Jakob der Letzte. Peter Rosegger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Jakob der Letzte - Peter Rosegger страница 6

Jakob der Letzte - Peter  Rosegger

Скачать книгу

Tag und Stund’.“

      „Nicht in der Totentruhen!“ rief der Knatschel. „Leicht wohl eher auf des Kampelherrn Kaleschwagen!“

      „Ich wünsche dir ein langes Leben“, entgegnete der Jakob, „aber das wirst du nicht erleben.“

      „Hast du schon gehört, daß der obere Nock auch fliegt?“ fragte der Knatschel. „Den vertreiben die Schulden und muß er noch froh sein, daß ihm der Kampelherr Haus und Grund abgelöst hat. Besser verkaufen, als verganten. Allemal besser.“

      „Für den Nock hätte sein Schwager, der Guldeisner, was tun sollen“, meinte der Jakob.

      „Der Guldeisner?“ lachte der Knatschel. „Pass’ auf, der verkauft selber!“

      „Was sagst du?“ fragte der Jakob und hielt sein Haupt gegen den Fuhrmann hin.

      „Verkauft selber! Der Kampelherr steht schon im Handel mit ihm. Der Jagd wegen, heißt’s. Ihr kommt mir alle nach, Altenmooserleut’. Alle!“

      Der Jakob schüttelte den Kopf.

      „Besuch’ mich einmal“, lud ihn der Auswanderer ein, „in der Sandeben, gleich hinter der Kirchen. Kennst es ja, das Haus, was der Kreuzbäck gehabt hat. Wirst alleweil einen guten Tropfen finden bei mir.“

      „Ein Wirtshaus?“

      „So was. Etwas ein Geschäftel muß der Mensch doch haben, sonst wird ihm Zeit und Weil’ lang.“

      „Knatschel!“ sagte jetzt der Jakob, „gib Achting, daß du dich nicht verraitest! Auf der Sandeben ist der Tausender nicht soviel wert, wie in Altenmoos. Dort kostet der Brotlaib einen halben Gulden, dahier kannst, wenn du selber keinen backest, einen um zwei Sechser haben und einen größeren.“

      „Bauernbrot gefressen hab’ ich mir genug, mein Lebtag“, lachte der Knatschel, „jetzt will ich einmal Guglhupf (Kuchen) haben.“ Und er versetzte den Ochsen eins mit der Peitsche.

      „Thomas“, sagte jetzt sein Weib und stupfte den Knatschel am Rücken, „tu’ mir den Gefallen und halt’ ein bissel still. Wir sind bei unserer Rainsäulen. Schau, wenn sie eine Leich’ haben hinausgetragen vom Knatschelgut, dahier haben sie die Truhen abgesetzt zum Urlaubnehmen. Und da will ich auch absteigen und dem Heimboden behüt’ Gott sagen.“

      „Dummheiten!“ schrie der Knatschel und hieb noch schärfer auf das Ochsenpaar drein. Ein Ruck, und da waren sie auf fremdem Boden.

      „Fahret gut!“ rief der Jakob und hielt seine Hand über den Karren hin, „ich wünsch’ euch Glück!“

      Ohne anzuhalten schüttelte der Knatschel die gebotene Rechte kurz. Das Weib hatte sie auch gefaßt und wollte sie nicht loslassen, so daß der Reuthofer noch eine Strecke nebenherlaufen mußte.

      Als er endlich ledig war, stillstand und dem Gefährte nachblickte, sah er, wie das Weib des Thomas, das Gesicht in die vorgehaltene Schürze pressend, heftig schluchzte. Der Knatschel knallte mit der Peitsche, daß es widerhallte in den Wäldern.

      „Ist das der Mann mit den Tausendern gewesen?“ fragte der Knabe, als das Gefährt hinter der Talbiegung verschwunden war.

      Der Jakob wendete sich und ging mit dem Knaben zwischen den grünenden Haferfeldern hin. Er war verstimmt. Nun hob er eine Erdscholle auf und betrachtete sie sinnend.

      „Was ist denn das?“ fragte der Friedel.

      „Das ist unser Tausender, mein Kind“, sagte der Vater. „Der kann nicht zerreißen und nicht verbrennen. Zu Mehl kann ich ihn zerreiben, in die Luft kann ich ihn streuen und ist doch nicht umzubringen. Und wenn ihn der Mensch pflegt und Gott gibt Sonnenschein und Regen vom Himmel, so ist er ein wohlversichertes Gut und bringt alle Jahr’ seine Zinsen, es mag im Land Krieg oder Frieden sein.“

      „So einen Tausender“, sagte jetzt der Kleine, „hat der Jackerl gestern der Kuh nachgeworfen, daß er auseinandergespritzt ist.“

      Der Vater entgegnete: „Dem Erdklumpen hat das nicht geschadet, der tut sich schon wieder zusammen, aber der Kuh kann es geschadet haben. Und dem Jackerl wird es geschadet haben. Ja! Dein Bruder wird mir neuding ein so arger Wildfang, daß ich ihn morgen auf den ganzen Tag in den Moosbarren sperren muß.“

      Nun war es, daß der Wildfang an jenem Abende gar nicht ins Haus kam. Zuerst wurde nach ihm gepfiffen, er kam nicht. Dann ging die Angerl hinaus auf den Hügel und schrie: „Jackerl!“ so laut sie konnte, auch der Wald half ihr schreien. Der Knabe kam nicht. Als es schon finster war, ging der Reuthofer mit einem Haselstock bei den Nachbarn um und fragte, ob sein Bub nicht gesehen worden sei. Die Dreisambäuerin schlug ihre Hände zusammen und jammerte, das arme Kind sei sicherlich ins Wasser gefallen! Ganz Altenmoos wollte sie aufstöbern, um den Knaben zu suchen. Dem Reuthofer machte der Jammer des Weibes nicht viel Herzleid, er kannte seinen Jungen.

      Als der Jakob Steinreuter auch zum Stindel im Stein kam – in den Hof, der hoch am Berge unter einem massigen Felsblock stand, welcher kurzweg der Stein genannt wurde – erfuhr er zwar auch dort nichts von seinem abhandengekommenen Jackerl, hingegen eine Neuigkeit, die eigentlich keine mehr war. Der Guldeisner sei mit dem Kampelherrn in Unterhandlung und wolle sein Gehöfte denn wahrhaftig verkaufen.

      In der darauffolgenden Nacht konnte der Jakob nicht schlafen. Wenn der Guldeisner verkauft, dann verliert die Gemeinde Altenmoos ihren Grundstock. Wenn die Guldeisnerleute mit Mann und Magd, mit Kind und Knecht auswandern, dann wird es langweilig werden hierum. Wenn die Guldeisnergründe zu Wald anwachsen – und die hohen Herren lassen alles Wildnis werden – dann – –

      Es wird ja nicht wahr sein, tröstete sich der Jakob, es kann ja nicht wahr sein. Das Haus vertun und davonzigeunern! Nein, es ist nicht, es ist nicht. – Wenn ich nur ein Stündel schlafen könnte, bevor es tagt!

       DER KIRCHGANG NACH DEM GELDE

      Nun war der Morgen des heiligen Fronleichnamstages. Das stille, grünende Altenmoos lag im jungen Sonnenfrieden da. Aus den Höfen hervor, von den Lehnen und Leuthen herab, an den Wiesensteigen heran kamen die Leute in schmuckem Feiertagsgewande und gingen dem Hauptwege zu, wo sie sich in Gruppen vereinigten, um selbander unter ruhigen Gesprächen gegen die ferne Pfarrkirche zu wandern.

      Es waren ihrer heute viele. Obwohl an den Werktagen arbeitend vom Sonnenaufgang bis zum Niedergang, sind sie am Feiertage doch nicht müde; gestern war es an den Händen, heute ist es an den Füßen, und die Zunge haben sie auch mit, daß sie können schwatzen unterwegs, und die Augen, daß sie den kirchlichen Aufzug sehen zu Sandeben, und die Gurgel, durch die etwelchen Trunk zu tun einige gesinnt sind. Der Weg ist hier glatt, dort steinig, die Sonntagswanderer loben weder das eine, noch beklagen sie das andere. Die jüngeren Weibspersonen haben hellrote Busentücher um, und vorne am Joppenlatz steckt ein Sträußl von Herzenstrost und Rosmarin. Oder sie tragen das Sträußchen zwischen dem Gebetbuch und dem weißen, viereckig gefalteten Taschentüchel in der Hand. Die Burschen haben grüne Zweige von Reseden und Nelken auf den Hut gesteckt bekommen – von wem, das sagt keiner, denn es kann sich’s jeder denken. Und bei dem Blüml steht die Wildhahnfeder, das Starke beim Schönen, das Kecke beim Zarten. Selbst die alten Männer tragen auf ihren schwarzen breiten Filzhüten ein helles Röslein, denn irgendwo und irgendwie muß an solchen Festtagen die Lebensfreude der Waldbergbewohner hervorblühen.

      Das junge Volk gesellt sich zusammen zum Schäkern und Necken, und der frische Sandlersebast

Скачать книгу