Geschichte der Utopie. Thomas Schölderle
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Dies vorausgesetzt, lassen sich abschließend nun für die Utopia anhand der vier Ebenen – Form, Inhalt, Intention und Funktion – zentrale Charakteristika festhalten, die zugleich als Orientierungsrahmen für den nachstehenden Überblick dienen können. (1.) Formal betrachtet ist die Utopia konzipiert als eine kontrafaktische Fiktion, als universelle Beschreibung eines imaginären Gemeinwesens, das in eine literarischnarrative Rahmenhandlung gekleidet ist. Sie verknüpft dabei zahlreiche literarische Formtypen und Stilelemente wie die politische Reformschrift mit der Reiseerzählung, den philosophischen Traktat mit der Satire, die Ironie mit der Dialogstruktur. (2.) Auf inhaltlicher Ebene lassen sich dem Entwurf als zentrale Strukturprinzipien entnehmen: Isolation, Statik, soziale Harmonie und Gemeineigentum, Kollektivismus, Rationalität und Nützlichkeitsdenken. Die Elemente repräsentieren freilich nicht den Forderungskatalog des Autors, sondern verdichten sich lediglich zum materialen Bild seiner Utopie. Gleichwohl können diese Merkmale als eine Art Abfrageraster bei der Analyse späterer Utopieentwürfe dienen. (3.) Morus’ Intention verbindet schließlich Sozialkritik mit dem Anliegen, einen Anstoß zur Diskussion über die Grundlagen des staatlichen Gemeinwesens zu leisten und qualifiziert sich damit zugleich als normatives Politikanliegen. (4.) Methodisch umgesetzt ist dieses Vorhaben auf dem Wege eines gedankenexperimentellen Erkundens der Vernunft. Daraus resultiert funktional betrachtet eine prinzipielle Relativierung des Bestehenden, weil die existente Wirklichkeit zu einer möglichen unter vielen herabgestuft wird. Diese Funktion deckt sich, zumindest in ihrem Ursprungskontext, auch vollkommen mit der intendierten Wirkung. Darüber hinaus – und das lag nicht mehr in Morus’ Hand – hätte die Utopia in kaum größerem Maße Wirkung entfalten können, als mit der Begründung einer neuzeitlichen Denktradition, die diese Motivation und Funktion in vielfacher Weise weiter trägt.
Von den Besonderheiten der Utopia, die im zurückliegenden Kapitel beschrieben worden sind, müssen aber zumindest zwei Elemente als derart strukturbildend gelten, dass an ihnen keine Begriffsbestimmung vorbei kommt, ohne in Widerspruch mit Morus’ Urtypus zu geraten: zum einen das soziopolitische Gegenbild, also die Notwendigkeit einer ausgemalten gesellschaftlichen Alternative; zum anderen die kritische Intention. Und von hier aus, so die Vermutung, gewinnen letztlich alle Utopien ein zentrales, sie verbindendes Moment.
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