Die Weisheit eines offenen Herzens. Thubten Chodron

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Die Weisheit eines offenen Herzens - Thubten  Chodron

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uns Russell und Chodron also auch durch schwierigeres Terrain und potenzielle Problemfelder führen.

      Es ist mir ein Vergnügen und eine Ehre, Ihnen dieses Buch empfehlen zu können. Ich wünsche mir, dass die Worte auf diesen Seiten Ihnen sogar in schweren Zeiten helfen, Frieden und Freude zu finden. Für mich war es so.

      Einleitung

       Ein alter Cherokee-Indianer lehrt seinen Enkelsohn etwas über das Leben:

      „In meinem Inneren tobt ein Kampf“, sagte er zu dem Jungen.

       „Es ist ein schrecklicher Kampf zwischen zwei Wölfen. Der eine ist Wut, Neid, Kummer, Bedauern, Habgier, Hochmut, Selbstmitleid, Schuld, Groll, Minderwertigkeitsgefühl, Lügen, falscher Stolz, Überheblichkeit und Ego.“

      Er fuhr fort: „Der andere ist Freude, Frieden, Liebe, Hoffnung, heitere Gelassenheit, Demut, Güte, Wohlwollen, Empathie, Großzügigkeit, Wahrheit, Mitgefühl und Vertrauen.

       Derselbe Kampf spielt sich auch in dir ab – und in jedem anderen Menschen.“

       Der Enkel dachte einen Moment über diese Worte nach und fragte dann seinen Großvater: „Und welcher Wolf gewinnt?“

       Der alte Cherokee erwiderte nur: „Der, den du fütterst.“

      Eine Indianerlegende1

      In diesem Buch geht es darum, zu lernen, den gütigen Wolf zu füttern.

      Mitgefühl ist immer auch mit dem Wunsch verbunden, andere mögen frei von Leiden sein, sowie mit der Hoffnung, dieses Leiden lindern zu können. Es gibt viele Gründe, Mitgefühl zu nähren. Vielleicht haben wir das Leiden in der Welt beobachtet und wurden davon berührt. Vielleicht kämpfen wir seit Längerem mit einem Gefühl der Unzufriedenheit und suchen nach Wegen, unserem Leben einen Sinn zu geben. Vielleicht ist uns bewusst geworden, dass wir uns auf eine Weise verhalten, die nicht mit unseren inneren Werten übereinstimmt, und wollen das ändern. Vielleicht wurden wir inspiriert durch einen Menschen, der Mitgefühl, Güte, Beständigkeit und Rücksichtnahme lebt, und möchten mehr wie er oder sie sein. Vielleicht wollen wir unsere Beziehungen zu anderen verbessern, Konflikte ausräumen und warmherziger und gütiger werden. In einer Welt voller Probleme, Herausforderungen und Leiden wollen wir vielleicht Teil der Lösung werden. Und um dahin zu kommen, müssen wir bei uns selbst anfangen.

      Wenn wir lernen, mitfühlend zu sein, lernen wir gleichzeitig, weniger selbstbezogen, eifersüchtig und konkurrenzorientiert zu sein und uns mehr auf unser Wohlergehen und das aller anderen Wesen zu fokussieren. Wenn wir aus einer mitfühlenden Haltung heraus handeln, aus dem Wunsch, alle Wesen mögen glücklich und frei von Leiden sein, sind wir eher in der Lage, fürsorglich mit uns selbst und anderen und der Welt umzugehen.

      Die meisten Menschen sind im Alltag eingespannt und denken, sie hätten weder den Raum noch die Zeit, Mitgefühl zu praktizieren. Doch selbst in stressigsten Phasen können wir Mitgefühl in unser Leben bringen. Mitgefühl zu kultivieren bedeutet nicht, dass wir unserem Leben noch etwas hinzufügen müssen, es bedeutet, dass wir etwas ändern: nämlich unser Verständnis für und unseren Umgang mit uns selbst, mit anderen Menschen und all dem, was wir bereits tun.

      Wir haben dieses Buch in Form einer Reihe relativ kurzer Beiträge gestaltet. Einige enthalten Gedanken über Mitgefühl, einige stellen Methoden für das Entwickeln von Mitgefühl und den damit verbundenen Stärken vor und andere beschäftigen sich eingehender mit unseren Gefühlen und unseren Möglichkeiten, sie zu verstehen und mit ihnen zu arbeiten. Wenn Sie Ihr Herz für Mitgefühl öffnen, beginnt sich Ihr Leben zu verändern. Der Drang, andere niederzumachen, weicht dem Wunsch, für andere zum Segen zu werden; Gefühle der Isolation und Getrenntheit weichen dem Gefühl der Verbundenheit. Indem wir lernen, unsere Gefühle zu akzeptieren – auch die negativen wie Eifersucht und Wut –, hören wir auf, uns dafür zu beschuldigen, und können besser mit ihnen umgehen. Während wir unsere Empathie, unsere Zuneigung und unser Mitgefühl für andere vertiefen, stellen wir fest, dass unser Bedürfnis, zu urteilen und zu kritisieren, schwindet und durch den Wunsch ersetzt wird, sie zu verstehen und ihnen zu helfen. Mitgefühl ist eine Tür zum Glücklichsein, zu emotionaler Stabilität und guten Beziehungen.

      Unser Ansatz

      Dieses Buch hat zwei Autor(inn)en: Der eine ist klinischer Psychologe und die andere eine buddhistische Nonne. Als ich (Russell) darüber nachdachte, ein Buch mit kurzen theoretischen Beiträgen sowie praktischen Methoden zum Entwickeln von Mitgefühl herauszubringen, wollte ich sowohl aus dem Wissen der westlichen Psychologie als auch der buddhistischen Tradition schöpfen, denn beide versuchen, das menschliche Leiden zu verstehen und zu lindern. Ich stellte mir vor, wie großartig es sein müsste, einen buddhistischen Lehrer oder eine Lehrerin als Koautor/ in zu haben. Glücklicherweise kannte ich genau die richtige Person. Da ich die Gemeinschaft Sravasti Abbey besucht und in meinem Bemühen, Mitgefühl zu entwickeln, enorm von ihren Schriften, Lehren und den dort gelebten Werten profitiert hatte, war ich begeistert, als die Ehrwürdige Thubten Chodron sich einverstanden erklärte, mich auf dieser Reise zu begleiten. Mein Anliegen ist es, zu zeigen, dass Buddhismus und Psychologie gemeinsam auf dasselbe Ziel hinarbeiten können: uns zu helfen, mit offenem Herzen zu leben, Güte und Mitgefühl für uns selbst und andere zu entwickeln, auch und gerade in einem von Hektik und Stress geprägten Alltag. Mitgefühl ist etwas, das wir in jeden Moment unseres Lebens hineinbringen können, und sowohl die uralten Traditionen des Buddhismus als auch die heutigen Ansätze der Psychologie können, wie Sie noch sehen werden, viel zu diesem Bemühen beitragen.

      Und obwohl es einige Berührungspunkte zwischen diesen beiden Wegen gibt, bietet jeder Bereich seine eigenen, einzigartigen Perspektiven. Wir fanden es aufregend, diese Traditionen miteinander zu verbinden.

      Für uns beide ist Mitgefühl ein hohes Gut, wir versuchen, es in unserem Alltag zu leben, und bemühen uns, mit anderen zu teilen, was wir darüber wissen und damit erlebt haben. Wir beide haben großen Respekt vor Menschen – seien sie bekannt oder nicht –, die leuchtende Beispiele für gelebtes Mitgefühl sind. Beide haben wir sehr von den buddhistischen Lehren über Mitgefühl profitiert und haben Ansätze der westlichen Psychologie zum Entwickeln von Mitgefühl in unserem eigenen Leben und als Lehrer genutzt.

      Wir denken, dass es in unserer Herangehensweise auch interessante Unterschiede gibt. Chodron, eine Nonne in der Tradition des tibetischen Buddhismus, nähert sich dem Thema Mitgefühl hauptsächlich aus einer spirituellen Perspektive: Sie studiert und praktiziert seit Jahrzehnten die Lehren des Buddha und großer buddhistischer Meister. Diese Lehren beschreiben Schritt für Schritt Methoden, um über Wut hinauszugehen, Vergebung zu kultivieren sowie bedingungslose Liebe und Mitgefühl für alle Wesen zu entwickeln.

      Als klinischer Psychologe und durch meine Arbeit als Therapeut, Forscher und Universitätsprofessor, der sich auf Bereiche wie emotionale Störungen, Achtsamkeit, Wut und Compassion Focused Therapy spezialisiert hat, betrachte ich (Russell) die Dinge mehr aus der wissenschaftlichen Perspektive der westlichen Psychologie. Das zeigt sich auch darin, wie ich mich dem Thema Mitgefühl nähere: Ich betone die Rolle, die das entwickelte Gehirn bei der Entstehung unserer emotionalen Reaktionen spielt, und beziehe auch die Praxis der Achtsamkeit ein, so wie sie gegenwärtig in der westlichen

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