Bio-psycho-soziales betriebliches Gesundheitsmanagement für Sozial- und Gesundheitsberufe. Ruth Haas

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Bio-psycho-soziales betriebliches Gesundheitsmanagement für Sozial- und Gesundheitsberufe - Ruth Haas

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zu verstehen und nicht als vorrangiges Lebensziel. Gesundheit steht für ein positives Konzept, das in gleicher Weise die Bedeutung sozialer und individueller Ressourcen für die Gesundheit betont wie die körperlichen Fähigkeiten“ (World Health Organization Europa WHO 1986, 1).

      Die WHO (1986) hebt hervor, dass die Verantwortung für Gesundheitsförderung bei allen Bereichen der Politik liegt und nicht nur an den Gesundheitssektor delegiert werden kann. Dabei geht es neben gesunden Lebensweisen um die Förderung von umfassendem Wohlbefinden. Durch eine Verbesserung der Lebensbedingungen sollen „gesundheitliche Entfaltungsmöglichkeiten“ (Hurrelmann et al. 2009) sowie gesundheitliche Schutzfaktoren und Ressourcen gestärkt werden (Altgeld / Kolip 2009, Antonovsky / Franke 1997, Becker 2006).

       Individuum und Setting

      Auch gesundheitsförderliche Maßnahmen können das Individuum oder das soziale Umfeld und die gesellschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen in das Zentrum des Interesses setzen. Dabei werden individuelle oder am Setting orientierte Maßnahmen unterschieden. Der Settingansatz bzw. Lebensweltansatz in der Gesundheitsförderung betrachtet Lebensbereiche, in denen Menschen sich einen großen Teil ihrer Zeit aufhalten. Betriebe, Schulen und Kindertagesstätten, aber auch Städte, Gemeinden oder Statteile werden als relevante Settings angesehen. Diese Settings mit ihrer spezifischen sozialen Zusammensetzung und ihren Organisationsstrukturen und Kultur wirken sich auf die Gesundheit des Menschen aus (GKV 2014, Altgeld / Kolip 2009). Angebote der Gesundheitsförderung können sich auch am Individuellen Ansatz orientieren. Einzelne Menschen sollen dazu befähigt werden, gesunde Lebensstile und gesundheitliche Schutzfaktoren zu stärken und ausbauen (GKV 2014, 2018).

       Gesundheitsrelevanter Lebensstil

      Gesundheitsrelevante Lebensstile werden durch soziale Faktoren wie Geschlechtszugehörigkeit, Alter und soziale Schicht beeinflusst. Maßnahmen der Gesundheitsförderung müssen demnach auch in den jeweiligen Lebenswelten der Menschen verortet sein. Eine Maßnahme zur Gesundheitsförderung, die gesundheitsrelevante Lebensstile stärken möchte, kann bestimmte Zielgruppen in spezifischen Settings in den Blick nehmen. Auf der Ebene der Intervention überschneiden sich Gesundheitsförderung und Prävention. Zum Beispiel wird ein Mangel an körperlicher Aktivität vielfach als Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen oder Adipositas beschrieben. Die Intervention der Bewegungsförderung jedoch stärkt den Schutzfaktor Körperliche Aktivität. Im Leitfaden Prävention der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) werden die Begriffe Prävention und Gesundheitsförderung als sich ergänzend betrachtet und Aspekte des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) mit der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) verknüpft (GKV 2018).

      Selbstlernaufgabe: Recherchieren Sie Best Practice-Beispiele zur Gesundheitsförderung. Handelt es sich um Präventions- oder Gesundheitsförderungsmaßnahmen?

      Das Deutsche Institut für Normung (DIN) hat die Bedeutung des Themas Betriebliches Gesundheitsmanagement erkannt und eine entsprechende Spezifikation entwickelt, die im Juli 2012 als DIN SPEC 91020 veröffentlicht wurde (Deutsches Institut für Normung 2012). Die Spezifikation kann in jeder Organisation (Unternehmen, Behörden, Körperschaften des öffentlichen Rechts etc.) angewendet werden, die ihre betrieblichen Gesundheitsbelange über ein wirksames Managementsystem einführen will. In dieser Richtlinie wird Betriebliches Gesundheitsmanagement definiert als

      „Systematische sowie nachhaltige Schaffung von gesundheitsförderlichen Strukturen und Prozessen einschließlich der Befähigung der Organisationsmitglieder zu einem eigenverantwortlichen gesundheitsbewussten Verhalten“ (Deutsches Institut für Normung 2012, 7).

      BGF setzt an gesundheitlichen Einflussfaktoren an und intendiert diese zu verbessern. Das Europäische Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung (ENWHP) definierte BGF bereits 2008 wie folgt:

      „Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) umfasst alle gemeinsamen Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden. Dies kann durch eine Verknüpfung folgender Ansätze erreicht werden: Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingungen, Förderung aktiver Mitarbeiterbeteiligung und Stärkung persönlicher Kompetenzen“ (Europäisches Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung (ENWHP) 2008, 2).

      BGF zielt darauf ab, die gesundheitsrelevanten Faktoren im Arbeitskontext zu beeinflussen. Es werden zum einen gesundheitsrelevante Unternehmensgrundsätze und -leitlinien, eine gesundheitsbewusste Unternehmenskultur und Personalpolitik mit entsprechenden Führungsgrundsätzen berücksichtigt (Kap. 6.1).

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      Zum anderen werden die MitarbeiterInnenbeteiligung, gesundheitsrelevante Arbeitsorganisation, Einflussmöglichkeiten auf die eigene Arbeit sowie soziale Unterstützung und ein integrierter Arbeits- und Gesundheitsschutz gefordert. Dies ist nur mit Hilfe eines systematischen BGM zu leisten.

       BEM

      Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) kann neben Arbeitsschutz und -sicherheit als Teil eines systematischen BGM verstanden werden (Abb. 7) (Kap. 2.4): ArbeitnehmerInnen, die während eines Jahres eine Zeitspanne von sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit überschreiten oder zum wiederholten Mal die Arbeit aufgrund von Krankheit nicht antreten können, muss ein betriebliches Gesundheitsmanagement angeboten werden. Jeder Betrieb, unabhängig von seiner Größe, ist hierzu verpflichtet. Dabei sollen die Beschäftigten an dem Verfahren beteiligt werden und ihr Einverständnis dazu geben (Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz 2016, Huber 2014). Hier geht es aber für den / die ArbeitnehmerIn ausdrücklich nicht nur darum zuzustimmen, er kann aktiv Vorschläge einbringen, welche Veränderungen für ihn im Sinne der Arbeitsfähigkeit erforderlich oder zumindest wünschenswert wären. Ziel des BEM ist zum einen eine Überwindung der Arbeitsunfähigkeit, zum anderen die Vorbeugung einer erneuten Erkrankung und Erhalt des Beschäftigungsverhältnisses für den / die ArbeitnehmerIn (Kohte 2019). Ein verbindlicher vom Gesetzgeber vorgegebener, strukturierter Ablauf existiert nicht (Uhle / Treier 2019). Gemäß §167 SGB IX müssen dabei die zuständigen Interessenvertretungen, wie bspw. Betriebs- oder Personalräte mit eingebunden werden. Bei Menschen mit einer Schwerbehinderung (Grad der Behinderung von mind. 50 oder gleichgestellt) wird die Schwerbehindertenvertretung gem. Sozialgesetzbuch §167 SGB IX am Verfahren beteiligt (Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz 2016). ArbeitnehmerInnen mit einer geringergradigen oder noch nicht bestätigten Behinderung können die Beteiligung der SBV wünschen, ebenso können weitere Fachdienste am BEM-Gespräch beteiligt werden. So empfiehlt sich z. B. bei Hör- oder Sehbehinderten die Beteiligung des jeweiligen Fachdienstes, um auch die technischen Fördermöglichkeiten in den Blick nehmen zu können. Auch die (Wieder-)Eingliederung psychisch erkrankter ArbeitnehmerInnen wird als bedeutsam betrachtet (Held 2017), da diese eine hohe Fehlzeitenraten aufweisen. Es können unter Zustimmung der Betroffenen Pläne zur Wiedereingliederung entwickelt und eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes initiiert werden (Uhle / Treier 2019). Hier empfiehlt sich u. a. auch das Hinzuziehen der für die jeweilige Beeinträchtigung zuständigen Fachdienste der Integrationsämter (Sehen, Hören, Bewegung u. a.), die u. a. einen Überblick über die technisch möglichen Unterstützungen bieten können.

      Ziel aller dieser Maßnahmen stellt eine Rückfallprophylaxe dar (Uhle / Treier 2019). Erfolgreiche Maßnahmen zur Eingliederung basieren auf folgenden Faktoren (Held 2017):

      ■ Vertrauen in die eigene Arbeitsfähigkeit und das Gelingen

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