Jakob der Letzte. Peter Rosegger

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Jakob der Letzte - Peter  Rosegger

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Jackerl, schau, gib her die Hand, ich hab’ dich lieb. Und wie kannst du deinen Eltern davonlaufen! Deine Mutter hat die ganze Nacht Angst gehabt um dich.“

      Eine Träne rann dem Jungen über die Wange, er schämte sich ihrer, strampfte den Fuß in den Erdboden und schrie: „Nein! Nein! Nein!“

      „Also nicht?“

      „Nein!“

      „Hast du es deiner Mutter nicht versprochen, daß du ihr heut’ Haushüten helfen wirst? Und du willst nicht freiwillig mit mir gehen?“

      „Ich werde gehen, aber allein. Ich laß mich nicht treiben!“

      „Gut, versprich mir’s, Jackerl, daß du heute abends daheim sein wirst.“

      Der Knabe schwieg.

      „Ich brauche jetzt keine Gewalt, mein Kind“, sagte der Vater mit gedämpfter Stimme. „Ich will dir vor aller Leut’ Augen keine Schmach antun. Aber versprich mir, daß du heimgehst!“

      „Das werde ich!“ stieß der Knabe heraus und strampfte die Erde.

      „So sind wir jetzt miteinander fertig“, sagte der Jakob, dann ging er seines Weges. Er hatte ja auch an anderes zu denken an diesem Tage. Der Junge blieb noch eine Weile lehnen an der Wand und schloß die Augen und schloß die Fäuste.

      Plötzlich lief er die Dorfgasse hinab und davon.

      Aus dem Fleischhackerwirtshause, wo heute die Altenmooser zusammengekommen waren, um zu sehen, wie ein Millionär ausschaut, hörte man einen Gesang:

      Was hat mein Vater ’dacht,

      Daß er kan Herrn hat g’macht!

      Wia war das Ding so fein,

      Wann ih a Herr kunnt sein,

      Geld in mein Beutel hätt’,

      Bratel zum Essen hätt’,

      Trinken kunnt Wein.

      Und der Chor:

      Widl, widl, widl, Geldel hätt’!

      Widl, widl, widl Essen hätt’!

      Widl, widl, widl Wein.

       FRANZ, BLEIB’ DAHEIM!

      Die Schirmbäume am Guldeisnerhof warfen ihre Schatten; sie warfen solche über die Felder hinab und sogar eine Strecke jenseits der Bergblöße wieder hinan, denn es war schon am späten Nachmittage. Drei Männer stiegen den Feldweg herauf gegen den Hof. Es waren der Sepp in der Grub, der Rodel und der Jakob vom Reuthofe. Sie waren der Verabredung nach zusammengekommen und heraufgegangen, jetzt wollten sie sehen, ob sie Glück hätten.

      Der Hof bestand in zahlreichen Gebäuden. Ställe, Scheunen, Schoppen, Dreschtennen, Fruchtkästen und zwei Wohnhäuser, alles stattlich und in bestem Stande erhalten. Das eine kleinere Haus, welches schier versteckt unter Kirschbäumen stand, war das Ausgedingstübel, das jetzt keine Insassen hatte, weil keine Ausnehmer, keine „Alten“ vorhanden waren. Das andere, das große Haus, welches fast mitten in dem Kranze der Gebäude stand, aber doch so, daß es mit seinen vielen Fenstern frei in die Gegend aussehen konnte, trug an einer seiner Wände weiße Schußscheiben mit schwarzem Zentrum; der Guldeisner pflegte auf Scheiben zu schießen, wenn im Revier kein Reh war; und die Scheiben mit den Meisterschüssen ließ er sich selber zu Ehren an die Wand nageln.

      Vor diesem Gebäude blieben die drei Männer stehen, um sich auszuschnaufen und hinzuschauen in das weite Land. Von keinem Hause in ganz Altenmoos hatte man eine so weite freie Aussicht, als vom Guldeisnerhof. Über die Waldbäume hinweg, die unten den Gesichtskreis engten, konnte von hier aus das Auge auf ferne Berge fliegen, die mit ihren weichen Linien in der Fremde draußen standen. Wenn dort die Sonne aufging, war es ihr erstes, daß sie dem Guldeisner zu den Fenstern hineinleuchtete in sein Bett, oder in die Kaffeeschüssel, wenn solche schon auf dem Tische stand. So gut hatten es die tiefer unten liegenden Häuser nicht; der Reuthof hatte gar keine Kaffeeschüssel, und ihre saure Milchsuppe mußten die Leute dort des Morgens im Schatten essen, während hier schon der goldene Sonnenschein lag.

      „Ein schöner Platz ist’s, der da heroben“, sagte der Sepp.

      „Das Getreide wird halt doch um acht Tage später zeitig, als unten bei uns“, entgegnete der Rodel.

      „Hingegen ist es schwerer im Körndl“, meinte der Jakob.

      „’s ist alles fester und körniger, was da heroben wachst. Wär’s mein, das Gut, ich wollt’s nicht verkaufen.“

      Gegenüber dem Hause, am Holzschoppen-Kobel, stand mit versilbertem Halsbande geschmückt, der große schwarze Kettenhund. Er riß nicht an seiner Kette, er keifte und bellte nicht aufgeregt, wie die kleinen Kläffer, die an anderen Häusern hingen, er rasselte nur ein wenig und ließ in gemessenen Zwischenpausen ein würdiges Knurren hören.

      Die Männer traten nun in das Haus und ohne viel Umstände in die große Stube. Da war niemand. Sie setzten sich an die Wandbank und der Sepp und der Rodel stopften ihre Pfeifen an. Der Jakob rauchte nicht, er schaute für sich in der Stube umher und dachte: Schöner, als die meinige, ist sie nicht. Aber größer ist sie. Tische stehen hier zwei, weil einer für die vielen Leute zu klein wäre. An der Stubenecke sind die Heiligenbilder nicht anders, wie bei mir. An der Wand bei den Tischen in Lederheftlein herum stecken die Löffel nicht anders, wie bei mir. Nur ihrer viel mehr. Sechsundzwanzig Löffel, und große! Das braucht was, jeden Tag in so einem Haus! Sechsundzwanzig Löffel! und was sie erst mit der Gabel essen! Und mit den Fingern! Und was sie trinken! Schlecht, hört man, wird nicht gelebt beim Guldeisner. Er selber versteht’s und seinen Leuten gunnt er auch was. Soll unter seinem jungen Gesinde ja viele nahe Verwandte haben, der Guldeisner. – Na, ist recht.

      So waren sie da und dachten ihr Teil und warteten in der geräumigen Stube. Alle Fenster waren geschlossen, und daß die Luft in solchem Raume etwas mürfelt, das bemerkt ein Bauer nicht. Die alte langweilig tickende Wanduhr hinter dem massigen Kachelofen zeigte schon die siebente Abendstunde. Von den gegenüberliegenden Waldbergen leuchtete das Sonnengold noch so hell zurück und zu den Fenstern herein, daß in der Stube eine grünliche Dämmerung war.

      Jetzt kam von der Küche herein eine runde Magd mit feingeflochtenen Haarzöpfen, freundlichen Augen und frischer Gesichtsfarbe. Sie bedeutete den Männern, wenn sie etwa bei dem Guldeisner was zu schaffen hätten, so sollten sie so gut sein und ein klein wenig warten, dann möchten sie ins Stübel kommen. Er sei just aufgestanden.

      Als die Magd hernach wieder zu ihrem prasselnden Herdfeuer hinausgegangen war, schmunzelte der Sepp, und sein Schmunzeln sagte mehr als sein Wort: „Das ist sie gewesen.“

      „Schau einmal zum Fenster hinaus“, sagte der Rodel und tastete in die Luft hinein, „dort beim Brunnen steht auch eine!“

      „Richtig!“ sprach der Sepp, „eine säuberer, wie die andere. Diese schwarzen Augen! Die sind schwärzer wie der Teufel!“

      „Und leicht auch gefährlicher!“ meinte der Rodel.

      „Und im Garten dort steht auch noch was!“ sagte der Sepp.

      „Meiner Seel’!“ rief der Rodel, „das ist erst die Schönste!

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