelherr. Seine Geldtaschen hat einen schauderhaften Bauch, kann ich dir sagen. Als Winkelbauer gehst jetzo fort, als gemachter Herr kommst heim.“

      „Heim?“ fragte der Jakob kopfschüttelnd, „heim? – Wie kann der Mensch sein Haus verkaufen!“

      „Knatschelvater!“ sprach jetzt einer der Knechte, „geh’, steck’ dein Fliegenpapier nur wieder ein. Hergibst eh nix davon.“

      Des wollte der Knatschel schier verdrießlich sein, daß die zwei Geldnoten, die er nun wieder bedächtig zusammenfaltete und in die Brieftasche schob, kein größeres Aufsehen gemacht hatten. Das Haus wollte in gewohnter Ordnung bleiben, gleichmäßig langsamen Ganges. Da war draußen plötzlich ein Prasseln und Krachen, daß die Holzwände ächzten, finstere Schneestaubwolken wirbelten an den Fenstern vorüber. Die Leute schauten sich an.

      Bald jubelte der Wildfang Jackerl mit der Nachricht herein: Von der Linde sei ein großer Ast niedergebrochen und habe die Kapelle niedergeschlagen.

      Als der Jakob dieses hörte, sprang er von seiner Bank auf.

      „Die Kapelle!“ rief der Knatschel, „deine Jakobikapelle da draußen hat’s derschlagen? Nachbar, wenn das kein Wink vom Himmel ist!“ In die Hände klatschend rief er noch lauter: „Der heilige Sankt Jakob ist hin! Reuthofer, verkauf dein Haus!“

      Der Hausvater ging in Hemdärmeln, wie er war, zur Tür hinaus und durch den wogenden Sturm der verstümmelten Linde zu.

      In den Lüften tanzten die Flocken und die Schwalben.

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