Der Tote in der Hochzeitstorte. Thomas Brezina
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Читать онлайн книгу Der Tote in der Hochzeitstorte - Thomas Brezina страница 8
Veronika kehrte aus der Küche mit der Hauptspeise zurück: Gemüselasagne mit Räucherlachsröllchen. Während Lady Ross es sich schmecken ließ, schilderte Veronika ihre Pläne.
»Es sind zwei Vegetarier unter den Gästen. Daher habe ich Speisen gewählt wie die Gemüselasagne, die Sie heute essen. Ich kann sie mit und ohne Fleisch servieren. In der Küche wird mir eine junge Köchin helfen. Sie ist eher noch ein Lehrling, um ehrlich zu sein. Sie hat sich für die Wintersaison beworben, kann aber zum Glück schon früher kommen. Ich glaube, sie arbeitet derzeit in der Schweiz. Alles andere muss ich allein schaffen. Vier Gänge für acht Personen. Das ist die ganze Planung.«
Lady Ross deutete auf den großen Bissen, den sie auf der Gabel balancierte. »Ein hervorragendes Gericht, Kindchen. Genau wie die Suppe. Ich hoffe, Sie haben mich an den Tagen der Hochzeit auch eingeplant. Ich werde selbstverständlich nicht stören und notfalls in der Küche essen.«
»Nein, nein, das ist nicht nötig«, beeilte sich Veronika zu versichern. Sie hatte Lilo Schroll allerdings garantiert, dass das Hotel für andere Gäste gesperrt sein würde. Am besten war es, ihr die Situation mit Lady Ross zu erklären, die eine Nachbarin war, die seit mehreren Jahren jeden Tag zum Essen kam.
»Lesen Sie mir das Menü vor«, verlangte Lady Ross. Veronika hob den Zettel.
Die Vorspeise war ein Carpaccio von Roten Rüben, die in Alufolie gebacken wurden. Dazu gab es Mousse vom Kren und für alle Nicht-Vegetarier Räucherfisch.
Danach hatte Veronika eine Karotten-Ingwer-Suppe geplant. Die Hauptspeise war die Gemüselasagne mit oder ohne kleinen Rindersteaks und das Dessert eine Zitronencreme mit Himbeeren.
»Was ist mit der Hochzeitstorte?«, wollte Lady Ross wissen.
»Die ist das größte Problem, weil ich so eine schlechte Bäckerin bin. Ein dreistöckiges Kunstwerk gelingt mir nie. Ich werde eine aus dem Tal kommen lassen. Im Kühlhaus wird sie sich schon halten.«
Die Lady hatte fertig gegessen und tupfte sich wieder den Mund ab. »Kindchen, das Menü hört sich gut an. Nun aber wollen wir die Feier selbst durchbesprechen. Nur sechs Gäste und das Brautpaar klingt reichlich langweilig. Wenn sich zwei Gäste davon nicht ausstehen können, wird die Hochzeit die größte Pleite, die man sich vorstellen kann.«
Veronika sah sie erschrocken an. »Haben Sie da entsprechende Erfahrungen?«
Lady Ross schwenkte die Stoffserviette wie ein Lasso über dem Kopf. »Das will ich meinen. Wir haben den Landsitz meines verstorbenen Mannes früher öfter für Hochzeiten vermietet. Da habe ich einiges miterlebt. Bei einer Hochzeit hat das Brautpaar noch am selben Abend beschlossen, sich wieder scheiden zu lassen.«
»Das gibt es doch nicht. Wieso tun sie sich dann die Mühen einer Hochzeit an?«
»Der Stress hat die wahren Gesichter der beiden zutage befördert. Außerdem haben sie ihre Familien kennengelernt und die Aussicht, sie nun öfter sehen zu müssen, war ihnen unerträglich.«
»Langsam bekomme ich Zweifel an meiner Idee mit dem Hochzeitsschlössel«, gestand Veronika.
Mit großer Geste rief die Lady: »Ach, nur keine Panik! Es wird alles bestens klappen. Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen ein wenig zur Hand gehe und für das Unterhaltungsprogramm sorge.«
»Das würden Sie wirklich tun?«
»Mir ist doch ständig langweilig. Der Höhepunkt meines Tages ist das Essen bei Ihnen. Ich habe schon einige Ideen, die Ihre Gäste begeistern werden.«
»Vielleicht sollte ich das mit den Leuten vorbesprechen«, gab Veronika zu bedenken. »Sie haben sich ausdrücklich eine sehr private und ruhige Hochzeit gewünscht, ohne Band und Tanz.«
Während sie in ihrer kleinen Handtasche herumkramte, sagte Lady Ross: »Im Vorhinein wollen die Leute immer ein stilles Fest. Wenn es dann aber wirklich still ist, ist ihnen das auch nicht recht. Glauben Sie mir, ich kenne mich da aus.« Sie holte ein silbernes Zigarettenetui und ein Feuerzeug aus der Tasche. »Ich brauche meine Verdauungszigarette.«
Rauchen war im Hotel verboten und so erhob sich Lady Ross und ging in Richtung Terrasse. Die Seide ihres Abendkleides knisterte. Stil und gepflegtes Auftreten, hatte sie Veronika erklärt, wären an jedem Ort der Welt zu jeder Zeit angebracht. Daher erschien sie jeden Abend in einem anderen Kleid, eines feiner als das andere, und außerdem eingehüllt in eine Wolke aus Parfüm.
Weil die Terrasse im November nur nass und dunkel war, ließ Veronika die langen Vorhänge geschlossen. Mit einem energischen Ruck schob Lady Ross die Gardinen zur Seite und öffnete eine Glastür. Veronika brachte ihr den Pelzmantel nach, den sie nur ungern anfasste. Sie wollte keine Felle in den Händen halten, für die Tiere ihr Leben gelassen hatten.
»Danke, Liebes.« Die Lady hängte sich den langen Mantel über die Schultern und zündete eine Zigarette an. Tief sog sie den Rauch ein und ließ ihn durch die Nasenlöcher wieder entweichen. Sie lächelte vor sich hin. »Mir ist soeben die beste Überraschung eingefallen, die es auf einer Hochzeit geben kann. Stimmung ist garantiert und Ihre Gäste werden es Ihnen danken«, verkündete sie. Auf Veronikas weitere Fragen antwortete sie nur mit einem geheimnisvollen Lächeln.
DER CHAT
Freitag der Dreizehnte kann ein Glückstag sein, sagte sich Veronika immer wieder. Sie hatte dem Chat mit Mario an diesem Tag zuerst nicht zustimmen wollen. Da er aber davor keine Zeit hatte und der 13. der erste mögliche Termin war, hatte Veronika schließlich eingewilligt.
Du bist doch nicht abergläubisch?
hatte er ihr geschrieben.
Höchstens ein klein wenig.
hatte Veronika zugegeben.
In Wahrheit war sie sehr abergläubisch und der Grund dafür war der Einfluss ihrer Urgroßmutter. Urli, wie Veronika sie genannt hatte, kannte so ziemlich jede Bauernregel über das Wetter und es hatte Veronika schon als kleines Mädchen erstaunt, dass sich fast fast alle Vorhersagen ihrer Großmutter bewahrheiteten. Aus diesem Grund hatte sie von ihrer Urli auch einige Angewohnheiten angenommen, etwa, dreimal über die linke Schulter zu spucken, wenn eine schwarze Katze über den Weg lief. Aber nur von links nach rechts, denn dann bringt’s »Schlechts«. Von rechts nach links war egal.
Den 13. hatte die Urli immer im Haus verbracht, um sich vor Unheil und Unfällen zu bewahren. An einem Freitag den 13. verließ sie nicht einmal das Bett.
Diese Angewohnheiten hatten Veronika als Kind tief beeindruckt und hatten Spuren hinterlassen, die Veronika bis in ihr Erwachsenenleben geblieben waren.
»Heute ist ein guter Tag für mich«, murmelte Veronika immer wieder. Sie war nervös. Bei dem Gespräch mit Mario wollte sie alles richtig machen. Tief drinnen hatte sie ein Gefühl, er könnte endlich der Mann sein, nach dem sie so lange gesucht hatte. Seine Nachrichten waren kurz, aber witzig, stets herzlich und vor allem nie oberflächlich oder geschmacklos. Darin unterschied er sich wohltuend von vielen anderen Männern, die sie auf Datingplattformen bereits kennengelernt hatte.
In ihrer Wohnung angekommen, versperrte Veronika die Tür hinter sich. Ihre Eltern hatten die Angewohnheit, manchmal nach einem kurzen Anklopfen einfach ins Zimmer zu platzen. Das konnte sie wirklich nicht gebrauchen.
Die Wohnung war eine