Tatort Bodensee. Eva-Maria Bast
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»Also haben wir uns verstanden? Diese Geschichte passiert uns so kein zweites Mal! Versprochen?« Streng musterte der Polizeioberrat den vor ihm stehenden Kriminalkommissar.
Zerknirscht presste der Polizeibeamte ein leises »Ja, verstanden!« zwischen den Zähnen hervor.
»Gut«, der Chef nickte zufrieden. »Dann will ich mal Gnade vor Recht ergehen lassen und auf den geplanten Eintrag in Ihre Personalakte verzichten!« Er blinzelte dem Delinquenten aufmunternd zu. »Außerdem habe ich den Ströbel noch nie leiden können, der will nämlich mit Teufelsgewalt – im wahrsten Sinn des Wortes – Karriere machen, im Innenministerium. Und deshalb steckt er auch mit dem Landrat von dort zusammen, der wiederum demnächst den bisherigen Innenminister beerben will! So ist das nämlich!«
Überrascht blickte Horst auf. »Ach, deshalb von Anfang an so ein Theater! Und gleich mit dem LKA ankommen und der Landrat, der sofort über alles informiert war! Ist das wieder mal über die Parteischiene gelaufen?« Jetzt wagte Horst, diese Frage zu stellen, nachdem der Chef ihm praktisch den Fingerzeig gegeben hatte. Horst war sich nun auch darüber im Klaren, dass die Abreibung, die ihm für den heutigen Morgen in der Heilbronner Polizeidirektion angekündigt worden war, nur einen formalen Akt darstellte, den Alfred Steiner, der Chef der PD, vollzog, um die Hyänen im LKA und im Innenministerium zufriedenzustellen. In Wirklichkeit aber dachte er genauso wie sein Untergebener, der Kriminalkommissar Horst Meyer von der Heilbronner Mordkommission.
Steiner nickte. »Leider ja! Wieder mal das übliche Spiel! Und ich hatte nur eine Chance, Sie ahnungslose Figur zusammen mit ihrem Freund und Kollegen wieder aus dem Feuer herauszuholen: und zwar indem wir Sie so schnell wie möglich zurückbeordert haben! Ich sage Ihnen, noch einen Tag länger dort unten, und Sie hätten sich eine ganze Wagenladung Brandsalbe für ihre Wunden kaufen müssen, so sehr hätten Sie sich die Finger verbrannt!« Steiner legte ihm jovial die Hand auf die Schulter und fixierte ihn: »Also, alles wieder in Ordnung? Sie verstehen jetzt meine Position?«
Horst nickte stumm.
»Gut! Und für Ihren Kollegen will ich auch noch mal ein Wort einlegen – falls mir nicht Ihr spezieller Freund, der Unterhauser, zuvorgekommen ist!« Ein Lächeln spielte um die Mundwinkel des Oberrats.
Horst stöhnte auf. Unterhauser! Sein Intimfeind und früherer Chef der Polizeidirektion Ulm, der er nicht zuletzt wegen diesem den Rücken gekehrt hatte. Unterhauser trieb seit einiger Zeit sein parteipolitisches Unwesen beim LKA in Stuttgart und sorgte dafür, dass die Beamten nicht mehr in erster Linie nach Qualifikation, sondern vor allem nach Parteibuch ins Landeskriminalamt berufen wurden. »Was hat der denn wieder mitzumischen?«
»Sie wissen doch, der Herr Unterhauser ist überall – überall dort, wo es gilt, die Parteifreunde aus der Schusslinie zu hieven, und dafür ist ihm auch jedes Mittel recht!« Steiner breitete die Karten in ungewohnter Offenheit vor Horst aus. Donnerwetter! Wie musste ihm also die ganze parteipolitische Mauschelei auf die Nerven gehen, wenn er so eindeutig vor Horst aus der Deckung ging! »Was glauben Sie, wie sehr in den letzten Tagen die Telefondrähte geglüht haben, zwischen Konstanz und Stuttgart! Das ist eine einzige Seilschaft: einer vom anderen abhängig! Und wenn einer fällt, dann fallen sie alle. Und deshalb fällt eben keiner! Schon gar nicht der Herr Dr. Hefter, der seine Finger bekanntlich überall drin hat – hauptsächlich in den Medien – und deshalb aber auch das Unschuldslamm persönlich spielt!« Mit einer unwirschen Handbewegung fegte Steiner imaginäre Staubkörnchen von seinem Schreibtisch. »So – und nun erzählen Sie mir noch mal aus Ihrer Warte, was eigentlich genau passiert ist, seit Sie in Meersburg die Kollegen alarmiert haben. Ich würde das gerne mal – ganz ungefiltert – von Ihnen selbst erfahren!«
Horst fiel ein Stein vom Herzen. Er spürte, dass dies keine Finte war. Hier hatte er endlich einen Verbündeten gefunden, dem er tatsächlich die Sache so schildern konnte, wie sie sich zugetragen hatte. Und vielleicht konnte einem Steiner ja aufgrund seiner langjährigen Erfahrung und vielen Verbindungen einen Tipp geben, wie es jetzt noch weitergehen konnte. Denn aufgeben, darüber war er sich mit Protnik einig gewesen, aufgeben kam auf gar keinen Fall in Frage.
Horst atmete noch einmal tief durch und erzählte Steiner dann den Rest der Geschichte. Nachdem das Polizeilabor in Friedrichshafen den eindeutigen Nachweis hatte erbringen können, dass es sich bei dem mandelartigen Zusatz in den Getränken tatsächlich um Zyankali gehandelt hatte, überstürzten sich die Ereignisse.
Eine zweite Hausdurchsuchung beim Kiesbaron fand daraufhin statt, nur dass der Durchsuchungsbefehl doch etwas länger auf sich warten ließ als beim ersten Mal. Es war halt nun die Polizeidirektion in Friedrichshafen zuständig, und auch der zuständige Staatsanwalt hatte sich den Fall erst haarklein schildern lassen, bevor er sein Okay für die Durchsuchung gab.
Anhand des Bildes von der Jubiläumsfeier hatte Horst den »Schnauzbart« eindeutig als denselben identifiziert, der sie bei der Fahrt von der Heiligenberger Steige in Lebensgefahr gebracht und auch beim gescheiterten Giftanschlag in der Meersburger Eisdiele mitgemischt hatte. Hefter, dessen anfangs wie immer freundlich lächelndes und angeblich so kooperatives Maskengesicht sich im Lauf der Durchsuchung allmählich in eine finstere Verweigerungshaltung verwandelt hatte, war natürlich außerstande, den Mann auf dem Foto zu identifizieren. Das könne nur der Geschäftsführer oder einer der Angestellten, aber heute (es war früher Sonntagmorgen, als sie in Gottmadingen eintrafen) um diese Uhrzeit sei natürlich keiner von denen anwesend. Und er selber? Du meine Güte, was glaubten sie eigentlich, wie viele Firmen zu seinem Imperium gehörten, mit wer weiß wie vielen Mitarbeitern?! Hauptsächlich im Niedriglohnsegment, also bei den Fahrern der Müllautos, sei die Fluktuation enorm: Da könne man sich einfach nicht jedes Gesicht merken und schon gleich gar nicht auch noch jeden Namen dazu. Und außerdem: Wozu habe man schließlich einen Geschäftsführer, der im Übrigen seiner Firma die ganze Malaise eingebrockt habe. Er, Hefter, habe von den gesamten Schweinereien, also von dem zu tief ausgegrabenen Baggersee wie von der Geschichte mit den illegal im See entsorgten radioaktiven Abfällen doch gar keine Ahnung gehabt. Deshalb habe man, wie gesagt, schließlich einen Geschäftsführer …
Den Geschäftsführer habe er noch am Tag der Entdeckung der Umweltstraftaten fristlos gefeuert, allerdings sei es ihm nicht möglich gewesen, dem Übeltäter die Kündigung höchstpersönlich zu überbringen, denn seitdem sei der Mann spurlos verschwunden! Und jetzt bleibe der ganze Ärger also an ihm, Hefter, kleben, der doch von nichts jemals gewusst habe, was er auch glaubhaft belegen könne. Wenn da nur nicht die – in Teilen zumindest noch – übelgesonnene Presse wäre … Aber wozu habe man andererseits gute Freunde wie den Konstanzer Polizeidirektor oder den Landrat; die hätten schon der Staatsanwaltschaft gegenüber mehr als deutlich dargelegt, wo der Hund in Wirklichkeit begraben liege …
Der Geschäftsführer auf der Flucht, kein Angestellter anwesend, den man hätte befragen können! Die Beamten der Kripo Friedrichshafen hatten daraufhin das Jubiläumsbild mitgenommen und es in die Meersburger Eisdiele gebracht, wo nach anfänglichem Leugnen schließlich die Wahrheit ans Licht kam: Bei dem Müllwagenfahrer handelte es sich um einen Italiener namens Giuseppe Voltera, seit drei Jahren in Deutschland und – interessanterweise – schon einmal wegen gefährlicher Körperverletzung zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Vorsatz hatte man ihm damals nicht nachweisen können, doch die Urteilsbegründung hatte von schwerwiegenden Zweifeln an der Version des Angeklagten gesprochen, der einen Fußgänger mit seinem Auto auf dem Gehweg überfahren und schwer verletzt hatte. Doch der Fußgänger selbst hatte – weshalb auch immer – bei seiner Aussage vor Gericht plötzlich seine früher vorgebrachten Anschuldigungen nicht mehr wiederholen können oder wollen, worauf dem Richter nichts anderes übrig geblieben war, als im Zweifel für den Angeklagten und gegen den Antrag der Staatsanwaltschaft lediglich gefährliche Körperverletzung (aber ohne Vorsatz) zu erkennen.
Dieser