Es existiert. Johannes Huber
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Ist es nicht eine absurde Theorie, die man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte? Die Unsitte, Fastfood in sich hineinzustopfen, kann dafür sorgen, dass sich ein besseres Gehirn ausbildet. Einmal ganz bildlich gesprochen.
Und doch ist was dran.
Die Ernährung ist einer der Hauptgründe für die Evolution. Jeder Eindruck verändert und beeinflusst unser Genom. Am stärksten natürlich das, was wir zu uns nehmen, was wir inhalieren, was das Genom des Stoffwechsels beeinflusst. Das prägt am nachhaltigsten. Der Mensch ist, was er isst, man kann es nicht oft genug sagen.
Drängt sich natürlich die nächste Hoffnung auf: Könnte das die Menschen auch ein Stück besser machen?
Meine Antwort ist: Ich weiß es nicht.
Aber es ist ohne weiteres möglich.
Ich möchte es gern mit dem französischen Jesuiten, Theologen und Naturwissenschaftler Pierre Teilhard de Chardin halten, der sagte, er habe durch seinen Glauben an Gott eine positive Welthaltung einnehmen können. Ihm zufolge wird sich alles ins Positive entwickeln. Was für ein schöner Gedanke, an den es sich zu glauben lohnt. Auch wenn es im Augenblick, das muss ich sagen, nicht sonderlich danach aussieht, aber das hindert uns nicht am Hoffen.
Ändert sich mit der Größe des Gehirns die Anzahl der Neurone, ändern sich auch die Mentalität und die Psyche der Menschen. Dann ist der Mensch in Zukunft vielleicht empathischer und hat eine größere soziale Bindung.
Warum nicht?
Mit dem Gehirn eines neuen, besseren Menschen gedacht, gibt es jedenfalls kaum einen anderen Weg, als dass sich die Kulturen angleichen und zu verstehen lernen. Dass diese aggressive Form des Islam nur eine Durchgangsphase ist. Dass sich sowohl die Religionen, wie auch die unterschiedlichen sozialen Schichten aufgrund eines verbesserten Gehirns mit mehr sozialer Kompetenz zu einem friedlichen Zusammenleben finden. Nur so als eine Hypothese.
Auch dafür würde einiges sprechen. Die Intelligenz wird steigen, und dadurch werden die Menschen offener sein. Selbst ein Wirtschaftsforscher wie John Maynard Keynes, einer der Größten auf seinem Gebiet, sagt, dass dieses Streben eines jeden, immer mehr zu haben und den eigenen Besitz so in den Vordergrund zu stellen, in der Wirtschaftsordnung nicht mehr haltbar sein wird. Möglicherweise haben auch die Grünbewegungen Recht, dass die Güterverteilung ein Zukunftsmodell ist. Teilhard de Chardin würde ihnen gern zustimmen. Es würde zur Offenbarung des Johannes passen und seiner Vision des Himmlischen Jerusalem, das nach dem Ende der Apokalypse entstehen wird.
Im Sinne einer hoffnungsvollen Weltsicht ist die Vorstellung schon sehr reizvoll, dass es nicht nur gesellschaftliche Veränderungen sind, die einen friedlichen Wandel erzwingen, sondern dass auch das Gehirn des Menschen ein anderes sein und dazu beitragen wird, dass die Menschheit doch einmal friedlicher zusammenleben kann.
Natürlich mangelt es in der Menschheitsgeschichte nicht an furchtbaren und hochkriminellen Ausreißern. Diktatoren, Tyrannen, Usurpatoren. Aber selbst auf dem Gebiet gab es eine Evolution. Genauso, wie die Menschen seit der Steinzeit immer größer geworden sind, so haben sie langsam immer mehr begriffen, dass es so etwas wie Gebote geben muss, an die man sich hält. Gerade in den vergangenen Jahrzehnten hat da, ähnlich wie bei der Körperform, ein Sprung stattgefunden.
Zumindest in Mitteleuropa sind wir heute in einer Zeit angekommen, die vor hundert Jahren noch nicht existent, nicht einmal denkbar war. Konkret, dass jeder Vertreter jeder Partei und jeder Weltanschauung sagt: Das, was wir unter keinen Umständen wollen, ist Krieg. Wir sind für eine soziale Gerechtigkeit, und wir sind dafür, dass die Menschen in Frieden leben können.
Das ist eine enorme Evolution. Es ist nicht Programm einer Partei, es ist das, was die Briten common opinion nennen. Öffentlich geteilte Meinung. Gemeinsame Überzeugung. So etwas gab es vor hundert Jahren nicht. Selbst die Intellektuellen, die geistige Elite der Gesellschaft, sind mit fliegenden Fahnen in den ersten Weltkrieg gezogen. Oskar Kokoschka, um nur ein Beispiel zu nennen.
Jemand könnte jetzt dagegen halten und diesen Fortschritt als viel wahrscheinlichere Erkenntnis aus den beiden Weltkriegen beschreiben. Auch nicht falsch. Es ist aber deshalb nicht auszuschließen, dass der Mensch durch ein sozialeres Gehirn verstanden hat, dass es so etwas nicht mehr geben darf. Geschichte und Erfahrung spielen zusammen und nähren einen Evolutionsprozess.
Die Evolution agiert nicht zufällig, per random, wie die Neodarwinisten angenommen haben. Die Evolution geht in eine vorgegebene Richtung, aber sie orientiert sich an dem, was sie vorfindet. In welche Richtung sich der neue Mensch entwickeln wird, wird in den nächsten Jahrzehnten deutlich zu sehen sein.
Die Gesellschaft, und das ist ein naturwissenschaftlich-physiologischer Gedanke, ist dabei sehr gefordert. Denn wenn ein neuer Mensch entsteht, ist das kein völlig isolierter Prozess. Der neue Mensch orientiert sich auch an der Umwelt. Und er ist abhängig von dem, was common opinion ist. Zeichnet die Gesellschaft eine humane Welt vor, nimmt der neue Mensch mit seiner neuen Intelligenz an ihr Maß. Er hält an den alten Vorstellungen der vorhergehenden Generation fest und lässt sich auch human beeinflussen.
Wie immer das alles ausgehen wird: In dieser Transformation sind wir gerade.
2
Essen, spielen, reisen
Die drei Pfeiler des neuen Menschen
Er wird genährt.
Sein Gehirn wächst.
Er spielt sich mit Elektronik.
Sein Gehirn wird schnell.
Er reist.
Sein Gehirn produziert mehr Neuronen.
Von Place Cells und anderen Sensationen.
An dem Thema Ernährung haben wir uns gerade satt gegessen. Neolithische Revolution, Kohlenhydrate, Insulinresistenz. Wenn der Mensch gut zu essen hat, entwickelt er sich weiter. Die Ernährung thront an oberster Stelle der Veränderungen, die die Verwandlung des Menschen begünstigen, die derzeit im Gange ist.
An zweiter Stelle dieses Rankings der Eckpfeiler, auf denen der neue Mensch beruht, steht: die Elektronik. Ja, genau. Die Spielereien, mit denen sich heute schon die Dreijährigen beschäftigen.
In diesem Augenblick höre ich sie nahezu, die Seufzer der Enttäuschung: Jessas, jetzt kommt er uns damit daher. Ich sehe es förmlich vor mir, wie der eine oder andere Leser die Augen verdreht und denkt: Was tischt er uns denn da auf? Ganz was Neues, die Elektronik, Teufelszeug des Computerzeitalters, verdirbt die Seele unserer Töchter und Söhne, entwöhnt sie von der Natur, verkleinert die Kindheit auf Bildschirmformat. Es gibt keine Vorteile, wo nicht auch Nachteile sind.
Es ist aber gar nicht diese Diskussion, auf die ich mich hier einlassen will. Egal, wie wir die Elektronik, mit der wir heute von klein auf leben, beurteilen. Ob wir sie für gefährlich, bedenklich, entbehrlich und verderblich halten, oder ob wir sie begrüßen und ihr verfallen sind, uns von ihr überfordert fühlen und sie zu verweigern versuchen. Sie ist da, und sie hat einen Einfluss auf unser Gehirn.
Elektronik ist schnell, sie fordert schnelle Reaktionen. Unser Leben hat sich in den vergangenen Jahrzehnten um das 39-Fache beschleunigt. Von der Geduld, die die Menschen früher von dem Moment an brauchten, da sie einen Brief geschrieben,