Globalisierung. Christoph Scherrer

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Globalisierung - Christoph Scherrer

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den jeweiligen lokalen Kontexten wirkt, ist umstritten. Der These der Erweiterung der Kulturen folgend, können nichtheimische Kulturprodukte in eigener Weise aufgenommen und verändert werden (Stichwort „Bollywood“).

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      Diese genannten Aspekte verweisen auf eine weitere zentrale Dimension, die bei der Definition von Kultur eine Rolle spielt: Kultur ist auch eine Ware und die Kulturwirtschaft ist einer der am schnellsten wachsenden Bereiche der Weltwirtschaft. Statistiken der UNESCO zeigen, dass sich im Zeitraum zwischen 1994 und 2002 das Handelsvolumen kultureller Güter fast verdoppelt hat (Glasze/Meyer 2009). Dementsprechend erscheinen Forderungen wie die zu Beginn genannte Radioquote noch in einem anderen Licht, nämlich als Versuche, den eigenen Markt zu schützen (→ Kapitel 4), denn im Musikbereich liegt der Marktanteil US-amerikanischer Produktionen bei 60%. Im Filmbereich sind die USA ebenfalls die absoluten Marktführer. Trotz dieser scheinbaren US-amerikanischen Dominanz ist zu bedenken, dass die These der Amerikanisierung oberflächlich ist, denn „Hollywood ist heute nicht viel mehr als eine Metapher, wo mit japanischem, europäischem und australischem Geld Regisseure aus China, Korea, Deutschland und England Filme drehen“ (Wagner 2002: 16).

      Dimensionen der politischen Globalisierung

      Der grenzüberschreitende Austausch beschränkt sich nicht nur auf materielle und kulturelle Güter. Im Bereich der Politik wird seit langem der Austausch von Informationen praktiziert. Seit dem zweiten Weltkrieg findet dies zunehmend in institutionalisierter Form in den Foren der Vereinten Nationen, aber auch in vielen anderen internationalen Organisationen statt. Viele „Probleme“ können aufgrund der fortgeschrittenen Vernetzung nicht mehr von Nationalstaaten allein gelöst werden. So müssen zum Beispiel Klimaschutzmaßnahmen international abgestimmt, national durchgesetzt und lokal umgesetzt werden (Behrens 2005). Seit Mitte der 1970er Jahre versuchen sich die Regierungschefs besonders mächtiger Staaten auf regelmäßigen Gipfeltreffen (G7, G8 und derzeit G20) vor allem bezüglich ihrer wirtschaftspolitischen Maßnahmen abzustimmen. Im zunehmenden Maße führen diese Gespräche zu verbindlichen Vereinbarungen über Verhaltensweisen der jeweiligen Staaten, sei es in militärischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Belangen.

      Die Aufgabe nationaler Souveränität, sprich die Bereitschaft, die Entscheidungen supra- bzw. internationaler Organisationen im eigenen staatlichen Hoheitsgebiet zu akzeptieren, ist besonders ausgeprägt in den Militärbündnissen. So ging zum Beispiel die Gründung der Nordatlantischen Verteidigungsorganisation (NATO) der Gründung der Europäischen Union voraus. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen kann |19◄ ►20| sogar Staaten ermächtigen, andere Staaten anzugreifen. Regierungen und nationale Gerichte halten sich zudem vermehrt an Entscheidungen der im Ausbau befindlichen internationalen Gerichtsbarkeit. Diese hat ihren Ursprung im 1922 gegründeten Ständigen Internationalen Gerichtshof in Den Haag (seit 1945 der Internationale Gerichtshof ), dessen Entscheidungen allerdings nicht immer von den Staaten befolgt werden (Beispiel: die militärischen Aktivitäten der USA gegen Nicaragua im Jahr 1984). Seit 2002 besteht ein Internationaler Strafgerichtshof (IStGH) mit Zuständigkeit bei Völkermord und Kriegsverbrechen. China und die USA haben neben einigen anderen Staaten noch nicht die Hoheit dieses Gerichtes anerkannt. Für die EU-Mitgliedsstaaten gewinnt der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) an Bedeutung.

      Schaubild 5: Internationale Gerichtshöfe

      Quelle: Le Monde diplomatique (Hrsg., 2003): Atlas der Globalisierung. Berlin: Taz Verlag

      Unterhalb der Gerichtsbarkeit entstand ein ausgedehntes Schlichtungswesen. Prominent ist das seit 1995 bestehende Streitbeilegungsverfahren der Welthandelsorganisation (WTO), welches von einem WTO-Mitgliedsland eingeleitet werden kann, wenn es der Meinung ist, dass sich ein anderes Mitgliedsland nicht an die vereinbarten Regeln hält. Feste Fristen für alle Verfahrensschritte sorgen für ein vergleichsweise zügiges Verfahren. Auch mächtige Staaten halten sich weitgehend an die WTO-Schiedssprüche.

      Auf zahlreichen Politikfeldern treffen sich die Mitglieder der jeweiligen Ministerialbürokratien zum regelmäßigen fachbezogenen Austausch, auch ohne ein explizites Mandat ihrer Regierungen (sog. Transnational Executive Networks).

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      Als mittlerweile fester Bestandteil der globalen politischen Architektur versuchen Nichtregierungsorganisationen (NRO), die Interessen der Zivilgesellschaft in das internationale System einzubringen. Nicht nur ist die Anzahl der NRO seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges beständig gewachsen, viele Nichtregierungsorganisationen sind heute über den Globus vernetzt. Zum Beispiel ist Greenpeace mittlerweile in über 40 Ländern vertreten. Andere NRO vernetzen sich auch untereinander, um ihren Anliegen besser Gehör zu verschaffen. Solche Netzwerke – wie zum Beispiel das im entwicklungspolitischen Bereich tätige Netzwerk „Development Alternatives with Women for a New Era“ (DAWN) – werden als „Transnational Advocacy Networks“ bezeichnet.

      Zusammen mit VerbandsvertreterInnen der Wirtschaft, MinisterialbürokratInnen und WissenschaftlerInnen beteiligen sich NRO auch an globalen Netzwerken zu einzelnen Politikfeldern (sog. „Global Public Policy Networks“), z.B. im Landwirtschaftsbereich an der Consultative Group on „International Agricultural Research“ (CGIAR).

      Ob auf Regierungs- oder auf NRO-Ebene, die internationale Kooperation ist von Macht durchzogen. Der UN-Sicherheitsrat wird von wenigen ständigen Mitgliedern beherrscht, mit der G8 maßen sich einige reiche kapitalistische Länder an, die Geschicke der Welt zu lenken, im Internationalen Währungsfonds verfügen die USA und die EU über eine Sperrminorität. Nicht alle NROs verfügen über die entsprechenden Ressourcen, die nötig sind, um sich beispielsweise für die Beratungen des Wirtschafts- und Sozialrates der UN akkreditieren zu lassen oder die entsprechenden Flug- und Tagungskosten aufzubringen. Auf diese Weise werden kleinere NROs aus den Gestaltungsprozessen ausgeschlossen.

      Weiterführende Literatur

      Debiel, Tobias / Messner, Dirk / Nuscheler, Franz / Roth, Michèle / Ulbert, Cornelia (2010): Globale Trends 2010. Frieden. Entwicklung. Umwelt. Frankfurt/M.

      Held, David / McGrew, Anthony / Goldblatt, David / Perraton, Jonathan (1999): Global Transformations: Politics, Economics and Culture. Stanford

      Le Monde diplomatique (2009; Hrsg.): Atlas der Globalisierung. Sehen und verstehen, was die Welt bewegt. Berlin

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      Globalisierung in der Kontinuität des Kolonialismus?

      Wenngleich der Begriff Globalisierung erst in den Neunzigerjahren auftrat, weisen WirtschaftshistorikerInnen darauf hin, dass die Globalisierung mit den europäischen Eroberungsfahrten im ausgehenden 15. Jahrhundert begann.

      Bis zum Ersten Weltkrieg durchlief die Globalisierung zwar verschiedene Phasen, wies aber eine hohe Kontinuität auf. Schon an der Wiege der globalen Wirtschaftsverflechtung stand Gewalt Pate. Im Industriezeitalter nahm das Ausmaß der gewaltsamen Eroberung der Welt durch Europa noch zu, wobei allerdings die Sklaverei zunehmend durch Lohnarbeit ersetzt wurde.

      Von Anfang an bestand ein interkontinentaler Kettentransfer von Waren. Die einträgliche Veredelung der Rohstoffe behielten die Kolonialmächte für sich. Die erkämpfte Entkolonialisierung zog sich bis in die Sechzigerjahre.

      Erste Globalisierung – Kolonialismus

      Handel, Kommunikation und Wanderungen

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