Globalisierung. Christoph Scherrer

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Globalisierung - Christoph Scherrer

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die Anteile an diesen Kompanien zeichneten. Die 1600 gegründete East India Company (EIC) und die bald darauf folgende Vereinigte Ostindische Kompanie (VOC) erhielten allerdings vom Staat viele Privilegien, vom Handelsmonopol bis hin zu hoheitsrechtlichen Befugnissen wie der Rechtssprechung. Deshalb kann diese Phase des Kolonialismus als Zeitalter der nordwesteuropäischen Monopolgesellschaften bezeichnet werden. Allein die VOC beschäftigte während des 17. und 18. Jahrhunderts knapp eine Million Menschen in ihrem asiatischen Handelsimperium.

      Die Suche der nordwesteuropäischen Länder nach von den iberischen Mächten nicht kontrollierten Indien-Routen führte sie nach Nordamerika. Dort wurden nicht nur Handelsstationen aufgebaut, sondern auch agrarische Siedlungen von europäischen Auswandereren gegründet. Wie bekannt entwickelten sich die nordamerikanischen Kolonien auf dem Rücken der indigenen Bevölkerung rasch. Sie läuteten mit der Unabhängigkeitserklärung von 1776 die erste Entkolonialisierungswelle ein, die in den nächsten Jahrzehnten unter der Führung der dort ansässigen europäischstämmigen Eliten die südamerikanischen Staaten erfasste. Bereits 1822 hatten weder Portugal noch Spanien nennenswerte Kolonien in Amerika.

      Die Unabhängigkeit der USA stand den weiteren kolonialen Bestrebungen der europäischen Länder nicht im Wege. Im Laufe der Zeit dehnten die ursprünglichen 13 Ostküstenstaaten der USA ihren Einfluss auf vormalig indianische und spanische Territorien bis zum Pazifik aus. 1898 wurden die USA selbst zur Kolonialmacht auf den Philippinen.

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      Der Welthandel wurde zunächst von den niederländischen Kompanien beherrscht, doch stieg Großbritannien gegen Ende des 17. Jahrhunderts zur führenden See- und Seehandelsmacht auf. Seine Kompanien prägten die globale Arbeitsteilung. Zwar waren die Wertschöpfungsketten noch nicht so feingliedrig über den Globus verteilt wie heutzutage, doch kam es zu einem intensiven interkontinentalen Kettentransfer von Waren. Berüchtigt ist das Dreieck zwischen Europa, Afrika und der Karibik, in dem für europäische Waren in Afrika Sklaven erworben wurden, die in der Karibik gegen Rohrzucker oder andere Plantagenprodukte getauscht wurden. Ähnliche Dreieckstauschbeziehungen bestanden auch zwischen anderen Regionen. Die Kompanien förderten die gezielte Produktion für den Export. Im 18. Jahrhundert waren 11% der Beschäftigten in der bengalischen Textilindustrie für die Exportproduktion nach Europa beschäftigt. Doch regte sich in England Widerstand gegen billige Importe aus Übersee. Die Folge war, dass Indien nur noch Rohbaumwolle liefern durfte, während die Veredelung in England stattfand.

      Der Sklavenhandel stieg drastisch auf ca. sechs Millionen im 18. Jahrhundert an, wobei noch Millionen AfrikanerInnen hinzugezählt werden müssen, die in die islamische Welt versklavt wurden. Erst um 1800 wurde der überseeische Menschenhandel verboten. SklavInnen arbeiteten hauptsächlich in den Exportindustrien. 1675 waren allein auf Barbados 80.000 SklavInnen mit der Zuckergewinnung für den Export beschäftigt. Schon damals bestand wie heute unter den einzelnen Produktionsstandorten eine scharfe Konkurrenz. Die Zentren der Zuckerrohrplantagen wanderten in der Karibik hin- und her, und zwar abhängig von der Vernutzung der Böden und der Intensität des Widerstandes. Insgesamt verdrängte die Karibik im 18. Jahrhundert die indonesische und brasilianische Zuckerrohrwirtschaft.

      Von Zwangsverschleppung waren auch europäische Menschen nicht verschont, z.B. die ca. 16.000 nordhessischen Männer, die der Kasseler Landgraf Friedrich II. als Soldaten an die Engländer im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg „vermietete“, oder die kriminalisierten Armen in England, die nach Australien verschifft wurden. Die freiwillige oder religiös motivierte Auswanderung begann in dieser Phase zahlenmäßig an Bedeutung zu gewinnen.

      In Asien erfolgten die ersten Schritte zur Einflussnahme auch auf das Landesinnere. Die East India Company (EIC) nahm zunächst mittels Steuer- und Zollvorschriften auf die Produktion in Bengalen Einfluss. Im Laufe des 18. Jahrhunderts mutierte die EIC von einer Handelskompanie zu einer Landmacht mit Armee sowie Steuereinnahmen insbesondere|27◄ ►28| in den indischen Besitzungen. 1757 besiegten ihre Söldner indische Fürsten und die EIC übernahm die politische Gewalt in Bengalen. Weitere Landnahmen folgten.

      Die europäische Eroberung der Welt zeitigte ihre Wirkung in Europa. So änderten sich die Ernährungsgewohnheiten nicht nur der Oberschichten, sondern auch der Bauernschaft (z.B. durch die Kartoffel). Die Rückwirkungen erfassten zudem die Geisteswelt. Europäische Aufklärer wie Leibniz und Voltaire interessierten sich u.a. für den chinesischen Konfuzianismus. Wie bereits für die Spanier, waren die auf den Erkundungsfahrten von Pionieren wie James Cook gesammelten Erkenntnisse für den strategischen Ausbau des sich abzeichnenden British Empire bedeutsam.

      Der Industrielle Imperialismus (1858 – 1930)

      Die industrielle Revolution begann in England. Sie beinhaltete die Mechanisierung von Handarbeit durch Maschinen (Spinning Jenny: die erste Spinnmaschine, 1767), die mechanische Energieumwandlung (James Watts Dampfmaschine, 1769) und die damit zusammenhängende massenhafte Verwendung mineralischer Grundstoffe, zunächst von Kohle und Eisen. Obgleich sich die industrielle Revolution rasch auf dem europäischen Kontinent und in den USA ausdehnte, konnte England seine wirtschaftliche Führungsposition bis Ende des 19. Jahrhunderts behaupten. Mitte des 19. Jahrhunderts stellte Großbritannien nur 2 % der Weltbevölkerung, doch über 40 % des Industriepotenzials. Militärisch waren die Mitkonkurrenten jedoch zu stark, um von England direkt beherrscht zu werden.

      Die industrielle Revolution führte nicht nur zu einer Überlegenheit in der Warenproduktion, sondern auch in der Militärtechnik einschließlich der Kommunikationsnetze (erste dauerhafte Kabelverbindung zwischen Europa und Nordamerika 1866). Die asiatischen Länder waren der industriell gefertigten Militärmaschine der Kolonialmächte nicht mehr gewachsen und mussten große Gebietsverluste hinnehmen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde auch Afrika unter den europäischen Kolonialmächten aufgeteilt. Insgesamt führte die industrielle Revolution zu einer stärkeren Beherrschung der nicht-europäischen Welt mit Ausnahme von Japan.

      Inwiefern die Kolonialbesitzungen den industriellen Aufschwung Europas begünstigten, ist in der Literatur umstritten. Während David Landes (2007) unter Bezug auf Max Weber die protestantische Ethik und die Durchsetzung von privaten Eigentumsrechten als zentrale Ursachen für |28◄ ►29| den Beginn der industriellen Revolution in England benennt, führt Karl Marx die Enteignung des Landvolks von Grund und Boden (ursprüngliche Akkumulation) als wichtigen Grund an (Marx 1867). Die Dependenztheoretiker André Gunder Frank (1998) und Immanuel Wallerstein (1986) betonen, auf Marx zurückgreifend, die Bedeutung des durch den Kolonialbesitz bereits erreichten relativen Wohlstands und den Zugang zu Rohstoffquellen und Absatzmärkten.

      Karl Marx zur Herausbildung des „Weltmarktes“: „Die Entdeckung der Gold- und Silberländer in Amerika, die Ausrottung, Versklavung und Vergrabung der eingeborenen Bevölkerung in die Bergwerke, die Eroberung und Ausplünderung von Ostindien, die Verwandlung von Afrika in ein Geheg zur Handelsjagd auf Schwarzhäute bezeichnen die Morgenröte der kapitalistischen Produktionsära.“ (Marx 1867: 779)

      Ebenfalls kontrovers werden die Motive für den Kolonialbesitz diskutiert, wobei sich ein Konsens herausschält, dass sich der Imperialismus aus unterschiedlichen Quellen speiste: Es ging um Rohstoffquellen und Absatzmärkte, um die Schaffung eines Ventils für die mit der Industrialisierung einhergehenden scharfen gesellschaftlichen Konflikte, um die Stärkung des Staats und darum, gegenüber den europäischen Nachbarländern nicht ins Hintertreffen zu geraten. Entscheidend war aber letztlich, dass die industrielle Revolution einen solch nachhaltigen machtpolitischen Vorteil gewährte, dass die Gegenwehr zu gering ausfiel. Dort wo die Gegenwehr und der Wille sowie die Möglichkeiten, die industrielle Revolution nachzuholen, stark genug ausgeprägt waren, konnte die Kolonialisierung vermieden oder überwunden werden. Japan und die USA stehen für diese Strategie. In der Machtlogik des Zeitalters des Imperialismus strebten diese dann selbst nach Kolonialbesitz.

      Trotz Rivalitäten bestand unter den Kolonialmächten zumeist ein Einvernehmen im Umgang mit dem Rest der Welt. Dies zeigte sich beispielsweise bei der

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