Jakob der Letzte. Peter Rosegger

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Jakob der Letzte - Peter  Rosegger

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Strümpfe an.“

      „Haben halt gar keine an.“

      „Der Guldeisner hat’s gern so, essen mögen seine Weiberleut’, so viel sie wollen, aber mit dem Gewand sollen sie sparsam sein, wird er halt meinen.“

      „Tut’s eh leicht, wenn’s schön warm ist.“

      So tratschten sie, auch Männer können es, wenn sie Langweile haben. Der Guldeisner war unverheiratet, wußte die fleißigsten und frischesten Dienstboten in seinem Hof zu versammeln, und so ging die Arbeit allzeit munter von statten.

      „Das ist halt das Schlimme!“ sagte nun der Jakob mit einem schwermütigen Atemzug.

      „Was meinst, Nachbar“, fragte der Rodel, „der Sparsamkeit mit dem Gewand wegen?“

      „Wenn er Kinder tät’ haben, der Guldeisner, rechtmäßige Kinder, er wäre festgenagelt an sein Haus und Grund.“ So der Jakob.

      Dann kam die Magd wieder: Jetzt könnten sie schon ins Stübel gehen.

      „In Gottesnamen!“ sagte der Rodel und zwinkerte mit dem einen Auge, das er hatte, „packen wir ihn an.“

      Und sie gingen in das Nebenstübel, das voller Sonnenlicht war, weil das große blanke Fenster gegen Sonnenuntergang hin stand. Und wie vornehm eingerichtet! Am Fenster rosenrote Vorhänge, die an einem Eisenspänglein zum Verschieben waren. An den Wänden, über alten kunstvoll geschnitzten Schränken, Porzellankrüge und Teller, gegenüber der Tür ein Spiegel übergeneigt an der Wand hängend, so daß die Eintretenden darinnen ihre eigenen Füße wie über einen schiefen Fußboden herabsteigen sahen. Ferner an der Wand ein paar vielgabelige Hirschgeweihe, ein Schießgewehr und ein Weidmesser. Auf Bett und Stühlen war die grauenhafteste Unordnung, und der Guldeisner saß in Hemd und Unterhose an dem unbedeckten braunen Tischchen und schlürfte just seinen Morgenkaffee, wobei er das Gesicht in die Schale steckte, so daß die Eintretenden von seinem Kopfe nichts sahen als den schwarzen wirren Haarwust.

      „Geht’s nur her, Nachbarn!“ rief er mit schnarrender Stimme noch zuhalb in das Kaffeegefäß hinein. Als er dieses endlich pfusternd auf den Tisch gestellt hatte, sah man den Altenmooser Großbauer von Angesicht zu Angesicht. Auf breiten Achseln saß kurz- und dickhalsig ein runder Kopf. Üppiges verfilztes Haar, kleines Gesicht mit stark vorstehenden Wangen- und Backenknochen, buschige Augenbrauen, große schwarze und unruhige Augen, plumpe Stumpfnase, an der sich die Nüsternflügel weit aufzogen, wenn er in Erregung kam. Das einzige, was an dem Manne wohlgepflegt war, mußte wohl der Schnurrbart sein; der war so kohlrabenschwarz, daß man ihn für gefärbt hätte halten können, war so dicht und kurzgeschnitten und mit dem Schermesser scharf abgegrenzt, daß es aussah, als hätte der Guldeisner zwischen Mund und Nase ein wulstiges Filzlein geklebt. Alles übrige war sorgfältig rasiert, was an der sonst ungefügen und verwahrlosten Gestalt das einzige Anzeichen gab, daß der Mann kein gewöhnlicher Waldbär sei. Er war in der Tat ein ungewöhnlicher.

      „Geht’s her, geht’s her!“ schnarrte er mit seiner breiten, fast schmetternden Stimme; man merkte gleich, der Mann war gewohnt, scharf in die Welt hinein zu reden, ohne die Worte viel zu mustern.

      „Man kennt sich frei nicht aus“, bemerkte der Sepp in der Grub, „stehst erst auf, Nachbar, oder gehst schon schlafen.“

      Er stand freilich erst auf, und ein Guldeisner kann die Tageszeiten umkehren wie er will, darüber hat er niemandem Rechenschaft abzugeben. Er überhörte also die Bemerkung. Sie sollten die Hosen, Leibeln und Pfaiden von den Stühlen werfen und sich selber draufsetzen, war sein Rat, den die drei Männer sofort auch befolgten. Hierauf griff er, ohne sich von seinem Sitze zu heben, mit einer langen Hand ins Wandkastel, nahm einen Tonplutzer hervor, schenkte daraus drei Stengelgläschen voll und rief: „Mögt’s ein’ Schnaps?“

      „Du kannst dir’s halt anschicken, da heroben“, sagte nun der Rodel einlenkend, nachdem er ein paarmal mit der Hand in die Luft gefahren war, als wollte er Fliegen fangen, „du laßt dir nichts abgehen auf deinem Berg, und recht hast. Ich tät’s auch an deiner Stell’, gunn’ dir’s. Du kannst besser leben, als wie etwan so ein Kampelherr, der im Land umfährt, um sein Geld loszukriegen, sich damit wohl Bauernhäuser kaufen kann, aber nicht das Ansehen und die Altgesessenheit vom Guldeisnerhof!“

      „Hei, der Kampelherr!“ schmetterte der Guldeisner lachend hervor.

      Der Sepp blies von seiner Pfeife rasch nacheinander Rauch aus. „Die neueste Lug’“, sagte er dann und paffte wieder, „die neueste Lug’, die in Altenmoos umgeht, hast sie schon gehört, Nachbar? Wird dir Spaß machen.“

      „He, Lug’? So!“ schnarrte der Großbauer.

      „Ja, ja! Sie sagen, der Guldeisner wollt’ sein Haus verkaufen, sagen sie.“

      „Sagen sie das?“ lachte der Guldeisner laut.

      „Es wird nicht wahr sein“, sprach nun der Jakob.

      „Warum soll’s nicht wahr sein?“ schnauzte ihn der Großbauer an. „Morgen laß ich einspannen und fahr’ nach Sandeben zum Kampelherrn. Ein Narr müßt’ einer sein!“

      „Nachfahren?“ sagte der Sepp, „nachfahren wollt’ ich ihm nicht. Wenn ich Guldeisner wär’, schon gar nicht. So viel ich weiß, ist der Guldeisner noch keinem Bauern und keinem Herrn nachgefahren. Wenn der Herr was will, so wird er schon selber kommen.“

      „Ein Guldeisner weiß, was sich schickt“, sagte der Großbauer, erfaßte eines der Gläschen, die er für die Gäste vollgeschenkt hatte und goß dessen Inhalt in seine eigene Gurgel.

      Jetzt nahm der Jakob das Wort und sprach: „Nachbar, du machst Spaß. Deinen Hof verkaufst nicht. – Wenn unsereiner Kleinbauer sein klemmiges Gütel weghaben wollt’ – Gott hüt’ mich vor dem Gedanken! – es wär’ zu begreifen. Aber du, der in diesem Gebirg seit altersher angestammt besser und freier lebt, als wie ein Graf; du, den alle gern haben weit um, dem alles nach Wunsch und Willen geht, vor dem sich – ich möcht’ sagen – jeder Baum voll Achtung neigt und jeder Stein schier selber aus dem Weg springt – du dein Gut verkaufen, auswandern! Nein, Guldeisner, das ist nicht. Das ist nicht.“

      „Das ist nicht?“ fragte der Großbauer und trommelte mit den Fingerknöcheln auf dem Tisch. „Es wird wohl doch schier sein. Ein Bauerngut mag noch so gut stehen, es macht Sorg’ und Ärger. Was soll ich mich sorgen und rackern im Gebirg? Ich hab’s nicht not. Ich zieh’ mich ins Freisingtal hinaus, hab’ keine Scherereien mit den Dienstboten und Nachbarsleuten, wo doch alle Augenblick einer betteln kommt, der eine um Holz, der andere um Kornsamen, der dritte um Heu oder Stroh, der vierte um Fuhrwerk, der fünfte um Handwerker, was weiß ich! Und die Plackereien mit dem Steueramt – alle Jahr anders, alle Jahr mehr ohne Ziel und End’. Und fortweg die Kümmernis: im Frühjahr um Regen, zur Mahdzeit um schön’ Wetter, zum Krautsetzen wieder um Naß, nachher um Wind, daß das niedergeweikte Korn wieder aufsteht; und blüht das Korn, soll Windstille sein, ist der Schnitt, soll die Sonne scheinen, ist im Herbst das Winterkorn im Keim, soll gleich Schnee drauf fallen, ist’s im Winter zum Holzschleifen, will man Schlittenbahn haben – alleweil ganz und gar abhängig vom wetterwendischen Herrgott! Ein Narr müßt’ einer sein!“

      In der Hitze seiner Rede trank er das zweite Gläschen aus.

      „Was du da sagst, das ist freilich wahr“, gab der Jakob bei, „vom Herrgott ist der Mensch allemal abhängig.“

      „Wenn ich nachher draußen in meinem Schlössel sitze und Kupons abschneide, da kümmere ich mich den Teufel

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