Die Rede von Jesus Christus als Glaubensaussage. Группа авторов

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Bereits in seiner Schrift »Pia desideria« (»Fromme Wünsche«) von 1675, in der sich seine Auffassungen zur Situation der Kirche sowie seine Vorstellungen zur Verbesserung der kirchlichen Zustände programmatisch niedergeschlagen haben, hatte er die Förderung der religiösen Subjektivität des einzelnen Christen angemahnt, namentlich in Gestalt einer durch Privatlektüre und die Einrichtung von Lesekreisen intensivierten Beschäftigung mit der Bibel. Damit verbunden war eine Kritik an der geistlichen Bevormundung der Laien durch die kirchlichen Amtsträger, eine Bevormundung, die, so Speners Meinung, die reformatorische Betonung des Priestertums aller Gläubigen aushebelt und damit die christliche Freiheit konterkariert. Diese Auffassung brachte er insbesondere in seiner Schrift »Die Freyheit der Gläubigen« von 1691 zu Ausdruck, mit der er in die pietistischen Streitigkeiten in Hamburg eingriff, die dort aufgrund der instabilen politischen Verhältnisse zu teilweise massiven Gefährdungen der inneren Sicherheit geführt hatten.[25] Bei der Freiheitsschrift von 1691 handelte es sich um die Replik auf eine gegen Spener gerichtete Schrift, die vom antipietistisch gesinnten Hamburger Pastor Johann Friedrich Meyer verfasst worden war. Dieser hatte darin die Forderung der Unterzeichnung einer eidlichen Verpflichtungserklärung (Revers) durch die Hamburger Pastoren verteidigt. Die |66|Erklärung enthielt die Verwerfung bestimmter Lehren, derer er die pietistisch orientierten Amtsträger in Hamburg verdächtigt wurden.[26]

      »Aber es haben vor einiger zeit unterschiedliche rechtschaffene und das beste der kirchen redlich suchende leute / mit betrübnus wargenommen / wie sich auch bey uns auff unterschiedliche art etwas dieses päpstisch-gesinneten geistes hervor zuthun angefangen habe / wann das ansehen der menschen in glaubens-sachen wider das / was unsere bekantnus gleichwol mit sich bringet / ziemlich überhand nehmen will / und wo nicht einzelne Doctores, […] doch collegia die macht sich zuschreiben / in religions und glaubens-sachen / nicht |67|nur gutachten aus Gottes Wort andern vorzustellen / und dero prüfung willig zu unterwerffen (welches die rechte art in der wahren kirchen ist) sondern alles dermaßen außzumachen / daß dero außsprüche auch andere gewissen binden / ja wer sich nicht mit darzu verstehet / zu einem ketzer oder der brüderschafft verlustigt gemachet werden solle« (12: § 17).

      Spener hat also in den Versuchen der orthodoxen Hamburger Pastoren, eine die pietistischen Neuerungen zurückdrängende Verständigung über Lehre und Ordnung der Kirche zu erreichen, eine Kompetenzüberschreitung kirchlicher Amtsträger und einen Rückfall in den durch die Reformation überwundenen papistischen Gewissenszwang gesehen.

      2.2 Die normative Geltung der Bekenntnisschriften in der Aufklärungstheologie

      »[V]erständige Gemüther […] werden leicht einsehen, daß, da die menschlichen Erkenntnisse in neuern Zeiten in allen Wissenschaften höher gestiegen sind […], sich auch nothwendig die menschlichen Einsichten über diese und jene Lehrsätze des geoffenbarten Evangeliums […] verbessern müssen.« Eine schlichte Berufung auf »unsre grauen Vorfahren« ist daher ein unplausibles Argument für ein Festhalten am alten Bekenntnis. Vielmehr gilt nach Lüdke, »daß es uns zur Sünde angerechnet werden könne, wenn wir, denen mehrern Hülfsmittel in Erforschung der heiligen Schrift, als sie hatten, durch die göttliche Forschung gegeben sind, in dieser und jener theoretischen Lehre des Christenthums [hier ist zu ergänzen: nicht] von ihnen abgehen« (39–41).

      So wie schon Spener, in dessen Tradition sich der Aufklärer Lüdke explizit gestellt hat, den Hamburger Orthodoxen die Einführung eines neuen Papsttums vorgeworfen hatte, so kritisierte auch Lüdke im Blick auf die Hochschätzung der Bekenntnisse und die damit verbundene Verfestigung der (innerprotestantischen) Lehrdifferenzen,

      »daß wir ein neues Pabstthum unter uns einführen, einer freien und gewissenhaften Untersuchung der Wahrheit in der evangelischen Kirche Grenzen setzen, um bloßer Nebenmeinungen willen, ob wir gleich Brüder sind, unter uns Zank seyn lassen und in dem sektirischen Geiste der Korinther sprechen wollen: Einer, ich bin lutherisch, der andere ich bin calvinisch, der dritte ich bin christisch [vgl. I Kor 1,12]« (63).

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