Die Befragung. Armin Scholl

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Die Befragung - Armin Scholl

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zufällige Auswahl nicht durchführbar. Darüber hinaus ist die Population hauptsächlich hinsichtlich des einen spezifischen Merkmals von Forschungsinteresse, sodass es weniger auf die Repräsentanz hinsichtlich anderer Merkmale ankommt, sondern auf eine gewisse Bandbreite bzw. Streuung in Bezug auf andere Merkmale. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Auswahl von normalen oder typischen Personengruppen in Bezug auf ein bestimmtes Merkmal, also etwa Personen mit einem durchschnittlichen Fernsehrezeptionsverhalten. Sowohl bei der Auswahl extremer als auch normaler Personen(gruppen) geht es darum, diese intensiver oder detaillierter beschreiben zu können. Wenn dagegen eher der Vergleich zwischen Gruppen im Mittelpunkt der Fragestellung stehen soll, muss ein bestimmtes Spektrum abgedeckt werden. Dieses Spektrum kann je nach Untersuchungsziel wiederum eher ähnliche Personen(gruppen) berücksichtigen oder Extremgruppen.

      Insbesondere bei nichtstandardisierten Befragungen sind solche bewussten Auswahlverfahren üblich, da keine quantitativen Auswertungen vorgenommen werden (→ Kapitel 3.1, 3.2, 3.3). Auch bei standardisierten Formen der Befragung wie beim Experiment sind nichtrepräsentative Auswahlverfahren üblich, wenngleich dort meist mit einem Zufallskriterium gearbeitet wird, damit bestimmte statistische Auswertungsverfahren überhaupt sinnvoll sind (→ Kapitel 3.6).

Vorteile des persönlichen Interviews

       Alle Formen von Stichprobendesigns sind bei der persönlichen Befragung – beim Passanteninterview und bei der Klassenzimmer-Befragung allerdings nur eingeschränkt – möglich. Wenn Adresslisten oder Telefonnummern nicht verfügbar sind, kann auf eine räumliche Gebietsstichprobe mit einer eigenen Adressermittlung (etwa beim Random Route bzw. Random Walk) zurückgegriffen werden, wie dies beim ADM-Mastersample der Fall ist.

      Der persönliche Kontakt mit dem Interviewer kann in mehreren Hinsichten die Qualität der Befragungsergebnisse erhöhen:

       Bei unmotivierten oder unwilligen Befragten kann der Interviewer zur Teilnahme an der Befragung motivieren. Bei längeren Befragungen ist die Abbruchwahrscheinlichkeit geringer, wenn ein Interviewer sie persönlich durchführt. [38]Durch den Aufbau einer »persönlichen Beziehung« kann ein Vertrauensverhältnis entstehen, das zu einer höheren Akzeptanz der Befragung und des Fragebogens beim Befragten führt. Insgesamt ist die Ausschöpfungsquote der Stichprobe wegen des größeren Verbindlichkeitsgrades höher als bei den anderen Befragungsformen. Dies gilt für die Klassenzimmer-Befragung besonders, allerdings nur sehr eingeschränkt für das Passanteninterview.

       Bei unverständlichen Fragen oder Antwortvorgaben kann der Interviewer Hilfestellung für die Beantwortung geben.

       Bei ungenauen oder nicht passenden Antworten des Befragten kann der Interviewer in geeigneter Weise nachhaken, um die Antwort an die Frage bzw. die Antwortvorgaben anzupassen oder um sie zu vervollständigen.

       Bei komplexen Instruktionen oder Sequenzen (zum Beispiel Filterführung) kann der Interviewer für die akkurate Befolgung durch den Befragten sorgen. Der Befragte wird dadurch von strukturellen Aufgaben, die für ihn zutreffende Frage im Fragebogen zu suchen, entlastet.

       Für die Präsentation zahlreicher visuellen und optischen Unterstützungen sind Interviewer erforderlich. Bei langen Listen, die als Kartenspiele vorgelegt werden, kann der Interviewer die Reihenfolge systematisch rotieren oder zufällig auswählen (vgl. Noelle-Neumann / Petersen 2000).

       Bei Mehrmethoden-Designs mit Selbstausfüller-Modulen, mit eingebauten Beobachtungsteilen (der Interviewer beobachtet die Wohnungseinrichtung oder das Verhalten des Befragten bei der Beantwortung der Fragen) oder mit experimentellen Anlagen ist die Anwesenheit des Interviewers erforderlich.

       Bei qualitativen Interviews ist ein kompetenter Interviewer immer erforderlich und ein persönlich anwesender Interviewer gegenüber einem Telefoninterviewer zusätzlich im Vorteil, um vom Befragten komplexere und tiefere Informationen zu bekommen (vgl. Fowler 1988: 70ff.).

Nachteile des persönlichen Interviews

       Aufwand und Kosten des persönlichen Interviews sind größer als in anderen Befragungsformen. Nur professionelle Institute können einen Interviewerstab organisieren, der für bundesweite Repräsentativstichproben geografisch flächendeckend eingesetzt werden kann. Rekrutierung, Einsatz, Kontrolle und Bezahlung der Interviewer sind sehr kostenintensiv. Für Passanteninterviews und Klassenzimmer-Befragungen entfällt dieser Nachteil weitgehend.

       Die Feldphase dauert meist länger als bei anderen Befragungsformen, da die Interviewer die Befragten selbst aufsuchen müssen. Gerade bei mobilen Zielpersonen [39]kann dies zu einem höheren Aufwand führen. Passanteninterviews und Klassenzimmer-Befragungen haben dagegen eine kürzere Feldphase.

       Einige Teilpopulationen sind mit anderen Befragungsarten besser erreichbar: Dazu gehören Bewohner oberer Stockwerke in Hochhäusern, Befragte, die in Gebieten mit hoher Kriminalitätsrate wohnen, Eliten, mobile Personen, nicht sesshafte bzw. obdachlose Personen.

      Der Interviewer hebt nicht nur die Qualität von Interviews, sondern stellt in einigen Hinsichten auch ein Risiko für deren Qualität dar:

       Aufgrund der persönlichen Situation im Interview können sich Befragte eingeschüchtert fühlen und deshalb ausweichend oder unehrlich antworten. Andere Formen der Befragung sind anonymer und ermöglichen den Befragten eine freiere Meinungsäußerung. Dies ist insbesondere bei heiklen Themen (abweichendes Verhalten, Sexualität usw.) problematisch, wenn der Befragte dazu neigt, dem Interviewer gegenüber eine als sozial erwünscht eingeschätzte Antwort zu geben, um einen guten Eindruck bei ihm zu hinterlassen.

       Interviewer können die Fragen und Antwortvorgaben fehlerhaft vorlesen, Fehler bei der Filterführung begehen, die Angaben der Befragten falsch verstehen oder die geäußerten Antworten den Antwortvorgaben falsch zuordnen.

       Interviewer können sich absichtlich falsch verhalten, um den Aufwand und die Kosten zu senken. Darunter fallen nicht regelgerechte Adressermittlungen gemäß der Begehungsvorschriften beim Random-Route-Verfahren bzw. Random-Walk-Verfahren, Unterschlagung einzelner Fragen bzw. Fälschung einzelner Antworten bis hin zur Fälschung gesamter Interviews. Bei Klassenzimmer-Befragung treffen diese Befürchtungen kaum zu, da ihr Aufwand erheblich geringer ist. Dagegen besteht bei Passanteninterviews durchaus die Gefahr der subjektiven Stichprobenziehung, weshalb diese nicht von den Interviewern selbst durchgeführt werden sollte (vgl. Fowler 1988: 70ff.).

Das telefonische Interview
Beschreibung und Varianten

      Das telefonische Interview ist als fernmündliche Befragung weniger persönlich als das direkte face-to-face Interview, aber es basiert ebenfalls auf einer Beziehung zwischen einem Interviewer und einem Befragten.

      [40]Voraussetzung ist, dass die Zielpersonen einen Telefonanschluss haben bzw. telefonisch erreichbar sind. Dies ist vor allem in Industrieländern westlicher Prägung der Fall. In den USA ist der Einsatz von Telefoninterviews schon seit längerer Zeit sehr populär, und er ist mit einer gewissen Verzögerung auch in Deutschland gestiegen. Durch die Wiedervereinigung erlitt diese Befragungsform zunächst einen Rückschlag, weil in der DDR die Telefondichte relativ gering und die technische Qualität der Telefonanschlüsse schlecht war. Diese Probleme waren jedoch nur vorübergehend, sodass Telefoninterviews mittlerweile sehr häufig verwendet werden. Sie bieten

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