Küsse am Meer. Rosita Hoppe

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Küsse am Meer - Rosita Hoppe

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so.“ Sie beugte sich zu Jule und warf einen raschen Seitenblick auf ihren Partner, der gerade eine Kühltasche aus dem Fond seines Wagens hob. „Seine Kommentare über die Fahrweise anderer Verkehrsteilnehmer gehen mir ziemlich auf den Geist“, raunte sie. „Aber ich kann ihm das einfach nicht abgewöhnen.“ Sie streckte sich und zuckte mit den Schultern. „Herbert, komm jetzt! Ich will endlich auf das Zimmer.“

      Pauline sah dem Paar kopfschüttelnd nach. „Ich dachte, die beiden seien ein altes Ehepaar, so, wie sie miteinander reden.“

      Jule lachte. „Ich kenne sie nicht anders. Frau Liebig erzählte mir im vorigen Jahr, dass sie bald Silberhochzeit feiern könnten, wenn sie verheiratet wären. Die beiden sind übrigens schon zum fünften Mal hier. Eigentlich sind sie ganz nett und ich bin froh, Stammgäste zu haben.“

      Jule hakte sich bei Pauline ein und sie folgten dem resoluten Paar ins Haus. „Ich hatte schon die Befürchtung, dass die beiden dir Ärger bereiten könnten.“

      „Glaub ich nicht. Bisher hatten wir ein gutes Verhältnis und sie haben noch nie gemeckert.“

      „Hach, das beruhigt mich. Ich hoffe, dass es so bleibt.“

      „Hast du Durst? Oder lieber ein Eis?“ Pauline grinste. „Beides.“

      „Dann komm.“

      Nachdem Jule die Neuankömmlinge versorgt hatte, machten es sich die Frauen am Küchentisch gemütlich. Pauline füllte zwei Glasschälchen mit je einer Kugel Vanille- und Walnusseis. „Eigentlich hatte ich schon eins“, gestand sie.

      Jule lachte erneut. „Was dich aber nicht abhält.“

      „Nö. Außerdem bin ich vorhin eingeladen worden. Na ja, eigentlich zu Kaffee und Kuchen. Aber ich hab gefragt, ob es auch ein Eis sein darf.“

      Jule riss die Augen auf. „Im Ernst?“

      Pauline berichtete von ihrer Begegnung mit Paul, wobei sie Jule das Gefühlschaos verschwieg, das Paul in ihr auslöste.

      „Find ich ja nett von ihm. Du hast wohl mächtig Eindruck auf ihn gemacht.“

      „Er wollte sich nur bedanken, weil ich ihm aus der Patsche geholfen habe.“

      „Und? Werdet ihr euch wiedersehen?“ Jule knuffte Pauline in die Seite. „Vielleicht findest du hier eine neue Liebe.“

      „Du spinnst wohl. Ich hab den letzten Kerl noch nicht verdaut.“ Pauline starrte konzentriert auf ihren Eisbecher. Sie spürte, wie ihre Wangen brannten. Sollte sie Jule gestehen, wie sehr ihr Paul gefiel? Aber was hätte das für einen Sinn? Vermutlich würde sie ihn nie wiedersehen. Egal, sie konnte es nicht für sich behalten. Sie hob den Kopf und sah Jule an. „Ich fand ihn nett. Sehr nett sogar. Außerdem sieht er gut aus.“

      „Aha. Wusste ich es doch.“ Jule grinste. „Mir kannst du nichts vormachen. Ich hab es dir an deiner Nasenspitze angesehen. Erzähl, wie er aussieht. Groß, schlank, sportlich …?“

      Ein Klopfen am Küchenfenster unterbrach die Frauen. Pauline sah einen mit einer Schiffermütze bedeckten Kopf hinter der Scheibe.

      Jule erhob sich und ging zum Fenster. „Das ist Herr Sörens. Der meint bestimmt, er müsse mal wieder nach dem Rechten sehen.“ Sie öffnete einen Fensterflügel. „Moin, Herr Sörens.“

      „Moin, men Deern.“ Der Besucher tippte sich an die Mütze. „Was zu tun? Ich könnte den Rasen mähen.“

      „Es eilt nicht. Wie geht es Ihrer Frau?“

      „Hat noch Schmerzen. Aber rumkommandieren kann se schon wieder.“

      Jule lachte. „Bestellen Sie ihr einen schönen Gruß. Ich komme sie bald besuchen.“

      Erst jetzt schien Herr Sörens Pauline wahrgenommen zu haben. „Besuch?“

      „Kommen Sie rum. Ich stelle Ihnen meine Freundin vor. Ich hab auch ’nen Lütten für Sie.“ Jule schloss das Fenster. Aus dem Kühlschrank holte sie eine Flasche mit einer gelbgoldenen Flüssigkeit und stellte sie auf den Tisch.

      Aquavit las Pauline. Brrr, grässlich. So was würde sie nie runterkriegen. Hinter ihr hörte sie eine Tür zuschlagen. Kurz darauf kam ein Mann, sie schätzte ihn auf mindestens siebzig Jahre, in die Küche gepoltert. Pauline stand auf und streckte dem Besucher die Hand entgegen.

      „Guten Tag. Ich bin Pauline Weber.“

      „Moin. Sörens, Hinrich.“ Er tippte sich wieder an seine Mütze.

      „Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Jule erzählte, dass Sie ihr oft helfen.“

      Sörens nickte und schielte an Pauline vorbei in Richtung Jule, die eben einen Aquavit in ein langstieliges Schnapsglas schenkte. Pauline verkniff sich ein Grinsen.

      „Prost, Herr Sörens. Schön, dass Sie vorbeigekommen sind.“

      Sörens griff sich das Glas und setzte es an die Lippen.

      „Na denn, prost“, murmelte er und ließ die goldgelbe Flüssigkeit in seinen Rachen laufen. Er verzog nicht mal sein Gesicht, wie Pauline staunend feststellte.

      Jule zwinkerte. „Noch einen?“

      „Nee, lass mal, Deern. Erst die Arbeit.“ Sörens tippte sich wieder an die Mütze. Das schien eine Marotte von ihm zu sein. Er machte kehrt, nickte Pauline zum Abschied zu und stiefelte aus der Küche.

      „Ist der immer so durstig?“

      „So ’n Lütter muss meistens sein. Das scheint seinen Motor in Gang zu bringen. Der Mann ist ganz in Ordnung.“ Jule blickte aus dem Fenster. „Wenn ich ihn nicht gehabt hätte … was ist da schon ein Schnaps?“

      Pauline stellte die beiden Eisschälchen zusammen und ging damit zur Spüle. Unter fließendem Wasser spülte sie das Geschirr sofort ab. „Ich war bei Jan-Erik“, sagte sie und nahm das Geschirrtuch.

      „Danke, dass du daran gedacht hast.“ Jule kam näher und drückte Paulines Arm. In ihrem Gesicht spiegelten sich Dankbarkeit und Trauer gleichzeitig.

      „Nächstes Mal nehme ich Blumen mit.“

      5. Kapitel

      Die erste Woche war um. Obwohl die Pension inzwischen voll belegt war, konnte sich Pauline täglich Zeit für sich nehmen. Die nutzte sie für Spaziergänge, die sie meistens durch die Dünen zum Strand führten. Sie war ein zweites Mal joggen gewesen und hatte sich fest vorgenommen, ihre sportliche Aktivität beizubehalten. Es tat ihr gut und sie war stolz auf ihre Leistung, obwohl sie hinterher total ausgelaugt war.

      Die Arbeit machte ihr Spaß, obwohl sie hauptsächlich aus Putzen und Aufräumen bestand. Wenn nur nicht das schlechte Gewissen ihrer Lektorin gegenüber gewesen wäre. Bislang hatte Pauline vermieden, sich bei Frau Mölder zu melden. Was hätte sie denn sagen können – außer, dass sie immer noch keinen blassen Schimmer hatte, was für eine Geschichte sie schreiben könnte? Trotz der vielen neuen Eindrücke, die sie in den vergangenen Tagen gesammelt hatte, blieb es in ihrem Kopf gähnend leer. Taugte sie nicht mehr zur Autorin? Sollte sie das Schreiben aufgeben?

      Nein,

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