3 a.m.. Edie Calie
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»Mit der Einstellung kannst du gleich wieder mit dem Schreiben aufhören.«
Vielleicht ein andermal.
»Wie wär’s mit einem neuen Kapitel?«
Ich hörte ihr schon gar nicht mehr zu, sondern sah gelangweilt aus dem Fenster. Die Uhr zeigte 3:20, es wäre ohnehin Zeit gewesen ins Bett zu gehen, doch zwei schreienden Katzen im Innenhof erregten meine Aufmerksamkeit. Wenn Katzen schreien, dann klingen sie wie menschliche Babys, erst beim Wurf gegen die Wand zeigen sich Unterschiede.
Offensichtlich hatte die eine keine Lust mehr das dämliche Spiel der Menschen mitzuspielen und hatte sich selbst aus dem Sack gelassen.
Warum man die Katze auch sprichwörtlich aus dem Sack lassen kann, habe ich nie verstanden (und zugegebenermaßen auch nie recherchiert). Vielleicht hat es was mit der im Sack gekauften Katze zu tun. Ist das eigentlich die selbe?
Ich habe generell wenig Verständnis für das Vorkommen von Tieren in Redewendungen, oder für Tiere im Allgemeinen for that matter.
Wahrscheinlich hat meine Abneigung Viechern gegenüber ihren Anfang genommen, als ich zwischen 6 und 8 Jahre alt war und auf dem Schulweg etliche Nacktschnecken zertreten habe, die den Weg bevölkerten, sobald ein Tropfen vom Himmel fiel. Pfitsch. Pfitsch. Das Knirschen unter den Schuhsohlen fand ich schon damals nicht sonderlich sexy und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass andere Tiere besser klingen, wenn sie zermalmt werden.
Wie auch immer, ich wollte eigentlich nicht über mich, sondern über die entlaufene Katze schreiben, die später in der Geschichte noch eine Rolle spielen wird, wenn auch keine große. Hätte diese Katze wenigstens Schrödinger gehört, so wäre sie, in einer Kiste verschlossen, lediglich ein theoretisches Problem geblieben und fünf Männer hätten sich erspart, wie verrückt nach diesem Biest zu suchen. Aber ‚verrückt sein und handeln‘ lag, wie man mittlerweile schon mitbekommen haben müsste, immerhin im Trend und in der Luft.
Die Natur war von dem Aufruhr, der unter den Menschen herrschte, ebenfalls betroffen. Die Blätter und Äste der Bäume hatten plötzlich aufgehört sich zu bewegen. Nicht, weil es windstill war – im Gegenteil, die Medien würden am nächsten Tag von heftigen Stürmen berichten – sondern, weil die Bäume, ähnlich wie die Katze knapp 30 Jahre später, gemeinschaftlich beschlossen hatten, das Spiel nicht mehr mit zu spielen und sich nur noch aus eigener Motivation heraus zu bewegen. Es war 3 Uhr morgens und die Population dieser Stadt würde sich bei Sonnenaufgang um ein paar Prozent verringert haben. Ebenso wie die Bäume, beschlossen nämlich auch die Herzen von Säuglingen aufzuhören, sich zu bewegen. Die Bestattungsunternehmen profitierten davon und verdoppelten ihre Preise für Babysärge. Eine Laune der Natur.
In launiger Stimmung befand sich auch Paul. »Jetzt hör’ mal genau zu. Ich habe gerade meine Frau und mein Kind verloren. Weißt du eigentlich, was das bedeutet? … Was soll das heißen, das ist schon mehr als 24 Stunden her? Ich muss Matthias’ Beerdigung planen. Ich hab’ wirklich Besseres zu tun, als eine bekackte Schlampe zu vögeln, um das neue Zeitalter einzuleiten. … Ich weiß, dass morgen der 30. ist. Ja, ich weiß … Nein, ich will nicht, dass alles umsonst war, aber –« Paul gab auf. »Okay, verdammt, hol mich morgen wie besprochen ab. … Vertraust du mir nicht? Für einen 4° bist du ganz schön frech, du solltest dir mal überlegen, mit wem du gerade redest. … Ist schon okay, manchmal braucht der Bär einen Schlag auf den Kopf. … Mach mit den Vorbereitungen weiter, ich lern’ jetzt den Text und verschieb’ die Beerdigung um zwei Tage. Parvum addas parvo, magnus acervus erit.« Paul legte auf und wählte eine andere Nummer.
»Ich muss die Katze aus dem Sack lassen: 2-BAx2LON-2«, sprach er auf den Anrufbeantworter, um anschließend das Bestattungsunternehmen über die Terminverschiebung zu informieren.
Im Vorbeigehen schniefte er noch schnell eine Line, Schlaf würde ihn ansonsten wertvolle Zeit kosten und schrieb dann auf einen Notizzettel: 5+8=13=4, 5x8x4=160=7, 5-8-4-7=-14=-5.
Das Besondere an dieser einen Nacht im Jahr ist nicht die angeblich alte Hexentradition, die dafür sorgt, dass sich alle ohne schlechtes Gewissen der Leidenschaft hingeben können. Das Besondere ist weder der Ritt zum Blocksberg, noch Goethes romantische Schriften darüber. Das Besondere dieser Nacht ist der Glaube an diese Nacht. Tausende Teenager kommen sich mystisch und verrucht vor, wenn sie bei Kerzenschein ihre Finger über ein Ouija-Board kreisen lassen, dessen historische Geschichte erst 1890 als Gesellschaftsspiel begann. Etliche naturanbetenden Wicca-Leute treffen sich in dieser Nacht, um Hexe zu spielen und im Kreis um ein Lagerfeuer zu hüpfen.
Kurz, von Hausfrau bis Satanist, ist in dieser einen Nacht im Jahr jeder auf dem gleichen, spirituellen Trip und der gemeinschaftliche Glaube macht die Nacht real. Die Energie, die durch die Luft schwirrt, funktioniert, der Boden und die Körper vibrieren, ein Narr, der dies nicht für seine eigenen Zwecke gebraucht.
Und ein Narr auch, wer den Tod seiner Frau und seines Kindes vorschiebt, um nicht daran teilnehmen zu müssen. Paul hatte keine Wahl, es gab wichtigere Dinge an diesem 30. April und trauern könnte er genauso gut später.
Aber kehren wir von der Vergangenheit zurück in die Gegenwart. Dort ließ nämlich ein lauter Knall Monica Catherow zusammenfahren. Vor Schreck erweiterten sich ihre Pupillen und ihr Körper zuckte instinktiv zusammen. Sie hasste dieses Gefühl mehr als alles andere auf der Welt und das ein oder andere »Oh oh« verdeutlichte, dass das ihren Mitarbeiter Innen ebenso bewusst war.
»Cut!«, schrie sie laut, ihr Herz schlug wie wild.
Während sie sich auf die Suche nach der Ursache für den Knall machte, begaben sich Kameramann und Schauspielerinnen wieder auf Anfangsposition, um die Szene von vorne zu drehen. Monicas Herzschlag beruhigte sich zwar langsam, ihre Wut hingegen wuchs.
»Wer zur Hölle war das?« Das umgestoßene Lichtstativ war längst wieder aufgerichtet, nervöse Blicke wurden ausgetauscht, der Schuldige traute sich nicht, sich dazu zu bekennen.
»Valerie?«
»Keine Ahnung. Tut mir leid, ich weiß nicht, wer es war.«
Argwöhnisch schaute sie von einer Person zur anderen, auf der Suche nach verräterischer roter Gesichtsfarbe – alle waren rot im Gesicht vor Anspannung.
»Okay, das nächste Mal verlierst du deinen Job, wenn du nicht weißt, wer es war. Du bist meine Assistentin und es ist dein bekackter Job dafür zu sorgen, dass ich mich in Ruhe konzentrieren kann! Ist das klar?«
Sie nickte eifrig, froh mit einer Verwarnung davongekommen zu sein. Es mochte lächerlich erscheinen, aber wer es wagte, die berühmte Regisseurin Monica Catherow aus ihrer Konzentration zu reißen oder sie zu erschrecken, verlor in der Regel nicht nur seinen Job, sondern bekam eine halbstündige Standpauke mit auf den Weg zum Arbeitsamt.
Dabei war sie gar nicht so eine Furie wie ihr Ruf behauptete, sie litt lediglich unter Ligyrophobie – Angst vor lauten Geräuschen.
»Alles okay?«, fragte der Kameramann, als Monica wieder auf ihrer Position war.
»Ja, ja. Ich hasse es, wenn irgendwas knallt, ich muss mich in Ruhe konzentrieren können.« »Ich weiß.« Der Kameramann hatte bereits so viele Filme abgedreht, er hatte sich daran gewöhnt, dass die meisten Regisseure irgendeine seltsame Eigenart hatten, je berühmter desto schlimmer. Was er für sich behielt war, wie sonderbar er es fand, dass ausgerechnet sie, in deren Filme der Weltuntergang, Meteoriteneinschläge, Aliens und Monster für Krach und Lärm sorgten, so empfindlich auf ein bisschen Gepolter reagierte.
Tja, one woMans