Es existiert. Johannes Huber

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Es existiert - Johannes Huber

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geht, am Popo, an den Hüften, um den Bauch, Fettzellen bilden. Genau diese Fettzellen, die dann dafür verantwortlich sind, dass die Mutter die 140.000 Kilokalorien zur Verfügung hat, die sie für ihr Kind im Bauch und später zum Stillen braucht. Wie in der eigentlichen Schwangerschaft ist auch dieser Mechanismus eine sogenannte Insulinresistenz, die man in der Pubertät polyzystisches Ovar, kurz PCO, nennt.

      Das heißt, junge Mädchen machen quasi eine zuckerkrankheitsähnliche Lebensphase durch.

      Für kurze Zeit benimmt sich der Körper ganz und gar nicht normal. Keine Frage, dass das irritiert. Wenn sie diese kleinen Follikel, diese Zysten am Eierstock haben, fürchten viele Mädchen, nie wieder schwanger werden zu können. Diese Angst lässt sich leicht nehmen. Für das Wachstum ist dieser so gar nicht normale Zustand völlig normal. Das PCO ist bei jungen Mädchen von Natur aus mit einer diabetogenen Stoffwechsellage verbunden.

      Was in dem Alter aber vermutlich noch viel irritierender ist: In dieser zuckerkrankheitsähnlichen Lebensphase werden die Mädchen dick. So wie auch Diabetiker übergewichtig sind, denn genau dasselbe geht bei einer Insulinresistenz vor. Bloß wird sie nicht, wie in der Schwangerschaft, durch das Hormon Progesteron erzeugt. Bei jungen Mädchen ist das Testosteron dafür verantwortlich, also das männliche Hormon.

      Wie es im genial verzahnten menschlichen Bauplan so ist, sind wir damit sofort bei der Erklärung für ein weiteres Phänomen: die Akne in der Pubertät. Auch sie ist den männlichen Hormonen zu verdanken. Die Pickel sprießen nun gerechterweise bei Mädchen und Buben, während die Hormone ihrer eigentlichen Aufgabe nachgehen: aus der hohen Glukosekonzentration des Blutes Muskeln zu bilden. Aber das nur nebenbei.

      Um die komplizierten Vorgänge im Körper, die für die Entwicklung des neuen Menschen relevant sind, noch einmal auf einen Blick zu haben:

      Wir haben im normalen Leben heutzutage zwei Phasen, in denen die Zuckerkrankheit für die Erhaltung der Art notwendig ist. Damit wird die Energie zur Verfügung gestellt, die einerseits das Baby und anderseits der pubertierende Mensch brauchen. Wenn das allerdings überzogen wird, kommt es zu Problemen. In der Schwangerschaft zu Diabetes, und zwar dem richtigen Schwangerschaftsdiabetes, bei dem man mitunter tatsächlich Insulin spritzen muss.

      In der Pubertät ist das alles noch viel desaströser. Durch die falsche und übermäßige Ernährung kann die Insulinresistenz, eben das PCO, komplett aus dem Ruder laufen. Dann ist sie keine auf zwei oder drei Jahre konzentrierte Phase, sondern führt zu einem permanenten polyzystischen Ovar. Vor allem zu dem, was man heute in jeder Schule sieht: zum Übergewicht.

      Die Kinder werden, das lässt sich mit Worten nicht beschönigen, einfach fetter. In der Zeit der prädiabetogenen Insulin- und Glukoseintoleranz wandeln die jungen Menschen ihr intensives Essen zu sehr in Fettzellen um. Und schon wird ein für das Überleben notwendiger Prozess zur Pathologie.

      Wir haben einerseits Schwangerschaftsdiabetes, andererseits die pubertäre Übergewichtigkeit. Zwei Gründe, die dafür sorgen, dass die Kinder größer und dicker werden.

      Man kann es sich bei allem Überfluss, der heute herrscht, gar nicht mehr vorstellen, aber die längste Zeit lebten die Menschen nach einem kargen Prinzip. Im Normalfall gab es ausgesprochen wenig zu essen und zur Abwechslung eine Hungersnot. Sie pendelten zwischen Kaum-was und Gar-nichts. Menschheitsgeschichtlich gesehen, ist das erst gestern gewesen.

      Schließlich ging es den Leuten Gott sei Dank etwas besser. Sie konnten sich, wenn es gut ging, dreimal in der Woche ordentlich sattessen. Selbst bei dem, was üblicherweise im 21. Jahrhundert auf den Tisch kommt, kann aber nicht von gesunder Ernährung die Rede sein. Die kontinuierliche Möglichkeit, hochwertiges Essen zur Verfügung zu haben, gibt es noch nicht lange.

      Allerdings kam es in unserer Geschichte schon vor. Zuletzt vor 10.000 Jahren. Während der sogenannten neolithischen Revolution. Es erinnert dabei so einiges an die Gegenwart.

      Nur so als Hypothese:

      Wir leben in der Überflussgesellschaft des 20. und 21. Jahrhunderts in einer Phase, die der neolithischen Revolution sehr ähnlich ist. Mehr noch, die Parallelen sind bemerkenswert.

      Schauen wir einmal zurück, was sich da getan hat.

      Erstens: Ausgelöst wurde die neolithische Revolution durch eine Erderwärmung. So, wie wir sie jetzt haben.

      Zweitens: Damals hat der Mensch angefangen, aus der primitiven Sammlertätigkeit einen Intellekt zu entwickeln, der die Gemeinschaftsfähigkeit, das Gemeinwesen, möglich gemacht hat. Es entstand ein neuer Mensch.

      Drittens, und das ist naturwissenschaftlich gesichert: Es ist etwas explodiert. Das Gras.

      Gräser traten das erste Mal in der Kreidezeit auf, woraufhin sich das Erosionsverhalten des Festlandes positiv geändert hat. Dann hat die Erderwärmung ein besseres klimatisches Ambiente für das Gras geschaffen und es damit zur Vollblüte gebracht. Aus dem Gras entstanden Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, der Reis und der Mais. Auf einmal hatte der Mensch hochwertige Nahrung zur Verfügung, die er sich davor gar nicht ausdenken hätte können. So wie wir jetzt.

      Es war der Eintritt in eine neue Evolutionsphase des Menschen. Interessanterweise gleich in drei verschiedenen Erdteilen, und immer war es das Gras, das daran beteiligt war. Der Reis in Asien ist nichts anderes als eine Grassorte. Der Mais in Südamerika ist nichts anderes als ein Gras. Weizen, Roggen und Gerste sind ebenfalls Formen des Grases.

      Gras, wird sich vielleicht jetzt jemand denken. Meine Güte, was regt er sich so auf. Gras. Na und? Vom Standpunkt des damaligen Menschen konnte man sich gar nicht genug aufregen. Was uns heute so geläufig ist, war zu der Zeit eine Sensation.

      Das Gras hat sich durch etwas ganz Besonderes ausgezeichnet, was die anderen Pflanzen nicht hatten. Es war sehr kohlenhydratreich. Wenn wir uns den Weizenkeimling hernehmen, als hätten wir ihn noch nie gesehen, oder auch den Reis oder den Mais, den man einfach so essen kann, dann halten wir eine Kostbarkeit in Händen. Kohlenhydrate in Höchstform. Ein Turbo für die Hirnentwicklung.

      Davor haben sich die Leute von Fleisch ernährt, das sie mühsam zur Strecke bringen mussten. Oder von Wurzeln, die sie irgendwo gefunden haben. Beides hatte wenig Kohlenhydrate. Das eine war Eiweiß, das andere mehr Zellulose. Auf einmal gab es Kohlenhydrate, noch dazu in Mengen. Als hätten sie zum ersten Mal einen Berg Nudeln gesehen, so muss das gewesen sein.

      Im Nachhinein betrachtet, ist es von diesem Nudelberg bis zum darauffolgenden neuen Menschen ein Katzensprung gewesen. Ein bisschen Ackerbau, ein bisschen Getreide ernten, ein bisschen Fladenbrot backen, ein bisschen Gerstenbrei essen, und auf einmal war die Jungsteinzeit von lauter Intellektuellen bevölkert. Mit ihrem plötzlich so scharfen Verstand entschieden sie, dass sie nicht weiter durch die Gegend trampen mussten, immer auf der Suche nach Wurzeln fürs Frühstück, immer auf der Spur von Tieren zum Nachtmahl.

      Überhaupt brauchten sie nicht mehr auf Achse zu sein. Das Getreide wuchs immer an derselben Stelle, so ein Feld bewegte sich nicht. Daher brauchte sich auch der Mensch nicht mehr zu bewegen und wurde sesshaft. Er säte und erntete und lebte wunderbar von dem, was um ihn herum aus der Erde schoss. Es war reichlich. Es deckte den Bedarf einer zehnköpfigen Gruppe, die immerhin drei Kilo Getreide pro Tag verdrückte. Die Menschen hielten die neolithische Revolution für eine gute Sache.

      Kein Wunder. Sie veränderten sich. Sie wurden größer. Sie entwickelten ein Hirn, das fähig war, einen sozialen Zusammenhalt zu schaffen. Und wieder zeigen sich Parallelen zur Gegenwart. So eine ähnliche Situation haben wir heute wieder. Unser Gras ist die Wohlfahrtsgesellschaft. Sie macht es möglich, ihre Güter überall zu verteilen und den Menschen tagtäglich ausreichend Kohlenhydrate und auch genug Kalorien zur Verfügung

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