Bio-psycho-soziales betriebliches Gesundheitsmanagement für Sozial- und Gesundheitsberufe. Ruth Haas
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■ Strukturiertes, individuelles Vorgehen mit möglicherweise externer Unterstützung
■ Minderung gesundheitlicher Belastungsfaktoren durch betriebliche Prävention
■ Stärkung der Ressourcen durch ein gesundheitsförderliches Arbeitsumfeld
Die gesetzliche Vorschrift zum betrieblichen Eingliederungsmanagement findet sich seit dem 01.01.2018 im § 167 SGB IX und ist als eine personenbezogene Aufgabe im operativen BGM zu sehen (Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz 2016). Der krankheitsbedingte Arbeitsausfall kann sich über den gesamten Zeitraum erstrecken oder in Etappen. Das BEM sollte als Prozess verstanden werden und nicht als einmalig durchzuführendes Verfahren. Es sollte nicht mit sogenannten in der Praxis üblichen Rückkehrergesprächen (oder auch Fehlzeitengesprächen) verwechselt werden (Seel 2017).
Arbeitssicherheit und -schutz
Der Arbeitsschutz ist zudem gesetzlich geregelt und für das Unternehmen bindend. Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) wird häufig als wesentlicher Teil des Qualitätsmanagements eines Unternehmens gesehen. Es regelt die Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsgefahren bei der Arbeit (Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz 1996, 2019). Dabei stehen u. a. das Minimierungsgebot, die Ursachenbekämpfung sowie eine Aktualisierungspflicht, wie z. B. bei der Technikausrüstung und Wissen im Vordergrund (Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz 1996, 2019, Faber / Faller 2017). Ergänzend zu den Pflichten des Unternehmens werden auch den ArbeitnehmerInnen Rechte und Pflichten (u. a. Meldepflicht) auferlegt. Für die ArbeitnehmerInnen sind die Annahme des angebotenen BEM-Verfahrens wie auch Maßnahmen der Gesundheitsförderung nicht verpflichtend.
Eine Verzahnung der drei Themenbereiche ASS, BGF sowie BEM kann sich positiv auf den Erfolg der betrieblichen Prävention auswirken.
Seel, H. (2017) : Fernab von Fehlzeitengesprächen. Betriebliches Eingliederungsmanagement als Chance und Herausforderung. In: Faller, G. (Hrsg.), 285–294
2.3 Entwicklungslinien
Die WHO stellt eine bedeutsame Initiatorin der Gesundheitsförderung dar. Sie hat wesentliche internationale Konferenzen zur Gesundheitsförderung organisiert (Abb. 8). Die erste Konferenz hat im Jahr 1978 in Alma Ata in der UdSSR stattgefunden. Daran schlossen sich die Konferenzen in Ottawa (Kanada 1986), in Adelaide (Australien 1989), in Sundsvall (Schweden 1991), in Jakarta (Indonesien 1997), in Mexiko Stadt (Mexiko 2000) und in Bangkok (Thailand 2005) an (Singer 2010).
Abb. 8: Die Konferenzen der WHO seit 1978
Ottawa-Charta
Auf der Konferenz zur Gesundheitsförderung im November 1986 in Ottawa wurde die sog. Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung verabschiedet. Darin erfolgt ein Aufruf zu gesundheitsförderlichem Handeln mit dem Ziel „Gesundheit für alle“ bis zum Jahr 2000 zu bewirken (World Health Organization Europa WHO 1986, 1).
Gesundheit wird darin als elementarer Bestandteil des täglichen Lebens angesehen. Sie basiert auf Frieden, angemessenen Wohnbedingungen, Bildung, Ernährung und Einkommen. Eine weitere Grundvoraussetzung für Gesundheit stellen ein stabiles Öko-System und eine sorgfältige Verwendung vorhandener Naturressourcen dar. Gesundheit basiert zudem auf sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit (World Health Organization Europa WHO 1986). Ein Ziel der Ottawa-Charta ist das Schaffen von gesundheitsförderlichen Lebenswelten:
„Die sich verändernden Lebens-, Arbeits- und Freizeitbedingungen haben entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit. Die Art und Weise, wie eine Gesellschaft die Arbeit, die Arbeitsbedingungen und die Freizeit organisiert, sollte eine Quelle der Gesundheit und nicht der Krankheit sein. Gesundheitsförderung schafft sichere, anregende, befriedigende und angenehme Arbeits- und Lebensbedingungen“ (WHO 1986, 3).
Die Teilnehmerstaaten haben sich in der Charta verpflichtet, das erklärte Ziel auf den folgenden Handlungsfeldern voranzubringen (World Health Organization Europa WHO 1986):
■ Entwicklung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik
■ Schaffung gesundheitsförderlicher Lebenswelten
■ Unterstützung gesundheitsbezogener Gemeinschaftsaktionen
■ Abbau gesundheitlicher Ungleichheiten
■ Stärkung der persönlichen Kompetenz
■ Neuorientierung der Gesundheitsdienste in Richtung Gesundheitsförderung
Die Arbeitswelt wird explizit als bedeutsame Lebenswelt in der Ottawa-Charta benannt. Die Europäische Union (EU) hat das Thema der Gesundheitsförderung aufgegriffen. Dabei konzentriert sich die EU auf die Finanzierung von einschlägigen Aktionsprogrammen zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz, die Forschungsförderung und die Koordinierung der Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten im Gesundheitsbereich (Singer 2010). Im Jahr 1996 wurde durch die Europäische Union das Europäische Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung ENWHP / ENBGF ins Leben gerufen.
ENWHP / ENBGF
Das ENWHP (European Network for Workplace Health Promotion) bzw. ENBGF (Europäische Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung) hat es sich zum Ziel gesetzt, den Aufbau informeller Infrastrukturen und nationaler Netzwerke in allen Ländern Europas zu unterstützen. Seit 1996 wurden durch das ENWHP mehrere Dokumente zur Thematik der BGF veröffentlicht. Im Jahr 1997 wurde die Luxemburger Deklaration für Betriebliches Gesundheitsmanagement verabschiedet. Eine Aktualisierung erfolgte in den Jahren 2005, 2007 und 2014 (Europäisches Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung (ENWHP) 2014). Bis Januar 2016 haben 272 Unternehmen die Luxemburger Deklaration.
In dieser Deklaration sind Leitlinien für die BGF formuliert (Abb. 9) (Europäisches Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung (ENWHP) 2014). In den Prozess der BGF sollen die gesamte Belegschaft eines Unternehmens einbezogen werden (Partizipation). BGF ist in alle Unternehmensbereiche integriert und wird bei allen wesentlichen Entscheidungen mitgedacht (Integration). Die zentrale Prämisse stellt die Forderung nach systematischer Durchführung von Maßnahmen und Programmen auf der Basis einer Bedarfsanalyse, einer Prioritätensetzung mit kontinuierlicher Kontrolle und einer Bewertung der Ergebnisevaluation dar (Projektmanagement). Dabei sollten sowohl verhaltens- als auch verhältnisorientierte Maßnahmen integriert werden. Der Ansatz der Risikoreduktion wird mit dem Ausbau von Schutzfaktoren und Gesundheitspotenzialen verknüpft (Ganzheitlichkeit).
Abb. 9: Leitlinien der Luxemburger Deklaration (Europäisches Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung (ENWHP) 2014)
In der Folge wurden am 24. / 25. April 1998 das Cardiff Memorandum über die Herausforderungen der BGF in Klein- und Mittelunternehmen (KMU), am 16. Juni 2001 die Lissabonner Erklärung zur Gesundheit am Arbeitsplatz in KMU und am 17. / 18. Juni 2002 die Barcelona Deklaration zur Entwicklung einer BGF verabschiedet (Europäisches Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung (ENWHP) 2005).