Jakob der Letzte. Peter Rosegger

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Jakob der Letzte - Peter  Rosegger

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hast“, redete da der alte Luschelpeterl drein, der mit seinem wulstigen roten Regenschirm hinten nachhumpelte. Er trug ein recht altweltisches Gewand, der Luschelpeterl, einen vergilbten lodenen Frack mit Messingknöpfen und einen ausgeschweiften gelbgrünen Zylinderhut mit breitem Band und der großen Schnalle. Seit dieser Hut und dieser Kopf beisammen waren, hatten beide Farbe gewechselt, der blonde Kopf war grau und der grüne Hut gelb geworden. Das Gewand war alles hübsch mit grünem Tuche ausgebrämt; aus diesem waren allerlei Bäumchen, Schnörkeln und andere Zierraten geschnitten und auf die Ärmeln, Brustflügeln, Taschen und Schößeln genäht worden, was zu dem verwitterten Gesichte des Alten mit dem grauen Bartwisch unter der Nase gar nicht übel stand.

      „Festmachen das Rosmarinstammel, eh’ wahr auch. Brav bist, Sebast“, sagte er noch einmal.

      Das Bachhäuseldirndl, die Dullerl, schlug dem kecken Burschen auf die Finger: „Da hast nix herzugreifen, Bübel!“

      „So wohl, so wohl!“ stimmte der Luschelpeterl bei, da sang eine Amsel. Der Gesang war so schmetternd hell, daß sich alles umsah nach dem Vogel. Und er war nirgends zu sehen, und dem Gesange nach meinte man, er müsse einem der Leute auf der Achsel sitzen.

      „Aha!“ rief der Luschelpeterl plötzlich, „da haben wir den Kampel, da drinnen da! In mein Regendach hinein hat er sich verfangen. Wohl, wohl, gewiß auch noch!“

      Die Kirchengeher stellten sich rings um ihn, und die Dullerl war besonders begierig, den kleinen Sänger zu sehen. Der Luschelpeterl langte mit dem Arm sorgfältig in den zusammengefalteten Schirm hinein, der Vogel kreischte, der Peterl mußte ihn gefaßt haben, als dieser nun aber den Arm langsam wieder zurückzog und den Schirm auseinander tat, war kein Vogel da. Obzwar es bekannt war, daß der Luschelpeterl mit einem Blatte, das er auf die Zunge tat, allerlei Vogelstimmen täuschend nachzuahmen verstand, saßen sie ihm doch fast allemal auf, wenn er in guter Laune seine Kunst übte.

      „Jetzt ist er mir auskommen!“ murmelte der Alte mit weinerlichem Gesichte, spreitete die Finger aus und starrte in die Luft. Hierauf wandte er sich an die Dirnlein, und mit zwinkernden Augen sprach er die Vermutung aus, eine oder die andere werde den Vogel in der Tasche haben. Jede leugnete es, aber untersuchen ließ sich keine.

      Weit hinter diesem munteren Völklein ging eine Gruppe von Männern, darunter der Sepp in der Grub, der Rodel, der Stindel im Stein, der Oberstöckel und der Jakob. Sie waren für einen solchen Frühsommermorgen fast zu ernsthaft. Sie führten in langsamem Takt ein angelegentliches Gespräch. Auch der Jakob redete. Er pflegte sonst außer Hause nicht viel zu sprechen, er stotterte ein klein wenig, aber man horchte doch, wenn er den Mund auftat, es war allemal der Mühe wert.

      „Es darf nicht sein“, sagte der Jakob, „wir müssen es abwenden.“

      „Wir müssen dem Guldeisner zureden, soviel wir können, er darf nicht verkaufen!“ so auch der Stindel im Stein.

      „Seid ihr einverstanden, Nachbarn?“ fragte der Jakob, „daß wir heute abends, wenn wir von Sandeben heimkommen, miteinander zum Guldeisner gehen und ihm die Sache vorstellen? Es darf und es darf nicht sein. Wenn der Guldeisner losgeht, dann wird alles rutschend in Altenmoos.“

      „Hingehen kann man“, meinte der Oberstöckel, „ob’s was hilft, ist eine Frage. Ja, wenn das viele Geld nicht wär’!“

      „Das Geld und jetzt auf einmal das Geld!“ rief der Jakob völlig aufbrausend. „Haben wir Altenmooser jemals nach Geld soviel gefragt? Haben wir eins, ist’s gut, haben wir keins, leben wir auch so, arbeiten vielleicht lieber und schlafen besser. Was wir brauchen, das wachst auf unserem Grund: das Brot auf dem Feld, Milch und Butter auf den Wiesen, die Leinwand auf dem Flachsacker, die Wolle auf den Schafen und das Leder auf den Rindern. Was braucht man da Geld?“

      „Ist so, ist eh so“, stimmten die anderen bei.

      „Wollen wir Fleisch“, fuhr der Jakob fort, „wir haben es in den Schweinen, Eier legen uns die Hühner. Die Handwerker haben wir im Haus. Salz, Tabak und sonstiges Kleinzeug, auch den Steuergulden zahlen wir von dem Erlös der paar Stückeln Vieh, die wir verkaufen, oder vom Hafer. Was brauche ich denn sonst noch?“

      „Wohl, wohl, ist eh so“, sagten die anderen.

      „Und die Leute jetzt alleweil nur Geld, mehr Geld, viel Geld! Verkaufen ihr Heu, ihren Wald und gar noch ihre Häuser und Hosen ums Geld. Mir graust!“

      „Wirst recht haben, Nachbar, wirst recht haben“, sagte der Rodel und machte eine Bewegung mit der Hand, als wollte er etwas in der Luft fangen. Wenn er diese Geste tat, da wußte man schon, er hat was Gescheites zu sagen. Und dumm war er nicht, der schlanke, hagere, etwas gebückte Mann; obgleich einäugig, sah er doch manches klarer und richtiger, als viele andere mit zwei Augen. „Verkaufen auch ihre armen Seelen!“ rief er aus, „es ist eine verdammte Sach’, es ist gerade, als ob das Geld ansteckend wäre, wie’s Nervenfieber.“

      „Rodel, das wird nicht wahr sein“, redete der Bauer Klachel drein. „Bei meinem Nachbar Knatschel sind seit vierzehn Tagen zwei Tausender gelegen. Wenn Geld ansteckend wär’, so hätt’ ich davon kriegen müssen. Ich hab’ mich nicht ausräuchern lassen und auch sonst kein Gegenmittel angewendet.“

      Der Rodel tat, als habe er den Witz nicht gemerkt, faßte den Klachel am Rockflügel, blieb mit ihm stehen und sagte: „Die anderen haben meine Red’ verstanden, dir sag’ ich’s deutlicher: Die Geldgier steckt an. Dagegen magst dich wohl brav räuchern lassen mit Wacholderstauden und Johanneskraut.“

      „Da laß ich mich lieber mit Tausendguldenkraut räuchern!“ darauf lachend der Klachel.

      „Hat denn dieser Kampelherr gar soviel Geld?“ fragte der Stindel.

      „Gottslästerlich viel soll er haben“, antwortete der Rodel, „ich hab’ gehört, wenn der seinen Reichtum in lauter Gulden hätte und tät’ nach einer guten Mahlzeit anfangen, die Gulden zu zählen, und schnell zählen, und nichts als zählen, und keinen Bissen essen, ehevor er mit dem Zählen fertig wär’, so müßte er bei seinem Geldzählen verhungern.“

      „Verdammter Kerl!“ knurrte der Sepp in der Grub.

      „Wer ist er denn eigentlich, dieser Kampelherr?“ fragte der Stindel im Stein.

      „Soviel ich gehört habe, soll sein Vater ein ungarischer Kornlieferant oder Sauhändler, oder so was gewesen sein“, wußte der Rodel zu berichten.

      „Und was hat der Sohn für ein Geschäft?“

      „Kein schlechtes“, sagte der Rodel, „der Sohn ist Millionär. Von Leuteschuldbriefen Papierschnitzeln abschneiden ist das einzige Handwerk, das in Wahrheit einen goldenen Boden hat. Früher hat er Gewerkschaften besessen, der Kampelherr, und eine ganze Eisenbahn soll er gehabt haben. Aber weil die Zeiten unsicher werden, so hat er die Sachen verkauft und will sich jetzt rechtschaffen breit auf Grund und Boden hinsetzen. Grund und Boden kann nicht zerstört werden und nicht davonlaufen. Und kostet auch nicht viel, man läßt Wald wachsen und braucht keine Leute dazu und zahlt für Wildnis nicht viel Steuergulden. Der Staat verliert dabei, aber das macht nichts. Einmal wird der Wald doch was wert. Kurz und gut, es ist ein sicher angelegtes Geld. Dazu das Jagdrevier, macht auch Spaß. Anschicken können sie sich’s, die Herren!“

      „Du kannst dir’s halt ausdenken, Rodel“, zollte der Sepp in der Grub dem Sprecher sein Lob.

      „Wissen möcht’ ich’s doch, wie er ausschaut, so ein Millionär“, meinte der Klachel.

      „Ist

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