Die Befragung. Armin Scholl
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Die Stichprobenziehung für eine Telefonbefragung ist ebenso anspruchsvoll wie die für eine persönliche Befragung. Es sind aber andere Anforderungen und Probleme zu beachten. Folgende Varianten werden für die Ziehung einer repräsentativen Stichprobe verwendet19:
Zufallsauswahl aus dem Telefonbuch oder von der CD: Das Telefonbuchverfahren ist zwar mittlerweile veraltet, wird aber gelegentlich noch angewendet, zumal wenn nicht die bundesweite Bevölkerung die Grundgesamtheit bildet. Die Stichprobenziehung erfolgt mehrstufig: Zuerst wird das Telefonbuch, dann die Seite, die Spalte und zuletzt der Zielhaushalt ausgewählt. Wird die Stichprobe über CD gezogen, kann sie einstufig erfolgen und der Zielhaushalt direkt ausgewählt werden. Das Verfahren hat den Vorteil, dass alle Nummern tatsächlich existieren. Außerdem fällt im Vergleich zum ADM-Stichproben-System der persönlichen Befragung die erste Stufe weg, also die Auswahl der geografischen Einheiten, der Sample Points. Von Nachteil ist, dass viele Haushalte nicht eingetragen sind, was zu systematischen Verzerrungen führt: Im Telefonbuch oder auf der CD nicht eingetragene Personen haben entweder kein Telefon, wohnen in Gemeinschaftsunterkünften oder haben Geheimnummern. Seit einigen Jahren nimmt ferner die Zahl der Personen mit mehreren Festnetzanschlüssen (etwa über ISDN) zu, die bei Zufallsauswahlen überrepräsentiert werden, wohingegen Personen, die nur noch einen Mobilfunkanschluss haben, unterrepräsentiert werden, weil sie selten in ein Verzeichnis eingetragen sind.
[41]Zufalls-Ziffern-Anwahl (Random-Digit-Dialing): Bei diesem Verfahren werden die Telefonnummern per Zufall vom Computer generiert. Damit können prinzipiell auch Geheimnummern in die Stichprobe gelangen. Allerdings sind zahlreiche vom Computer erzeugte Nummern überhaupt nicht registriert, sodass der Streuungsverlust relativ groß ist. Aus diesem Grund wird in der Regel die Zufalls-Addition-Anwahl (Random-Last-Digit-Dialing) angewendet. Dabei werden im ersten Schritt Nummern aus dem Telefonbuch ausgewählt und im zweiten Schritt die letzte oder die letzten beiden Ziffern zufällig ergänzt20 (vgl. Fuchs 1994: 154ff., 158ff.; Gabler / Häder 1997).Weder bei der Telefonbuch- oder Telefon-CD-Auswahl noch bei der Zufallsnummern-Auswahl werden direkt Zielpersonen ermittelt, sondern nur Telefonnummern. Dieses Problem stellt sich entsprechend dem Prinzip der Haushaltsauswahl bei Flächenstichproben (Random Route, Random Walk). Für die Auswahl der Zielpersonen gibt es mehrere Möglichkeiten: Wird derjenige befragt, der sich am Telefon meldet, ist die Stichprobe auf der Personenebene nicht mehr zufällig, weil zu bestimmten Tageszeiten bestimmte Personen innerhalb des Haushalts ans Telefon gehen. Alternativ könnte man zur Bestimmung der Zielperson nach dem Haushaltsmitglied fragen, bei dem die zeitliche Differenz zwischen dem letzten oder dem nächsten Geburtstag am geringsten ist. Das aufwändigste Verfahren ist ein Haushaltsscreening, bei dem alle Haushaltsmitglieder zunächst aufgelistet werden, sodass mit Hilfe einer Auswahltabelle die Zielperson ausgewählt werden kann (vgl. Fuchs 1994: 165ff.).
Personenstichproben aus Einwohnermelderegister: Bei dem Verfahren werden Personen ausgewählt, deren Telefonnummer unbekannt ist. Diese muss in einem gesonderten Schritt ermittelt werden, sodass das Verfahren aufwändiger als die anderen ist (vgl. Blasius / Reuband 1995: 66f.).
Oft werden Mastersamples von etwa vier bis acht Millionen Privatadressen generiert. Dazu werden alle Telefonbucheinträge nach Kreisen und Gemeindegrößeklassen geschichtet und pro Schicht systematisch ausgewählt. Damit kann ein Teil der Stichprobenbereinigung (etwa die Identifizierung von Firmeneinträgen oder falschen Nummern) bereits im Vorhinein erledigt werden, sodass auf das Mastersample schnell zugegriffen werden kann. Das Mastersample muss allerdings jährlich aktualisiert werden (vgl. Meier 1999: 95ff.).
[42]2.2.3 | Vorteile des telefonischen Interviews |
Kosten und Aufwand von Telefoninterviews sind deutlich geringer als bei persönlichen Interviews. Der Interviewerstab muss nicht so groß sein, kann zentral eingesetzt werden und ist geografisch unabhängig. Außerdem bestehen bessere Möglichkeiten der Kontrolle und Supervision der Interviewer.
Aufgrund der zentralen Organisationsform kann die Forschungsleitung bei unerwarteten Problemen flexibel reagieren, und die Interviewer können wechselseitig voneinander lernen (vgl. Frey / Kunz / Lüschen 1990: 175f.).
Die Reichweite von Telefoninterviews ermöglicht Repräsentativerhebungen, bei denen auch spezielle Populationen erreichbar sind.
Die Datenerhebungsphase ist vergleichsweise kurz. Die Interviewer müssen die Zielpersonen nicht persönlich aufsuchen. Durch die Verbreitung mobiler Telefongeräte dürfte sich die Erreichbarkeit erhöhen.
Der Interviewer kann die Qualität der Befragungsergebnisse steigern. Viele Vorteile, die im Zusammenhang mit dem persönlich-mündlichen Interview aufgeführt wurden, treffen auch auf das Telefoninterview zu. Da die Gesprächsbeziehung anonymer ist – auch weil Dritte fast immer ausgeschlossen sind –, sinkt zudem die Wahrscheinlichkeit, dass die Befragten unaufrichtig antworten; außerdem ist das Gespräch konzentrierter. Insgesamt können die Interviewer im Telefoninterview weniger Fehler begehen als im persönlichen Interview, weil sie besser kontrollierbar sind und weil ihr Verhalten, auf die akustische Dimension reduziert, weniger exponiert ist (vgl. Fowler 1988: 70ff.; Fuchs 1994: 188f.).
2.2.4 | Nachteile des telefonischen Interviews |
Die Repräsentativität von Telefonstichproben ist von der Telefondichte abhängig. Personen, die keinen Telefonanschluss haben, werden in der Stichprobe nicht repräsentiert. Die Ausfälle, die aufgrund der automatischen Zufallsziehung (Random-Digit-Dialing oder Random-Last-Digit-Dialing) entstehen, sind nicht kontrollierbar, weil eine Nichtantwort entweder bedeuten kann, dass es die betreffende Telefonnummer nicht gibt oder dass die Person mit dem betreffenden Telefonanschluss nicht erreichbar ist.
Die Ausschöpfung von Telefonstichproben ist in der Regel niedriger als die persönlicher Umfragen und reicht in Deutschland kaum über 50 Prozent (vgl. Stögbauer 2000). Dieser Wert lässt sich auch kaum steigern durch die vorherige Zustellung des Fragebogens, sondern allenfalls mit aufwändigen Kombinationen mit den anderen Befragungsverfahren (vgl. Friedrichs 2000).
[43]Der Fragebogen muss relativ einfach gestaltet sein. Der Einsatz optischer Skalen, visueller Hilfsmittel (Bildblätter) und sonstiger Gegenstände ist nicht möglich (zum Beispiel auch keine Copytests). Die Bildung von Rangreihen kann nur begrenzt eingesetzt werden, da sie nur mit optischer Unterstützung gut funktioniert. Noelle-Neumann und Petersen (1996: 309ff.) nennen zahlreiche weitere Beispiele für nicht oder nur eingeschränkt einsetzbare Mittel, die bei mündlicher Befragung möglich sind.
Der Interviewer hat nur eingeschränkte Möglichkeiten, den Befragten zur Teilnahme zu motivieren oder eine persönliche Beziehung aufzubauen, aufgrund derer es möglich ist, auch sensible und heikle Fragen zu stellen. Insgesamt ist die Gesprächssituation am Telefon unverbindlicher als im persönlich-mündlichen Interview. Außerdem ist die Interviewdauer kürzer als beim persönlichen Interview, was damit einhergeht, dass die Antworten in der Regel oberflächlicher sind. Dies ist die Kehrseite der größeren Anonymität (vgl. Fowler 1988: 70ff.; Frey / Kunz / Lüschen 1990: 57).
2.3 | Die schriftliche Befragung |
2.3.1 | Beschreibung und Varianten |
Bei der schriftlichen Befragung wird kein Interviewer eingesetzt, und die Befragten füllen den verschickten oder verteilten Fragebogen selbst aus.
Die schriftliche Befragung gleicht zwar dem individuellen Briefverkehr (vgl. Richter 1970: 142), umfasst aber mehr Varianten der Verteilung als die postalische Verschickung von Fragebögen.