Tatort Ostsee. Harald Jacobsen
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Tatort Ostsee - Harald Jacobsen страница 42
»Und wenn wir Pech haben?«
»Dann haben wir immer noch nichts! Das heißt ja nicht, dass er es nicht war, aber wir müssen ihn laufenlassen und von vorne anfangen. Und wir müssen noch mehr über diese andere …«
»Sandra.«
»Ja. Alles, was wir über sie wissen, ist mir zu glatt. Vielleicht hatte sie ein kleines Abenteuer. In einem Punkt bin ich mir jedenfalls sicher. Die Frauen wurden von ein und derselben Person ertränkt. Und solange wir im Dunkeln tappen, können wir nicht ausschließen, dass wir es tatsächlich mit einem Serienmörder zu tun haben.«
Ben schloss den Schuppen auf und nahm Sophie das Board ab, um es zu verstauen. »Du warst richtig gut!«, bemerkte er beiläufig. Er wollte auf keinen Fall zu viel Interesse zeigen.
»Ach, spinn doch nicht! Ich war ja mehr unter Wasser als auf dem Brett.«
»Jetzt untertreib mal nicht. Immerhin warst du auf dem Brett! Zum Schluss bist du doch richtig lange drauf geblieben. Ich habe in meinem Kurs Fortgeschrittene, die sich schwerer tun.«
»Ich soll also mit dem Kiten weitermachen?«
»Na klar!«, rief er verwundert. »Als Nächstes musst du aber lernen zu wenden. Du kannst nicht immer den ganzen Weg zurücklatschen.« Ben öffnete den Reißverschluss seines Neoprenanzuges. »Du solltest das ausziehen!«, meinte er nebenbei und deutete auf ihren Anzug.
»Das habe ich irgendwann schon mal gehört!« Sophie lächelte ihn ironisch an. »In diesem Fall werde ich der Aufforderung sogar Folge leisten.«
Ben konzentrierte sich auf das Türschloss, um nicht wieder in die Versuchung zu kommen sie anzustarren.
»Ich muss zugeben, dass es mir richtig Spaß macht!«, plapperte Sophie munter.
Kiten oder ausziehen, fragte Ben sich verwirrt. Sophie trug einen schlichten schwarzen Bikini und sah umwerfend aus. Ein knackiger Po und tolle Brüste. Doch am Schönsten war ihr Gesicht. Ein paar nasse Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Zopf gelöst und klebten an ihrer Stirn wie bei einem kleinen Mädchen.
»Was ist eigentlich mit den anderen?«, fragte Ben, um sich abzulenken. Sophie sah ihn irritiert an. »Na, mit den Leuten in deinem Kurs? Machen die auch weiter?«
Sie überlegte kurz. »Bärchen und Bienchen sind abgereist. Sie wollten nicht in die Hände des Serienkillers fallen. Und die Kiffer aus Berlin fahren weiter nach Dänemark, Party machen.«
»Und die alten Hippies?«
»Ein schräges Pärchen, oder? Sie streiten sich nur noch. Sag mal, habt ihr hier immer so viele Pflegefälle?«
»Ich fürchte, ja!«
Ein paar Typen näherten sich der Hütte. Ben fluchte innerlich. Gerade war das Eis zwischen ihnen gebrochen und ausgerechnet jetzt musste er sich um Kunden kümmern.
»Da kommen schon wieder neue Patienten«, flüsterte Sophie verschwörerisch.
»Na wunderbar! Eigentlich wollte ich für heute Schluss machen.« Ben setzte alles auf eine Karte. Wenn er jetzt nicht fragen würde, würde er es nie mehr tun. »Gehen wir später zusammen essen?« Sie würde nie mit ihm essen gehen. Er musste verrückt geworden sein.
»Wann und wo?«
Hatte er richtig gehört? Ben überlegte kurz. »Hast du großen Hunger?«
»Ich könnte ein ganzes Schwein essen!«
»Das lässt sich machen!«, lachte er. »Wir haben einen netten Griechen in Orth. Riesige Portionen, Fleischberge! Alles schön fettig und mit viel Knoblauch.«
»Klingt sehr gut! Soll ich dich abholen?«
»Ich kann dich auch abholen.«
»Sicher«, schmunzelte Sophie. »Allerdings muss ich nur in mein Auto springen und losfahren. Du musst erst das Geschirr wegräumen und was weiß ich nicht, um mit deinem Haus vorzufahren.«
»Das ist ein Argument!«
Sophie griff nach ihrer Tasche und pfiff nach ihrem Hund.
»Ich bin um sieben da.«
Ben sah ihr nach und wunderte sich über sich selbst. Nach dem Tod von Lamai hatte er kein Mädchen mehr direkt gefragt. Er hatte immer nur auf Einladungen und Anmachen reagiert. Er hatte mit Frauen geflirtet und geschlafen, und sich jedes Gefühl verboten, um sich selbst zu schützen. Er hatte nie falsche Hoffnungen wecken wollen. Er hatte nie etwas versprochen. Einigen Frauen hatte er trotzdem wehgetan. Und manche waren ziemlich sauer geworden. Sarah! Sie war so schrecklich wütend gewesen.
Olli war froh, dass der Kurs endlich zu Ende war. Den Unterricht durchzustehen, machte ihm mehr Probleme, als er gedacht hatte. Es war, als hätte er erst jetzt richtig begriffen, was eigentlich passiert war. Sarah war tot und sie war schon die Zweite. Die Polizei suchte nach ihrem Mörder. Ob sie schon jemanden verdächtigten? Olli bekam eine Gänsehaut. Hatte Sarah sehr gelitten? Hatte sie große Angst gehabt? Auch wenn sie höchstwahrscheinlich nie ein glückliches Ehepaar geworden wären, hätte er doch davon träumen können. Es hätte immerhin eine winzige Chance bestanden, dass sie es sich noch anders überlegt hätte. Er hätte sie auf Händen durch ein gemeinsames Leben getragen und ihr alles verziehen. Nun musste er seine Träume begraben, wie damals. Seine Gedanken rasten immer schneller und ihm wurde fast schwindelig. Er musste hier raus, sonst würde er vermutlich noch durchdrehen. Er war schon dabei, gestand er sich ein. Wer hatte wohl alles mitbekommen, dass er Sophie angeschrien hatte? Die Bullen würden wiederkommen. Ein Image als aggressiver Schreihals konnte ihm nur schaden. Er konnte nicht weiter Unterricht geben, so als sei überhaupt nichts passiert. Warum hatte er der Polizei nicht die Wahrheit gesagt? Ben hatte recht. Früher oder später würde doch jemand erzählen, dass zwischen ihm und Sarah mehr gewesen war. Ob er von sich aus zur Polizei gehen sollte? Wahrscheinlich wäre das besser, als nur abzuwarten. Aber zuerst musste er weg und in Ruhe nachdenken. Die Idee, einfach abzuhauen, gefiel ihm immer besser. Aber wohin? »Das ist es«, murmelte Olli vor sich hin. Er würde nach Hamburg fahren und Tobias besuchen. Er sah seinen alten Kumpel sowieso viel zu selten. Er würde sich ins Auto setzen und sofort losfahren, jetzt gleich. Tobias war ein guter Zuhörer und ein erstaunlicher Mensch. Olli kannte niemanden, der sich nach einem schweren Schicksalsschlag so lebensfroh in die Zukunft stürzte. Wenn er doch nur nicht diese Einzelstunden morgen Nachmittag hätte. Es wäre schön, wenn er länger als eine Nacht bleiben könnte. Olli sprang entschlossen auf und packte das Nötigste in eine Reisetasche. Ob er zumindest Ben Bescheid sagen sollte? Ben! Vielleicht würde er die Einzelstunden übernehmen. Olli schnappte seine Tasche und ging zum Transit. Ben saß davor und öffnete gerade eine Dose Cola.
»Olli? Alles klar?«
»Ehrlich gesagt, nicht wirklich. Ich muss hier mal raus. Kannst du die Stunden morgen für mich machen?«
»Geht klar! Was ist denn los?«
»Sarah. Ich krieg das nicht aus dem Kopf. Ich bin kurz davor durchzudrehen.«
»Hey!«, ging Ben dazwischen. »Jetzt mach dir keine Sorgen. Ich regle das hier.«
»Danke!« Olli kramte in seiner Hosentasche. »Bock auf Luxus?« Er klimperte mit dem