Globalisierung. Christoph Scherrer
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Die Macht der Kolonialmächte reichte weit über ihre unmittelbaren Kolonien hinaus. Unter Ausübung oder Androhung von Gewalt konnten den formal souveränen Nationen wie China ungleiche Verträge aufgezwungen werden. Diese beinhalteten das Prinzip der Exterritorialität, was bedeutet, dass die Händler der Kolonialmächte sich nicht der lokalen Gerichtsbarkeit unterstellen mussten. Die Kirchen erhielten die Freiheit zu missionieren. Die Macht der Kolonialmächte speiste sich zudem aus der Kontrolle der Seewege und des Kapitals. Großbritanniens Flotte und ein weltumspannendes Netz an Stützpunkten erlaubte die Kontrolle über die Weltmeere und Handelsströme. Das Frachtgeschäft war fest in der Hand von Unternehmungen aus den Kolonialmächten. Der mittlerweile angehäufte Reichtum war zudem eine wichtige Finanzierungsquelle für den Fernhandel und für die Investitionen in die örtlichen Transportinfrastrukturen. Schuldnern, die nicht zurückzahlen konnten, wurden ebenfalls Knebelverträge aufgezwungen. In einigen Fällen griffen die Gläubiger direkt auf die Steuereinnahmen des verschuldeten Staats zu, z.B. konnten sie 1895 über 14% der Staatseinkünfte des osmanischen Reichs verfügen. Hier sind Parallelen sichtbar zum Verhalten der Gläubigerstaaten seit der Schuldenkrise der Achtzigerjahre (→ Kapitel 7). Wie in heutigen Zeiten verfügten die damaligen Unternehmen über das notwendige Know-how bei der Erschließung von Rohstoffquellen und dem Aufbau einer industriellen Infrastruktur. Dies erleichterte ihnen den Erwerb von Bergbaulizenzen.
Das Verbot der Sklaverei beendete nicht die Nachfrage nach billigen Arbeitskräften. Vornehmlich strömte nun die im Prozess der Industrialisierung verarmte Bevölkerung Europas nach Süd- und Nordamerika. Die Missionierung hörte auch im Zeitalter des industriellen Imperialismus nicht auf; zum Katholizismus gesellte sich der Protestantismus.
Entkolonialisierung
Aus europäischer Sicht gilt der Erste Weltkrieg ( 1914 – 1918 ) als entscheidender Einschnitt in den Globalisierungsprozess. Handel und Kapitalströme zwischen den verfeindeten Nationen brachen stark ein und die vor dem Krieg geltende Weltwirtschaftsordnung konnte nicht wiederbelebt werden. Die Reiche der Habsburger, Zaren und osmanischen Sultane zerfielen in Einzelstaaten und die Migration in die USA kam weitgehend zum Erliegen. Doch da die Kolonien nicht in die Freiheit entlassen wurden, änderte sich für den Rest der Welt deutlich weniger.
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Aus Sicht dieser Länder war die Weltwirtschaftskrise ab 1929 eine erste entscheidende Zäsur, zum einen weil die Kolonialmächte ihre Imperien gegeneinander abschotteten, was für exportorientierte Länder ohne Imperien wie die Staaten Lateinamerikas die Wirtschaftskrise drastisch verschärfte. Zum anderen gewährte England mit dem Westminster-Statut von 1931 seinen „weißen“ Siedlungskolonien Unabhängigkeit, was Kanada als erstes Land in Anspruch nahm.
Die Kolonien mit vornehmlich nicht-europäischer Bevölkerung konnten sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg, zumeist nach langen Widerstandskämpfen und als Folge spezifischer weltpolitischer Konstellationen, befreien. Zuerst waren die bevölkerungsreichen Kolonien in Asien erfolgreich, und zwar Indien und Pakistan (1947), Indonesien (1949) und Vietnam (1954). Zum Erfolg trug bei, dass Japan die Kolonien der westlichen Mächte im pazifischen Krieg überrannt und somit deren Aura der Unbesiegbarkeit zerstört hatte. Der Zweite Weltkrieg endete für Großbritannien mit hohen Schulden gegenüber den USA und Indien, die aus unterschiedlichen Gründen am Zerfall des britischen Imperiums Interesse hatten. Wie im Westminister-Statut bereits sichtbar geworden war, bestanden in England selbst erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Kolonialbesitzes und am Nutzen von Kolonien. Die erfolgreiche Revolution in China (1949) war insbesondere für Vietnam bedeutsam, inspirierte aber insgesamt die Befreiungsbewegungen der Welt.
Nach Afrika kam die Freiheit deutlich später. Die Franzosen verließen Afrika erst nach dem blutigen Krieg mit Algerien (1962). Die Befreiung der englischen Kolonien in Afrika erfolgte unblutig und begann in Ghana (1957). Weltpolitisch spielte hier der Ost-West-Konflikt eine Rolle, da die Befreiungsbewegungen auf die Unterstützung der Sowjetunion zählen konnten. Kurz vor Ende des 2. Jahrtausends gewannen mit dem Untergang der Sowjetunion auch die Kolonien des Zarenreichs, die als abhängige Republiken in die Sowjetunion eingegliedert geblieben waren, ihre Freiheit (1991).
Weiterführende Literatur
Frank, André Gunder (1998). ReOrient: Global Economy in the Asian Age. Berkeley, Los Angeles, London
Landes, David S. (1999): Wohlstand und Armut der Nationen. Berlin
Wendt, Reinhard (2007): Vom Kolonialismus zur Globalisierung Europa und die Welt seit 1500. Paderborn
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