Es existiert. Johannes Huber
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Irgendwie erinnert das an René Descartes’ Cogito ergo sum. Ich denke, also bin ich. Diesen ersten Grundsatz hat der Philosoph nach radikalen Zweifeln an der eigenen Erkenntnisfähigkeit als fundamentum inconcussum, also als nicht weiter kritisierbares unerschütterliches Fundament 1641 in seinem Werk Meditationes de prima philosophia formuliert und methodisch begründet.
Dieses Irgendwann ist mit dem Erreichen einer gewissen Neuronen-Zahl gekoppelt. Als das menschliche Gehirn hundert Milliarden Neurone beisammen hatte, war wahrscheinlich der entscheidende Evolutionssprung erreicht. Die Zahl hat der Physiker Walter Thirring für die Physik errechnet, ein Österreicher, der bei drei Nobelpreisträgern studierte. In Dublin war er Schüler bei unserem Erwin Schrödinger, berühmt durch seine Gleichung und die Katze, in Göttingen war er Schüler bei Werner Heisenberg, berühmt durch seine Unschärfe, und in Princeton war er der letzte Schüler Albert Einsteins. Thirrings Hundert-Milliarden-Zahl beruht darauf, dass wir rund hundert Milliarden Galaxien im Kosmos haben. Jede Galaxie hat rund hundert Milliarden Sterne, und der Schritt zum Selbstbewusstsein und zum Wissen, dass man selbst existiert, ist erreicht worden, als unsere Neurone die Hundert-Milliarden-Grenze überschritten haben.
Das Selbstbewusstsein, das Wissen, dass man selbst lebt, ist durch diese Place Cells möglich geworden. Das heißt: Die Anzahl der Neurone gibt sehr wohl Auskunft über die Fähigkeit des Menschen. Wir können nur das erkennen, was vorher unseren Geist imprägniert hat.
Oder, wenn man es unromantisch ausdrücken will: Je mehr Neurone, desto besser.
Was die Place Cells für den Ort sind, gibt es übrigens auch für die Zeit, die sogenannten Time Cells. Wir haben in unserem Gehirn einen Geonav, der uns sagt, wo wir sind oder waren, und einen Chronometer, der uns sagt, zu welchem Zeitpunkt wir an welchem Ort sind oder waren. Der Sonnenstand gibt uns die Information. Wir bilden die Umwelt schon sehr genau in uns ab.
Damit wäre es ohne weiteres denkbar, dass wir nicht nur jetzt die Dreidimensionalität eines Ortes erkennen, sondern unterbewusst auch Strahlungen, die von dort ausgehen, oder Spannungsgefälle, die von Ort zu Ort unterschiedlich sind. Auf diesem Mechanismus beruht dann möglicherweise auch die Magie, die wir gewissen Orten zuschreiben.
Die Heimat zum Beispiel, der Ort, an dem jeder von uns geboren und aufgewachsen ist, seine Kindheit verbracht und die ersten Prägungen erlebt hat, hat im Gehirn die ersten Place Cells erzeugt. Im Gegensatz dazu leiden Menschen, die im wahrsten Sinn des Wortes entwurzelt werden. So ein Herausreißen aus dem Ort der Herkunft kann bis zu schweren Erkrankungen führen. Es kann sein, dass man sich nie wieder wo daheim fühlt. Es kann aber auch sein, dass man sich mithilfe der Place Cells in einer neuen Heimat etablieren kann.
Der eine wie der andere Ort kann eine magische Kraft ausstrahlen, die von unserem Körper bis zu einem gewissen Grad registriert wird. Große Wallfahrtsorte wie Stonehenge oder die Kathedrale von Chartres sollen an besonderen, strahlenden Punkten der Erde errichtet worden sein. Es ist ohne weiteres möglich, dass wir die Qualität eines solchen Ortes über das Unterbewusstsein in uns speichern können.
Die Verbundenheit mit den Orten, an denen wir leben, gibt dem Menschen eigentlich den klaren Auftrag, mit seiner Umwelt extrem vorsichtig umzugehen. Die Umwelt ist nicht nur deswegen so wichtig, weil wir alle kaputt gehen, wenn die Umwelt kaputt geht, sondern weil wir einen Spiegel dieser Umwelt in uns tragen.
Zerstören wir die Natur, zerstören wir auch dieses System der geordneten Place Cells, die uns von Natur aus begleiten. Wenn wir nur noch in einer Betonwüste leben, leben wir in einer uns völlig fremden Umgebung. Einmal ganz abgesehen von irgendeiner Ästhetik. Wir werden allein deshalb nicht gern dort leben, weil diese karge, fremde, graue Betonwelt nicht unserem Place-Cell-Muster entspricht. Wenn jemand am Land aufwächst und dann irgendwo arbeiten muss, wo es keinen einzigen Baum mehr gibt, bringt das das innere Abbild der Natur, die er kennt, desaströs durcheinander.
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