Bio-psycho-soziales betriebliches Gesundheitsmanagement für Sozial- und Gesundheitsberufe. Ruth Haas
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Kohärenzsinn
Antonovsky definiert das Kohärenzgefühl als
„a global orientation that expresses the extent to which one has a pervasive endouring dynamic, feeling of confidence that one’s internal and external environments are predictible and that there is a high probability that things will work out as well as can reasonably be expected“ (Antonovsky 1979, 10).
Der SOC umschreibt eine globale Orientierung, die ausdrückt, inwieweit jemand ein überdauerndes, allgegenwärtiges Vertrauen darauf empfindet, dass die Ereignisse der äußeren und inneren Umwelt vorhersagbar und bewältigbar sind. Zudem bedeutet es, dass die Ressourcen als ausreichend für die Erfüllung der aus den Ereignissen erwachsenden Anforderungen empfunden werden. Dazu gehört auch, dass die Anforderungen als positive Herausforderungen wahrgenommen werden, welche die Investition und das Engagement wert sind (Antonovsky 1979, Antonovsky / Franke 1997). Demnach enthält der Kohärenzsinn kognitive, pragmatische und emotionale Bestimmungsgrößen, nämlich die Verstehbarkeit, die Handhabbarkeit und die Sinnhaftigkeit (Antonovsky 1979, Antonovsky / Franke 1997).
Verstehbarkeit
Comprehensibility beschreibt die Fähigkeit, die aus der internalen und externalen Umgebung wahrgenommenen Reize als Information einordnen und strukturieren zu können. Comprehensibility beinhaltet ein stabiles Urteilsvermögen bezüglich der Realität. Die zweite Komponente, die Fähigkeit zur Handhabung und Bewältigung (manageability), beinhaltet die Überzeugung, dass die eigenen verfügbaren Ressourcen den zukünftigen Erfordernissen gerecht werden können. Eine Person mit einem hohen Maß an manageability wird sich nicht als Opfer der Ereignisse fühlen.
Handhabbarkeit
Das motivationale Element wird mit dem Teilaspekt der Sinnhaftigkeit eingeführt. Es ist wichtig, dass Lebensbereiche und -ereignisse als sinnhaft erlebt werden, d. h. eine emotionale und kognitive Bedeutung besitzen.
Sinnhaftigkeit
Herausforderungen werden als das Engagement und die Investition wert und somit als sinnvoll betrachtet. Der SOC ist die zentrale koordinierende Kraft im Konzept von Antonovsky (1979, Antonovsky / Franke 1997), die die Wirkung von Stressoren, von Widerstandsquellen und die Verarbeitung der Lebenserfahrung maßgeblich beeinflusst. Ein Mensch ist nicht abhängig von externalen und internalen Widerstandsquellen und der Einwirkung von Stressoren (Abb. 4). Vielmehr beteiligt er sich mittels des Kohärenzsinnes aktiv an der Gewichtung und Bewältigung der Stressoreneinflüsse.
Stressoren
Einwirkungen bzw. Stimuli, deren Ursachen in der externalen und internalen Umwelt liegen, werden durch ihren Grad an Intensität oder die Zeitdauer ihrer Einwirkung zu Stressoren. Auf sie kann ein Mensch nur durch verstärkte Energieaufwendung und nicht automatisiert reagieren. Der Autor unterscheidet endogene und exogene Stressoren von körperlichen und biochemischen Stressoren.
Abb. 4: Das Salutogenese-Modell (nach Antonovsky 1979)
Als exogene Stressoren werden ein Unfall, historische Katastrophen, Gewalterfahrungen, innerpsychische Konflikte, Angst vor Aggression, normative und non-normative Krisen, plötzliche Umweltveränderungen, Konflikte im Sozialgefüge sowie eine Diskrepanz zwischen Zielen und Möglichkeiten genannt. Diese Stressoren führen zu Spannungszuständen, die bei nicht erfolgreicher Bewältigung zu Stress werden können (Kap. 5.1). Biochemische und körperliche Stressoren interagieren mit den individuellen pathogenen Schwachstellen und erhöhen möglicherweise den Stresszustand.
Widerstandsquellen
Erfolgreiches Stressmanagement hat unmittelbar Auswirkungen auf die Positionierung im Kontinuum und stärkt den Kohärenzsinn. Innerhalb des soziokulturellen und historischen Kontextes entwickelt ein Mensch generalisierte Widerstandsquellen gegen Stressoren. Diese sorgen dafür, dass ein Mensch sich als bedeutungsvoll und kohärent erfährt. Zusätzlich bewahren sie den Organismus vor der Einwirkung von Stressoren oder helfen, erzeugte Spannung zu lösen. Als wichtige generalisierte Widerstandsquellen werden u. a. genetische und konstitutionelle Widerstandsquellen, wie z. B. immunologische Abwehrkräfte und das große Anpassungsvermögen des Menschen genannt (Antonovsky 1979, Antonovsky / Franke 1997). Den psycho-sozialen Widerstandsquellen werden materieller Wohlstand, Wissen und Intelligenz, eine stabile Ich-Identität, die Verfügbarkeit flexibler und steuerbarer Bewältigungsstrategien sowie eine präventive Gesundheitseinstellung zugeordnet. Besondere Bedeutung als Widerstandsquellen erhalten soziale Unterstützung, dauerhafte Bindungen und kulturelle Stabilität. Stabile religiöse, philosophische oder magische Weltanschauungen helfen Antworten auf die Sinnfragen des Lebens zu finden.
Spezifische Widerstandsquellen entsprechen den persönlichen Bewältigungsstrategien im Alltag, wie z. B. eine Kopfschmerztablette bei Bedarf, ein Telefongespräch mit einer guten Freundin oder Entspannungstechniken.
Lebenserfahrung
Von Geburt an erleben Menschen Situationen der Herausforderung, der Anspannung, des Stresses und der Entscheidung. Je mehr diese Erfahrungen als konsistent erlebt werden, desto mehr beginnt das Individuum die Welt als kohärent und vorhersagbar zu erleben. Dabei muss es sich um ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Überbelastung und Unterbelastung handeln. Ein starker Kohärenzsinn mobilisiert die verfügbaren generalisierten und spezifischen Widerstandsquellen in der Auseinandersetzung mit Stressoren. Erfolgreiche Bewältigung von Stressoren und Spannung stärkt wiederum den Kohärenzsinn.
1.2.2 Das Konstrukt der gesundheitlichen Schutzfaktoren
Das Salutogenese-Modell hat den gesundheitswissenschaftlichen Diskurs stark beeinflusst und erweitert. In der Weiterentwicklung der salutogenetischen Perspektive sind gesundheitliche Schutzfaktoren für unterschiedliche Altersgruppen herausgearbeitet und überprüft worden.
Schutzfaktoren
Schutzfaktoren sind den Kategorien soziale, wirtschaftliche, psychologische, behaviorale sowie gesellschaftliche Faktoren zuzuordnen (Hurrelmann et al. 2009). Das Konstrukt der gesundheitlichen Protektivfaktoren (Viehhauser 2000) ist ein Begriff, der interne personenbezogene Betrachtungsweisen mit externen auf die Umwelt und Lebensgestaltung bezogenen Aspekten verknüpft (Abb. 5).
Risikofaktoren
Als Risikofaktoren werden alle empirisch gesicherten Faktoren, die die Vorhersage von Krankheiten ermöglichen, bezeichnet:
„Ein Risikofaktor gibt Auskunft über eine potenzielle, sich direkt oder indirekt und in der Regel erst mit zeitlicher Verzögerung manifestierende Gefährdung der Gesundheit, der Entwicklung oder der sozialen und kulturellen Integration bzw. Inklusion“ (Franzkowiak 2018c, 846)).
Risikofaktoren werden in genetische, physiologische und psychische Dispositionen, (z.