Küsse am Meer. Rosita Hoppe

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Küsse am Meer - Rosita Hoppe

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du Schande, was für einen Blödsinn man manchmal von sich gibt.

      „Vielen Dank noch mal für Ihren Büchertipp. Sie haben mich damit aus einer blöden Situation gerettet.“

      Ach ja, er hatte ja eine Frau. So was Doofes aber auch.

      Paulines Laune sank. „Ah ja?“

      „Ich hätte vermutlich noch bis Ladenschluss vor dem Regal gestanden und nicht gewusst, was ich kaufen soll. Dank Ihrer Hilfe konnte ich die Bücher noch am gleichen Tag zu meiner Schwester schicken.“

      „Ihre Schwester?“

      „Ja, meine Schwester hat heute Geburtstag und ich brauchte unbedingt ein Geschenk, das ich ohne Weiteres per Post verschicken konnte.“

      Pauline fiel ein Stein vom Herzen und fast wäre sie ihrem Gegenüber vor Freude um den Hals gefallen. Die Bücher waren für seine Schwester, jubelte sie im Innern. Aber halt! Das hieß noch lange nicht, dass er ungebunden war. Das Leben war aber auch kompliziert.

      „Darf ich Sie zum Dank in ein Café einladen?“ Er strahlte Pauline an.

      „Ähm, ja, also … ich weiß nicht.“ Ihr schoss die Hitze ins Gesicht.

      „Wartet jemand auf Sie? Ihr Mann vielleicht?“

      Pauline schüttelte den Kopf. „Es wartet niemand. Ich bin allein hier.“ Allein, weil mich ein Idiot betrogen hat, fügte sie in Gedanken hinzu. Sie gab sich einen Ruck. Warum nicht? Selbst, wenn er eine Frau hatte, konnte sie sich von ihm einladen lassen. Da war doch nichts dabei. „Geht auch ein Eis?“

      Er lachte. „Na klar. Nichts dagegen. Ich bin übrigens Paul.“ Pauline stutzte, prustete los und lachte, bis ihr die Tränen über die Wangen kullerten. Paul! Das war doch wohl ein Witz.

      Paul starrte sie irritiert an. „Was ist?“

      „Sie … Sie heißen wirklich Paul?“

      „Ja. Was ist so lächerlich daran?“

      „Pauline. Ich heiße Pauline.“ Pauline kicherte immer noch.

      „Ernsthaft?“ Paul stimmte in ihr Lachen ein. „Wenn das kein Grund ist. Darauf müssen wir anstoßen. Wir könnten da drüben hingehen.“ Er zeigte über die Straße auf ein Reetdachhaus mit kleinem Garten davor. Rosencafé stand in schwungvoller Schrift über dem Eingang. Über einem Holzzaun rankten sich rote und gelbe Rosenbüsche. Das sah sehr romantisch aus. „Da gibt es auch leckeres Eis.“

      Das war natürlich ein Grund mehr, auf Pauls Einladung einzugehen, wenn auch nicht der Hauptgrund. Der war nämlich, dass er ihr Herz zum Rasen brachte, wenn er sie so anlächelte.

      Paul fasste unter Paulines Arm und führte sie hinüber in den Rosengarten. Kleine Holztische und Klappstühle mit bunten Sitzkissen luden zum Verweilen ein. Auf jedem Tisch stand eine Vase mit einer roten und einer gelben Rose. Die stammten sicherlich von den Büschen, die den Zaun überwucherten. Sie nahmen am hinteren Tisch Platz.

      „Es ist sehr nett hier.“

      „Ich bin gern hier“, sagte Paul. „Ich mag dieses familiäre Ambiente. Außerdem backen sie den Kuchen selbst.“ Mit erhobener Hand winkte er die Bedienung heran.

      „Das ist natürlich ein Grund.“ Pauline zog die Eiskarte heran. Sie entschied sich für einen großen Früchtebecher mit Sahne. Paul bestellte einen Pott Kaffee und ein Stück Brombeersahnetorte.

      Er legte seine Arme auf dem Tisch ab und neigte seinen Kopf in Paulines Richtung. „Es freut mich, dass wir uns getroffen haben.“

      Pauline überlegte, ob sie zugeben sollte, dass sie sich ebenso freute. Da trat die Bedienung schon mit dem Eis an ihren Tisch und so nickte Pauline nur.

      „Essen Sie, bevor es schmilzt.“ Paul wartete noch auf Kaffee und Kuchen.

      Das ließ sich Pauline nicht zweimal sagen. Es war schon eine gefühlte Ewigkeit her, seit sie am Ankunftstag ein Eis gegessen hatte. Es gab für sie in diesem Moment nichts Schöneres, als hier neben diesem Mann zu sitzen, den sie kaum kannte, und ihr Eis zu genießen.

      Paul bekam seinen Kaffee und ein großes Stück Torte, garniert mit zwei dicken Brombeeren.

      „Sieht sehr lecker aus“, sagte Pauline.

      „Sieht nicht nur so aus.“ Er pikste mit der kleinen Gabel in die Spitze der Torte.

      Zu Paulines Erstaunen hielt er ihr den ersten Happen hin. Pauline konnte nicht widerstehen und beugte sich mit leicht geöffnetem Mund dem Leckerbissen entgegen. Sie schloss die Augen, als sie die süße, cremige Masse auf der Zunge spürte. Es kam noch ein wenig die leichte Säure der Brombeere durch. „Mmh … herrlich.“

      „Finde ich auch“, murmelte Paul mit belegter Stimme. Pauline öffnete die Augen. Den unergründlichen und leicht irritierten Gesichtsausdruck von Paul vermochte sie nicht wirklich zu deuten. Aber in ihrem Bauch flatterte es plötzlich ganz doll. Was geschah hier gerade? Paul probierte die Torte. Ganz langsam, ohne den Blick von ihr zu wenden, ließ er seine Lippen über die Kuchengabel gleiten. Fast so, als wollte er auskosten, dass Pauline sie zuvor mit ihren Lippen berührt hatte. Diese Version überkam jedenfalls Pauline. Einen winzigen Moment noch blickten sie sich an.

      „Alles in Ordnung?“, fragte in dem Moment die junge Frau, die sie bedient hatte. Einen unpassenderen Augenblick hätte sie nicht erwischen können. Pauline fühlte sich unsanft in die Wirklichkeit zurückgeholt. Paul schien ebenso zu denken, denn er warf der Frau einen verärgerten Blick zu. Pauline lehnte sich zurück und konzentrierte sich wieder auf ihren Eisbecher. Zwischenzeitlich hatte ihre Lieblingsspeise eine leicht flüssige Konsistenz angenommen. Aber egal. Es schmeckte trotzdem. Sie schwiegen, während sie aßen, warfen sich nur ab und an verstohlene Blicke zu. Pauline überlegte fieberhaft, was sie Unverfängliches sagen konnte. Doch blöderweise fiel ihr überhaupt nichts ein.

      „Wir müssen noch auf unsere tollen Namen anstoßen.“ Paul holte sie abrupt aus ihren Überlegungen zurück, als er plötzlich mit dem Stuhl zurückrückte und sich erhob.

      „Ich hol uns rasch was.“

      Pauline blickte ihm nach, bis er im Café verschwand. Sie konnte noch immer nicht fassen, was da eben zwischen ihnen passiert war.

      Kurze Zeit später kam er mit zwei gefüllten Sektgläsern zurück. Eines reichte er ihr, bevor er sich setzte. „Das einzig richtige Getränk zum Anstoßen“, sagte er mit einem Lächeln.

      Pauline warf einen Blick auf die aufsteigenden Perlen im Glas. „Nicht, dass ich nachher vom Fahrrad falle.“ Sie blickte auf. Paul hielt ihr sein Glas entgegen. Mit einem leichten Klingen stießen sie an.

      „Auf uns und auf unsere besonderen Vornamen.“ Paul zwinkerte. „Ich heiße Paul – und du?“

      Pauline konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. „Hallo, Paul, schön, dich kennenzulernen. Ich bin Pauline.“

      „Hallo, Pauline.“ Ehe sich Pauline versah, beugte sich Paul vor und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. „Ich freue mich auch“, murmelte er, lehnte er sich zurück, schlug lässig ein Bein über das andere und nahm einen ersten Schluck aus seinem Glas.

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