Film- und Fernsehanalyse. Lothar Mikos

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Film- und Fernsehanalyse - Lothar Mikos

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eines Drehbuchworkshops die narrative und dramaturgische Struktur herausarbeitet. Dieses Beispiel macht auch deutlich, dass Analysen in der Regel in einem Verwendungszusammenhang stehen, der nicht nur wissenschaftlicher Art sein muss.

      Darüber hinaus muss jede Analyse, die nicht nur Einzelaspekte an Filmen und Fernsehsendungen untersucht, je nach Erkenntnisinteresse Theorien aus verschiedenen Disziplinen berücksichtigen. In diesem Sinn ist Film- und Fernsehanalyse notwendigerweise inter- und transdisziplinär: interdisziplinär, weil sie theoretische Annahmen verschiedener Disziplinen in einer Analyse zusammenführt; transdisziplinär, weil sie aus dem Wechselspiel zwischen Analyse und Theorie zu einer Transformation von Disziplingrenzen beitragen kann. Generell gilt der Satz von Hans J. Wulff (1999, S. 11): »Analyse ohne Theorie ist […] sinnlos, selbst dann, wenn sie die Eigenständigkeit des Beispiels gegen die Theorie zu verteidigen sucht.«

      Den Königsweg der Analyse gibt es nicht (vgl. auch Salt 1992, S. 27). Sie bedient sich verschiedener theoretischer Annahmen aus unterschiedlichen Disziplinen und verschiedener Methoden, die sich am Erkenntnisinteresse orientieren. Eine Film- und Fernsehanalyse ist nicht unabhängig von den Kontexten, in denen sie steht:

      »So ist also der analytische Zugang zum Film davon abhängig, welcher sozialen Praxis er dienen soll, welchen theoretischen Aspekt er favorisiert, im Rahmen welcher Forschungstendenzen er erfolgt, auf welche Phasen des schöpferischen, bedeutungsbildenden Prozesses er sich bezieht, welchen Ausschnitt innerhalb der medienkulturellen Beziehungen er wählt usw. Innerhalb jedes Bezugssystems findet sich jeweils ein Spektrum unterschiedlicher Möglichkeiten, so daß die analytischen Aufschlüsse bezüglich ihres Inhalts und Charakters variieren können« (Wuss 1999, S. 22).

      Jede Film- und Fernsehanalyse ist deshalb eingebunden in wissenschaftliche Diskurse, »sie steht genau in deren diskursiven Rahmenbedingungen« (Wulff 1998, S. 25), und sie ist eingebunden in die diskursiven Kontexte der jeweiligen Bezugsdisziplinen, aus denen heraus der perspektivische Zugriff auf ihren Gegenstand erfolgt. Was aber genau ist eigentlich der Gegenstand der Film- und Fernsehanalyse?

      Im Rahmen der vorgenommenen theoretischen Einordnung von Film und Fernsehen als Kommunikationsmedien können Gegenstand der Film- und Fernsehanalyse nur konkrete Filme und Fernsehsendungen sein, deren textuelle Struktur im Hinblick auf die Interaktion mit Zuschauern untersucht wird. Dabei kann es sich um ein Korpus von Filmen oder Fernsehsendungen handeln, das auf gemeinsame Merkmale oder differente Strukturen hin untersucht wird. Im Mittelpunkt der Analyse kann aber auch lediglich eine einzelne Szene aus einem Autorenfilm oder einer Gameshow stehen, an der exemplarisch textuelle Strukturen unter einem spezifischen Gesichtspunkt herausgearbeitet werden. Einzelne Film- oder Fernsehbilder sind – einmal abgesehen von Pausenzeichen, Senderlogos oder Wetterkarten – nicht Gegenstand der Analyse, weil es sich bei Film und Fernsehen um Medien des bewegten Bildes handelt. Das grenzt die hier vorgeschlagene Art der Analyse auch von bildwissenschaftlichen Verfahren ab (vgl. Frank/Lange 2010; Sachs-Hombach 2013 sowie die Beiträge in Sachs-Hombach 2005). Die Abfolge von Einzelbildern, die in ihrer chronologischen, linearen Reihung das Wesen von Film und Fernsehen ausmachen, steht im Zentrum der Analyse. Dabei können zwar Einzelbilder eine Rolle spielen, sie sind aber immer im Kontext der Bilder davor und der Bilder danach zu sehen. Gegenstand einer konkreten Analyse können z.B. einzelne Szenen oder Sequenzen eines Films, typische Szenen eines Samples von Genrefilmen, typische Eröffnungssequenzen von Autorenfilmen, einzelne Episoden von Gameshows, die Adaption einer britischen Realityshow für das deutsche Fernsehen, Beiträge von Magazin- oder Nachrichtensendungen, ganze Filme und Fernsehsendungen sowie eine Gruppe von Filmen und Fernsehsendungen sein. Letztere kann nach verschiedenen Kriterien gebildet werden, z.B. können alle Filme eines Regisseurs, alle Krimis öffentlich-rechtlicher Sender, alle Western zwischen 1930 und 1960, alle adaptierten Realityshows, alle HBO-Serien, die im deutschen Fernsehen zu sehen waren, oder alle Fußballsendungen einer Woche als Gruppen untersucht werden. Die Bestimmung des Gegenstands einer konkreten Analyse hängt eng mit dem Erkenntnisinteresse zusammen.

      Wenn davon ausgegangen werden kann, dass in der Analyse das allgemeine Interesse leitend ist, die Film- und Fernsehtexte in ihrer strukturfunktionalen Bedeutung für die Rezeption zu sehen, kann sich das konkrete Erkenntnisinteresse auf fünf Ebenen richten:

      – Inhalt und Repräsentation

      – Narration und Dramaturgie

      – Figuren und Akteure

      – Ästhetik und Gestaltung

      – Kontexte

      Jeder Film und jede Fernsehsendung kann auf diesen Ebenen untersucht werden. Dabei kann sich die Analyse auf eine einzelne Ebene beschränken, sie kann aber auch mehrere berücksichtigen. Jede Ebene steht in Bezug zu den anderen: Die Kontexte sind z.B. auf der Ebene der Narration und der Dramaturgie wirksam; die Ebene der Ästhetik und Gestaltung spielt eine wichtige Rolle für die Ebene des Inhalts und der Repräsentation; die Ebene der Figuren und Akteure ist eng mit der Ebene der Narration und der Dramaturgie verknüpft.

      Die genannten Ebenen lassen sich sowohl bei der Analyse fiktionaler wie dokumentarischer Filme und Fernsehsendungen als auch bei den Fernsehformen, bei denen ein Ereignis im Studio oder an einem anderen Ort für das Fernsehen inszeniert wird, untersuchen. Fiktionale und dokumentarische Filme sowie für das Fernsehen inszenierte Ereignisse haben einen Inhalt, sie repräsentieren reale oder mögliche Welten, sie erzählen Geschichten, die dramaturgisch gestaltet sind, in ihnen sind Figuren und Akteure aktiv, sie sind medial bearbeitet und ästhetisch gestaltet, schließlich stehen sie in textuellen, kulturellen, sozialen und gesellschaftlichen Kontexten. So sind z.B. nicht nur fiktionale Filme, die von Drehbuchautoren erfundene Geschichten erzählen, narrativ, sondern auch Dokumentarfilme (vgl. Kiener 1999, S. 157 ff.; Kilborn 2010, S. 125 ff.; Nichols 2001, S. 91 ff.), und selbst in Nachrichtensendungen werden Geschichten erzählt.

      Im Folgenden wird kurz dargestellt, welche allgemeinen Erkenntnisinteressen mit den genannten fünf Ebenen verbunden sind, die in späteren Kapiteln konkretisiert werden.

      Diese erste Ebene, auf der Filme und Fernsehsendungen analysiert werden können, ist eng mit der Bedeutungsbildung verknüpft. Gemeinhin kann angenommen werden, dass Filme und Fernsehsendungen einen Inhalt haben und eine soziale Welt repräsentieren. Doch was genau ist der Inhalt und wie genau funktioniert Repräsentation?

      In Diskussionen zur Inhaltsanalyse wird in der Regel nicht explizit darauf eingegangen, was zum Inhalt z.B. einer Nachrichtensendung gehört. Implizit wird allerdings angenommen, dass es sich um Information und nicht um Unterhaltung handelt. Genauer wird der Inhalt in diesem Fall über Themen bestimmt (vgl. Wegener 2005; die Beiträge in Wirth/Lauf 2001 sowie zur qualitativen Inhaltsanalyse Mayring 2015; Mayring/Hurst 2005). Zunächst einmal kann ganz allgemein festgehalten werden, dass alles, was gesagt und gezeigt wird, den Inhalt darstellt. Um beim Beispiel der Nachrichtensendung zu bleiben, bilden alle Nachrichten, die in Wort und Bild vermittelt werden, den Inhalt der Sendung. Dabei ergibt sich die Frage, ob der Nachrichtensprecher, der schriftliche Nachrichten verliest und Bildbeiträge ankündigt, auch zum Inhalt gehört. Auf einer allgemeinen Ebene könnte man sagen: Der Inhalt einer Nachrichtensendung besteht darin, dass ein Nachrichtensprecher oder eine Nachrichtensprecherin Nachrichten verliest und Bildnachrichten in kurzen Filmbeiträgen gezeigt werden. Auf einer konkreteren Ebene können die Themen, die in den Wort- und Bildbeiträgen der Nachrichten abgehandelt werden, als Inhalt verstanden werden. Um diese Inhalte zu erforschen, werden im Rahmen der sogenannten Inhaltsanalyse methodisch Kategorien gebildet, nach denen sie klassifiziert werden können (vgl. Mayring 2015; Wegener 2005). Die Art und Weise, wie Nachrichten präsentiert werden, spielt dabei keine Rolle. Das wiederum kann Gegenstand der Film- und Fernsehanalyse sein.

      Allerdings interessiert der Inhalt eines Films oder einer Fernsehsendung in dem beschriebenen Sinn nicht. Stattdessen

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