Tatort Bodensee. Eva-Maria Bast
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Tatort Bodensee - Eva-Maria Bast страница 22
»Na ja«, Horst wartete gespannt auf den letzten Rest der Schlussfolgerung, »dann stand da seit ungefähr zwei Stunden auf dem Parkplatz ein Auto – das einzige übrigens – mit Ulmer Kennzeichen! Und nachdem die drei Polizeikollegen von Ihnen wieder abgefahren sind, hab ich mir halt gedacht: Wartest du noch ein Weilchen, dann wird ja vielleicht der Kommissar aus Ulm an seinen Wagen zurückkommen und mir vielleicht ein paar Fragen beantworten.« Der Super-Rechercheur lächelte verlegen. »Na ja, und dann sind Sie beide gleich zusammen herausgekommen.« Er deutete auf Horst: »Und als ich Sie gesehen habe – ein bisschen klapperig halt noch –, da hab ich kombiniert, dass Sie es sein könnten! Bingo! Nicht wahr?« Wieder zog sich ein breites Grinsen über das Vollmondgesicht des Zeitungsredakteurs.
»Klar, dass es sich bei mir um mich selbst handeln muss!« Horst war wütend, weil er nicht die mindeste Lust verspürte, ausgerechnet jetzt noch irgendwelche Statements für die Zeitung abzugeben. »Und – was jetzt?«
»Na ja«, der Zeitungsmann fingerte eine Visitenkarte aus seiner Gesäßtasche. »Hier ist übrigens meine Karte! Bitte schön! Jetzt hab ich mir gedacht, Sie könnten mir doch ein paar Fragen für meinen Artikel beantworten!«
Horst nahm die Visitenkarte und warf einen mürrischen Blick darauf. »Alex Winter, freier Journalist, Seekurier« stand da zu lesen. »Aha – und dann auch noch ein Freier!«, das waren seiner Meinung nach die schlimmsten, denn die arbeiteten auf Honorarbasis. Und Honorar gab es ja bekanntlich erst, wenn der Artikel abgedruckt wurde, was natürlich nur dann geschah, wenn er dem zuständigen Redakteur an seinem Schreibtisch auch interessant genug erschien. Und deshalb unternahmen die Freien alles, um die Artikel so interessant wie möglich aussehen zu lassen! Oft genug hatte Horst zu seinem Leidwesen erfahren müssen, wie geduldig Papier doch war und mit wie viel Fantasie so mancher Schreiber eine an sich ganz und gar trockene Materie aufgepeppt hatte. Seine Begeisterung über die unerwartete Begegnung hielt sich demnach in engsten Grenzen.
»Na ja«, der Reporter zuckte die Achseln. »Sie wissen ja, wie das heute so ist! Grade die kleinen Verlage sparen, wo sie nur können: leider vor allen Dingen an den Mitarbeitern! Und wenn sie einen als Freien beschäftigen, dann fallen für sie keine Sozialkosten an, man hat keinen Kündigungsschutz, ist also pflegeleichter, geht auf jeden Termin, selbst noch nachts um zwölf, bei Wind und Wetter, und so weiter und so weiter …« Energisch zückte er nun den Kugelschreiber, den er am Kragen seines T-Shirts festgemacht hatte, und kramte ein zerknittertes Stück Papier hervor. »Also dann, Herr Meyer – so heißen Sie doch?« Dabei warf er einen forschenden Blick in den Wagen.
Der wusste ja alles! Also das musste man dem Kerl lassen: informiert war der, Donnerwetter. Horst nickte schicksalsergeben. »Aber wenn Sie ja sowieso schon alles wissen, was wollen Sie mich dann eigentlich noch fragen?«
Winter lächelte leise. »Zum Beispiel, was Sie von der Tatsache halten, dass Ihr Kollege Selbstmord begangen und damit beinahe auch Sie mit umgebracht hätte!«
Protnik zog scharf die Luft ein. Horst glaubte, nicht richtig gehört zu haben! »Was haben Sie da gesagt? Selbstmord? Wie kommen Sie denn auf den Blödsinn?!«, polterte er los.
Der Journalist blieb gelassen. »Na ja, wo doch Ihre Kollegen da ganz eindeutig zu dem Schluss gekommen sind …«
Horst schnaubte wütend. »Die Kollegen, dass ich nicht lache! Die wollen doch nur so schnell wie möglich den Deckel auf die Kiste machen und Ruhe im Karton haben!«
Forschend beugte sich Winter herunter. »Und Sie nicht?«
Bevor Horst antworten konnte, erhielt er einen neuerlichen Hieb in die Seite. Protnik ergriff nun die Initiative. »Nein, wir nicht! Aber jetzt ist wirklich erst mal genug, Sie sehen doch, dass mein Kollege absolut noch nicht die Kraft hat, in ein Kreuzverhör genommen zu werden! Schluss für heute!« Entschlossen drehte er den Zündschlüssel und startete den Wagen. Horst atmete tief durch. Protnik hatte recht, er fühlte sich mit einem Mal wieder hundeelend und schlapp wie ein Waschlappen an der Wäscheleine. Es reichte für heute wirklich!
Winter sah seine Felle ganz offensichtlich davonschwimmen. Er streckte den linken Arm durch das geöffnete Fenster auf der Beifahrertür und spreizte die Finger weit ab. »Einen Moment noch – bitte!«
Protnik musterte ihn finster, löste aber die Handbremse nicht. »Also – was ist noch?«
»Ich habe Thomas Grundler ganz gut gekannt. Wir haben sogar im einen oder anderen Fall bestens zusammengearbeitet und ein bisschen Ping-Pong gespielt. Er hat mir in Fällen, in denen er intern nicht weitergekommen ist, die eine oder andere Sache gesteckt, und dann, wenn ich sie öffentlich gemacht habe, dann war der Teufel los und Thomas konnte zuschlagen. Sie haben ihn zwar immer wieder in Verdacht gehabt, dass er die undichte Stelle war, aber beweisen haben sie es ihm nie können!« Die Worte sprudelten nur so aus dem Mund des Journalisten heraus.
Horst versetzte Protnik einen Stoß mit dem Ellbogen und deutete anschließend auf den Anlasser. Protnik verstand sofort, machte den Motor wieder aus.
Winter war noch nicht fertig. »Ja, und ich weiß ganz genau, dass er diesesmal wieder an so einer Sache dran war, an einer riesigen Umweltsauerei! Doch, das stimmt, dafür lege ich meine Hand ins Feuer«, schob er nach, als er die überraschten Blicke der beiden Kollegen bemerkte.
»Wir waren wirklich gute Bekannte und haben einander vertraut, das können Sie mir glauben. Er hat mir sogar gesagt, dass er diese Woche an der »Jura« tauchen würde, weil ein guter Freund von ihm ein paar Tage Urlaub hier am Bodensee machen würde. Das alles habe ich gewusst. Ich habe auch mitbekommen, dass ihn diese neue Geschichte furchtbar geschlaucht hat! Aber jedes Mal, wenn ich versucht habe, etwas aus ihm herauszukriegen, hat er zugemacht und gemeint, diesmal müsse er aufpassen wie ein Luchs. Und er wolle mich nicht in ein Ding hineinziehen, das plötzlich hochgehen könne wie eine Rakete!
Nur – «, sorgenvoll hob er die Augenbrauen, »was es war, das hat er mir nicht verraten. Ich weiß nur so viel, dass es um irgendwelche Schweinereien in verschiedenen Baggerseen ging. Und dass da die ganze Prominenz die Finger mit drin hatte. Vermutlich ist da auch die Kiesmafia mit im Spiel und die ist ja bekanntermaßen brandgefährlich und verfügt über die besten Verbindungen in der Kreis- und Landespolitik. Er hat nicht mal mehr in der Polizeidirektion irgend jemandem getraut. Und eben deshalb«, er hieb mit der flachen Hand auf den Fensterrahmen, »deshalb glaube ich nie und nimmer, dass Ihr Kollege Thomas Grundler Selbstmord begangen hat!« Damit richtete er sich wieder auf und starrte in die Ferne.
Überrascht sahen sich Protnik und Horst in die Augen. Das hätten sie hinter Alex Winter nicht vermutet! Es war offensichtlich, dass der nicht Versteck mit ihnen spielte. Auch er war so, wie es aussah, an einer sauberen Aufklärung des mysteriösen Unfalls interessiert und würde mit Sicherheit auch auf eigene Faust weiter recherchieren, wenn sie es nicht gemeinsam taten.
»Puhh!« Horst stöhnte vernehmlich. »Ich glaube Ihnen, ehrlich! Aber jetzt weiß ich so langsam überhaupt nicht mehr, woran ich eigentlich bin. Das wird ja alles immer mysteriöser!«
Winter nickte. »Ich sag’s ja: da ist eine Riesenschweinerei im Gange!«
»Und wie, glauben Sie, können wir an die Fakten kommen?« Protnik hatte sich interessiert in Richtung Beifahrertür gebeugt.
Ein bitterer Zug spielte um Winters Mundwinkel. »Wenn ich das nur schon wüsste! Glauben Sie mir, ich hätte die Strippenzieher dann schon längst öffentlich an die Wand genagelt! Aber ich glaube, alleine komme ich da nie auf den Punkt – auch wenn ich alle Register ziehe, die ich ziehen kann! Trotzdem: zu dritt hätten wir mehr Chancen!«
Horst