Medienwandel. Joseph Garncarz

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Botschaft versteht, nicht um deren Wert für den Empfänger. Weder muss eine Information den Empfänger interessieren noch muss er mit ihr einverstanden sein.

      Im Folgenden soll die Definition hinsichtlich ihrer drei Teilaspekte, der Technologie, Nutzungsform und Institution, erläutert werden. Als Medientechnologien werden alle technischen Mittel bezeichnet, die zur Übermittlung von Informationen zwischen Menschen dienen. Im Vergleich zum Begriff Technik wird der Begriff Technologie hier als ein Begriff auf einer höheren Syntheseebene verwendet. Als Technologie (altgr. téchne »Fähigkeit, Kunstfertigkeit, Handwerk« und lógos »Lehre, Vorgehensweise«) wird hier nicht die Lehre der Technik, sondern die Anwendung von komplexen Techniken verstanden, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. So bedient sich etwa die klassische Filmtechnologie physikalischer, chemischer und wahrnehmungspsychologischer Kenntnisse, um mittels diverser Techniken wie des intermittierenden Filmtransports eine Bewegtbildaufnahme bzw. -wiedergabe zu erreichen. Der Begriff Technologie tritt im Deutschen meist in Wortkombinationen auf, etwa bei Gentechnologie, Biotechnologie oder Medientechnologie, und bezeichnet komplexe Techniken, die in diesen besonderen Bereichen zur Anwendung kommen, um bestimmte Probleme zu lösen.

      Technologien wie der Druck, der Film und der Rundfunk sind in diesem Sinn Medientechnologien, da mit ihnen Informationen verbreitet werden. Als Druck bezeichnet man die Reproduktion von Texten oder Bildern durch Übertragung von Druckfarben mittels einer Druckform auf einen zu bedruckenden Stoff (wie Papier). Als Film werden sequenziell, auf einer mit einer lichtempfindlichen Emulsion beschichteten, transparenten Folie aufgenommene Bilder verstanden, die so wiedergegeben werden, dass eine perfekte Bewegungsillusion entsteht. Unter Rundfunk versteht man die Übertragung von Tönen, unter Fernsehen die Übertragung von Bildern mittels elektromagnetischer Wellen, wobei der Rezipient sie in dem Moment empfängt, in dem sie gesendet werden.

      Ein Problem solcher Definitionen ist, dass sie sich selbst mit dem Wandel der Medientechnologien verändern können. Filme werden heute überwiegend digital[18] und nicht mehr auf lichtempfindlichen Folien, den Filmstreifen, aufgenommen, und Fernsehbilder werden nicht mehr analog, sondern digital als Nullen und Einsen codiert, gesendet und decodiert. Das Verständnis solcher Definitionen wird zudem dadurch erschwert, dass mit den Begriffen Film, Rundfunk und Fernsehen heute kaum mehr die Medientechnologien, sondern vielmehr die Mediennutzungsformen bzw. -institutionen assoziiert werden. Ist vom Film die Rede, denken wir heute in erster Linie an den abendfüllenden Spielfilm, dessen Entstehung und Etablierung in Kapitel 8 behandelt wird, und kaum mehr an die Medientechnologie, ohne die diese Nutzungsform nicht hätte entstehen können.

      Harry Pross differenziert Medien danach, ob sich nur der Sender oder auch der Empfänger einer Technologie bedient:

      »Wir nennen Sekundärmedien solche Kommunikationsmittel, die eine Botschaft zum Empfänger transportieren, ohne dass der ein Gerät benötigt, um die Bedeutung aufnehmen zu können, also Bild, Schrift, Druck, Graphik, Fotographie, auch in ihren Erscheinungen als Brief, Flugschrift, Buch, Zeitschrift, Zeitung – alle jene Medien also, die nach einem Gerät, der Druckerpresse, als Presse im weitesten Sinn bezeichnet werden.«8

      Als tertiäre Medien fasst Pross Telegrafie, Film, Radio und Fernsehen zusammen:

      »Eine dritte Gruppe, bei deren Gebrauch sowohl Sender wie Empfänger Geräte benötigen, beginnt mit der elektrischen Telegraphie und umfasst die elektronischen Kommunikationsmittel. Sie heißen tertiäre Medien.«9

      Als primäre Medien, bei denen keiner der Kommunikationspartner technische Hilfsmittel benutzt (z. B. ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht), bezeichnet Pross alle »Mittel des menschlichen Elementarkontaktes« wie Sprache, Weinen und Lachen. Primäre Medien sind im oben definierten Sinn jedoch keine Medien, da sie keiner Technologie bedürfen.

      Der Begriff der Medientechnologie kann auch in anderer Hinsicht weiter ausdifferenziert werden: Alle Medientechnologien verbreiten Informationen, nur einige können sie jedoch auch speichern oder verarbeiten. Technische Verbreitungsmittel von Informationen lassen sich hinsichtlich der Frage differenzieren, ob sie nicht nur der Verbreitung von Informationen dienen, sondern darüber hinaus auch ihrer Speicherung bzw. Verarbeitung. Mit dem Computer lassen sich Informationen, die über das Internet übermittelt werden, auch verarbeiten, indem man mit den übermittelten Daten etwa eine Tabellenkalkulation durchführt. Mit Film kann man Bilder speichern, die Übertragungstechnik Fernsehen speichert dagegen keine Bilder – hier sind zusätzliche Technologien zur Aufzeichnung erforderlich wie der Film bzw. der Videorekorder, der erst nach der Etablierung des Fernsehens als Institution entwickelt wurde. Speicherung und Verarbeitung sind[19] also keine notwendigen Bedingungen, um eine Technologie als Medium zu bezeichnen.

      Folgt man der oben gegebenen Definition des Begriffs Medien, sind nicht alle Technologien auch Medientechnologien. Die Brille, das Fernglas, das Nachtsichtoder Hörgerät zum Beispiel, die in Teilen der Medienwissenschaften als Medien verstanden werden, sind keine Medientechnologien, da mit ihnen keine Informationen zwischen Menschen vermittelt werden. Sie lassen sich besser als technische Hilfsmittel der Wahrnehmung begreifen, die die eigene Sinneswahrnehmung optimieren. Wer kurzsichtig ist, braucht eine Brille, um Dinge, die nicht im unmittelbaren Nahbereich liegen, klar sehen zu können. Wer gut sieht, aber auch nachts im Dunkeln den Überblick bewahren muss (wie zum Beispiel die Polizei oder Naturforscher), bedient sich eines Nachtsichtgeräts, um die visuelle Wahrnehmung zu verbessern.

      Auch Sprache und Schrift dienen dazu, Informationen zwischen Menschen zu vermitteln. Sie sind jedoch im definierten Sinn deshalb keine Medien, weil sie für die Übermittlung von Informationen nicht auf eine Technologie angewiesen sind. Sprache und Schrift sind symbolische Repräsentationssysteme;10 Sprache arbeitet mit lautlichen Symbolen, Schrift mit visuellen. Wie Medien sind Sprache und Schrift menschengemacht und zudem gesellschaftlich-kulturell differenziert. Es gibt eine große Sprachenvielfalt und eine deutlich geringere Vielfalt bei den Schriftsymbolen. Auch wenn Sprache und Schrift im hier definierten Sinn keine Medien sind, so ist eine Sprach-, Lese- und Schreibkompetenz oft eine entscheidende Voraussetzung medialer Kommunikation. Man muss lesen können, um ein Buch zu verstehen, und man muss die Sprache verstehen, in der es geschrieben ist, um die Botschaft entschlüsseln zu können. Man muss die Sprache(n), die der Adressat versteht, beherrschen, damit die E-Mail, die man schreibt, auch verstanden wird.

      Als Medien werden in diesem Buch nicht nur technische Verbreitungsmittel von Informationen von Mensch zu Mensch verstanden, sondern auch deren Nutzungsformen sowie die Institutionen, die sie verwenden bzw. hervorbringen. Mediennutzungsformen sind kulturell klar definierte Verwendungsweisen von Medientechnologien. Nutzungsformen der Medientechnologie Druck sind zum Beispiel die Zeitung und die Zeitschrift, wohingegen der Spielfilm eine Nutzungsform der Medientechnologie Film und die Nachrichtensendung des Hörfunks eine Nutzungsform der Medientechnologie Rundfunk darstellt.

      Man kann Nutzungsformen unterschiedlicher Ordnung unterscheiden. Das Buch ist eine Nutzungsform der Technologie Druck, Roman und Sachbuch wiederum unterschiedliche Formen des Buchs. Eine Nutzungsform der Technologie Film ist der Spielfilm, bei dem sich wiederum verschiedene Genres wie zum Beispiel Komödien, Thriller oder Kriminalfilme unterscheiden lassen. Diese lassen sich wiederum in verschiedene Subgenres differenzieren, Komödien etwa in Slapstick,[20] Screwball-Komödien und Verwechslungskomödien. Welche Nutzungsformen sich herausbilden, ist von der Nachfrage der Mediennutzer abhängig und damit kulturell und zeitlich differenziert. So bildet sich das Genre der Screwball-Komödie mit Filmen wie IT HAPPENED ONE NIGHT (1934) und ARSENIC AND OLD LACE (1944) in den Vereinigten Staaten von Mitte der 1930er- bis Mitte der 1940er-Jahre aus.

      Damit eine Medientechnologie unterschiedliche Funktionen wie zum Beispiel Kommunikation oder Unterhaltung übernehmen kann, muss sie institutionalisiert werden. Als Medieninstitutionen werden gesellschaftliche Einrichtungen wie das Kino, das Fernsehen oder das Internet bezeichnet, die Verwendungsweisen der Medientechnologie wie Nutzungs- und Programmformen definieren. Indem die Institutionen die Verwendungsweisen der Medientechnologie definieren, lenken

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