Die weise Schlange. Petra Wagner

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Die weise Schlange - Petra Wagner

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jahrelanger Übung automatisch an die Münder. Erst, als der Berg auf Vivianes Löffel nur noch ein Hügelchen war und sie ihn mit einem gezierten: „Deliziös!“ in den Mund schob, fiel ihnen auf, dass sie das Trinken vergessen hatten.

      Schnell schlürften sie gierige Schlucke aus ihren Bechern und hätten beinahe wieder alles ausgespuckt, als Viviane den Löffel mit langer Zunge abschleckte.

      Viviane sah aus den Augenwinkeln, dass die beiden sie mit Blicken verschlangen, und schob einen winzigen Klecks Eiweiß wieder zurück auf den Löffel, um ihre Zungenspitze noch einmal darüber gleiten zu lassen. Bohne biss fast in seinen Becher, Kohlkopf tropfte der Schweiß von der Stirn, Merdin fläzte sich noch römerhafter auf seinem Stuhl und hatte schon halb die Augen zu.

      „Wirklich hervorragend!“ Beschwingt tauchte sie ihren Löffel wieder tief in „dies schaumige Vergnügen!“

      Oh ja, es war wirklich ein Vergnügen gewesen, befanden die beiden Römer, sobald sie allein am Tisch saßen. Mit glasigen Augen bestellten sie noch einen Krug Wein und einen dritten, denn Viviane hatte ihnen reichlich Sesterzen dagelassen. ‚Eine kleine Vergeltung für die Mühen, die sie verursacht hatte‘, so waren ihre Worte gewesen. Und sie hatte darauf bestanden, einen doppelten Aureus für die Schiffspassagen zu bezahlen. Ein Binio müsse sein, denn was man von anderen bekomme, müsse man immer ordentlich vergelten, am besten doppelt, wenn man es schaffte. Dabei hatte Viviane süffisant gelächelt und den Binio mit spitzen Fingern überreicht, damit die Prägung von Nero im Profil auch gut zu sehen war.

      Leider kam diese Römerin nicht wieder zurück – als Appetithäppchen wäre sie hervorragend geeignet – aber sie waren auch mit einer neuen Ladung Sklavinnen als schlichte Hauptspeise zufrieden. Sie grinsten sich an und bestellten noch einmal Wein, den besten, unverdünnt.

      Viviane und Merdin ritten unterdessen zum Anleger, wo der Kapitän des Schiffes schon zu ihrem Empfang bereitstand. Allerdings schien er etwas anderes erwartet zu haben, denn bei Vivianes Anblick geriet er arg ins Wanken.

      „Mein … meine Schöne, du bist so jung“, stotterte er fassungslos. „I… ich habe nicht erwartet …“ Er ruderte mit den Armen, als bräuchte er unbedingt Rückenwind.

      „Ach. Was hast du denn erwartet?“, trällerte Viviane in bester latinischer Mundart und beugte sich von ihrer kleinen Stute zu ihm hinüber. „Eine hässliche alte Jungfer, die ihren kranken Onkel noch einmal lebend sehen will, und die deshalb auf einem Sklavenschiff mitschippern muss, weil gerade nichts Besseres vor Anker liegt? Oder eine hässliche alte Jungfer, die auf besagtem Sklavenschiff mitschippert, damit sie noch rechtzeitig einen Gatten abkriegt, bevor sie vertrocknet?“ Sie stach einen rot lackierten Fingernagel unter sein Kinn und klappte ihm den gerade zum Protest ansetzenden, weit aufgerissenen Mund zu. „Nun ja. Eine Jungfer bin ich. Doch wie du siehst, brauche ich mir ansonsten keine Sorgen zu machen. Oder was denkst du?“

      „Oh nein, ich denke gar nichts! Ich dachte auch gar nichts“, beteuerte der Kapitän. Er schüttelte vehement den Kopf, obwohl Vivianes Finger immer noch unter seinem Kinn steckte und sie genau das ausgesprochen hatte, was er wirklich gedacht hatte. „Ich war nur …“ Er riss die Hände hoch und bettelte fast: „Schönste der Schönen, schau mich bitte nicht so tadelnd an! Und versteh mich bloß nicht falsch! Es ist alles für eure Reise vorbereitet. Ich habe ein Zelt an Deck und genügend Platz für die Pferde …“ Hastig schielte er zu Merdin, konzentrierte sich jedoch gleich wieder auf Viviane. „… und ich bin begeistert von deinem Liebreiz! Doch du kannst unmöglich auf meinem Schiff mitfahren! So gerne ich das auch hätte!“ Mit einem entschuldigenden Lächeln sah er zu Merdin. Um ihn machte er sich offensichtlich keine Sorgen.

      „So, so.“

      Viviane zog ihre Hand zurück und glitt von ihrer Stute. Ehe sich der Kapitän das Kinn reiben konnte, hatte sie ihm drei Finger darum gekrallt und fauchte: „Ich bin es nicht gewohnt, abgewiesen zu werden. Gerade eben wurde mir von höchster Stelle versichert …“

      „Das ist kein abschlägiger Bescheid, oh schönste aller Römerinnen!“, quiekte der Kapitän und deutete rasch auf sein Schiff. „Es liegt an den anderen Weibern! Du kannst unmöglich mit diesen dreckigen Barbarenweibern auf einem Schiff hausen. Sie schreien und kreischen und jaulen. Ich fürchte um deine Sicherheit! Du bist so jung, du bist so schön!“

      „Wenn ich also eine hässliche alte Jungfer gewesen wäre, hättest du damit kein Problem?

      Ts, ts, ts.“ Viviane spitzte die Lippen und beugte sich ganz nah an den Kapitän heran.

      „Da, wo ich herkomme, habe ich schon viele Barbarenweiber schreien hören. Sie können von mir aus nackt und von Kopf bis Fuß beschmiert sein; sie können toben und kreischen so viel sie wollen; Hauptsache, ich komme schleunigst an mein Ziel. Ansonsten …“

      Sie deutete auf Merdin, der mittlerweile ebenfalls vom Pferd gestiegen war und nun mit der Hand auf dem Schwertknauf neben sie trat.

      „Zenturio“, jaulte der Kapitän und sprang rückwärts, wodurch Viviane lächelnd sein Kinn freigab. „Gut, gut. Wenn dir die Umstände nichts ausmachen und für deine Sicherheit gesorgt ist …“ Er machte eine hastige Verbeugung und bedeutete Viviane, sie dürfe nun an Bord gehen.

      Sie reckte Kinn und Nase in die Höhe, stolzierte an ihm vorbei und trällerte gelangweilt:

      „Mein teuerster Bruder wird sich um den Rest kümmern.“

      „Den Rest?“ Der Kapitän wusste nicht, was er tun sollte – auf Vivianes Wölbungen vorne starren, die sich unter ihren feinen Gewändern abzeichneten, oder auf deren Faltenwurf, der so neckisch auf ihrem Hinterteil wippte, oder …

      „Schluss mit Müßiggang! Fracht an Bord! Flut setzt bald ein!“

      Der Kapitän zuckte zusammen und starrte verständnislos auf Merdin. Dieser wedelte ungeduldig mit der Hand in Richtung zweier Fuhrwerke, die mit Stroh-, Heuballen und Fässern beladen am Flussufer warteten. Sofort sprangen etliche Träger herbei, die bis jetzt im Schatten einer Weide herumgelungert hatten.

      Nun wusste der Kapitän auch wieder, was zu tun war. Er eilte über das Deck seines Schiffes, um den Männern eine gute Stelle für den provisorischen Pferdepferch zu zeigen. Abrupt blieb er stehen und geriet schon wieder ins Wanken.

      Viviane war längst dort. Sie stand genau an der richtigen Stelle und deutete gebieterisch auf die Planken. Sie bestimmte, in welchem Abstand die Ballen und Fässer aufgestellt wurden. Sie bestimmte, welches Stroh aufgeschüttet und welcher Deckel geöffnet wurde. Sie führte ihre kleine Stute höchstpersönlich in den provisorischen Pferch und legte ihr Heu vor. Wahrscheinlich hätte sie ihr auch noch den prächtigen Sattel abgenommen, wenn sich nicht eine Hand auf ihren wohlgeformten Arm gelegt hätte.

      Als wäre er gerade aus tiefem Schlaf erwacht, starrte der Kapitän von der Hand des Zenturios zu Vivianes Schmollmund hinauf und krächzte: „Schönste aller Römerinnen! Darf ich dir das Zelt zeigen?!“

      „Das Zelt? Selbstverständlich. Sehr gerne.“

      „Wunderbar“, jauchzte der Kapitän und war schon drauf und dran, Viviane von ihrer Stute wegzuziehen, bis ihm einfiel, dass seine Finger an ihr nichts zu suchen hatten. Zu seinem größten Vergnügen kam Viviane freiwillig an seine Seite, ja, sie rückte so dicht auf, dass er glückselig frohlockte: „Ich habe es am Heck aufgestellt. Windgeschützt, weitab von jeglicher Dekadenz, ich meine, jeglicher Unannehmlichkeit. Was ich damit sagen will …“

      Er wurde leicht verlegen und flüsterte: „Ich muss dich darum bitten, dortzubleiben,

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