Die Schamanin. Hans-Peter Vogt

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Die Schamanin - Hans-Peter Vogt

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einfach überrannt. Damals gab es im Reich der Kasachen eine Königinnenmutter, die als äußerst weise galt. Sie machte sich auf den Weg um den Hunnenkönig Attila zu suchen und sie fand ihn.

      Sie schaffte es, dass sie vor ihm niederknien durfte, und dass er ihr zuhörte. Wir waren einmal ein stolzes und mächtiges Volk“, begann sie. Jetzt sind wir besiegt von deinen Kriegern. Wie geht es weiter? Dein Volk besteht aus Reitern, die durch die Steppen ziehen. Sie brauchen Vasallen, so wie unser Königshaus. Mein Mann denkt immer noch, er könne mit dem Säbel gegen euch gewinnen. Sie lachte höhnisch. Manche Männer sind dumm und eitel. Sie begreifen nicht, wenn der Wind sich dreht. Wenn du erlaubst, werde ich wieder die Königin meines Landes, dann werde ich dir auf deinem Weg folgen. Ich werde dir Männer und Frauen geben. Ich werde dir Abgaben geben, aber lass uns soviel, dass wir leben können. Der jetzige König und seine beiden Söhne sollen nicht deine Sorge sein. Dieses Problem werde ich lösen.“

      „Attila hörte ihr zu und dann nickte er. Wenn du das schaffst, dann setze ich dich als meinen Verwalter ein.“

      „Drei Tage später war der König der Kasachen tot und auch die beiden Enkel der Königin. Sie wurde als neue Königin eingesetzt und diente dem Hunnenkönig als Vasall. Sie gab dem Hunnenkönig Männer für seinen Krieg und Frauen, die mit den Männern des Hunnenkönigs Kinder gebären, als Zeichen ihrer Unterwerfung. Du denkst vielleicht, wie schändlich und ehrlos. Sie hat ihren eigenen Sohn umgebracht und ihr Volk verraten, aber die Frau war taktisch klug. Sie redete mit den Anführern, die sie dem Hunnenkönig gab, und sie bat sie, sich den Kampfstil genau einzuprägen und am Leben zu bleiben. Sie selbst sorgte dafür, dass nur soviel Abgaben erfolgten, dass niemand in ihrem Land verhungerte. Sie sorgte für neue Kinder und sie waren das erste Land, das sich erfolgreich gegen die Söhne des Attila zur Wehr setzten. Sie wurden wieder ein freies Königreich. Das erlebte die Königin aber nicht mehr. Damals erhielt sie von Attila einen Ring, als Zeichen ihres Bündnisses. Es ist dieser Ring, den du jetzt an deinem Finger trägst. Nun, nicht nur du, es gibt noch ein paar andere, die würdig sind, diesen Ring zu tragen. Wir sind ein Geheimbund, und wir helfen uns gegenseitig, wenn wir in Not sind. Wir alle wünschen, uns irgendwann einmal zu erheben und diese Regierungen abzuschütteln, die unsere Völker unterjochen. Hier bei uns, und in vielen anderen Ländern. Das Heroin liefert uns die nötigen Mittel, um Truppen auszubilden und um Waffen zu kaufen. Wir wollen in Freiheit leben. Wir wissen nicht was kommt. Vielleicht gibt es sogar einen friedlichen Weg, aber wie der aussehen könnte, das weiß ich nicht. Egal wo du hinkommst, nach Persien, Armenien oder in einige Provinzen von China, überall wirst du unsere weitverzweigte Bruderschaft finden. Nicht alle sind Muslime, so wie wir. Es gibt Christen und Hindus, die sich mit uns verbündet haben. Wir wissen auch von den Programmen, die dein Großvater ins Leben gerufen hat. Wir wissen von der Bank für Kleinkredite. Wir wissen von den Stelzenhäusern. Wir wissen von Solarkraftwerken und Windrädern, die das Leben in vielen Regionen erst lebenswert gemacht haben. Wir wissen, dass deine Organisation kostenlos Saatgut verteilt hat und Brunnen gebaut hat. Wir wissen, dass ihr Regenwasser aufsammelt und es in Zisternen leitet. Wir wissen auch, mit welchem Widerstand manche Regierungen solchen Programmen begegnet sind und dass ihr sie überzeugt habt. Wir wissen davon, was ihr in der UNO und der UNESCO bewegt, in der WHO und in anderen Weltorganisationen.“

      Er seufzt. „Es ist ein sehr langer und steiniger Weg in die Freiheit. Dein Großvater geht ihn seit vielen Jahrzehnten. Du sollst wissen, dass ihr in unseren Herzen lebt. Ihr seid uns ein Vorbild, aber wir konnten euren Weg bisher nicht gehen. Wir müssen unseren eigenen Weg finden. Wir produzieren Heroin. Wir wissen, dass eure Familie dagegen ankämpft, weil wir viele Menschen in euren Ländern damit krank machen, aber nicht wir sind es, welche die Welt in Unordnung gebracht haben. Einige von uns, die tun das, gewiss.

      Aber auch wir brauchen mächtige Verbündete. Auf dieser Welt gibt es viel Licht und viel Schatten.“

      Dann blickt er Solveig direkt an. „Jetzt weist du vielleicht, warum gerade du diesen Ring trägst. Nicht nur, weil du damals das Leben des Kindes gerettet hast, sondern, weil du als Mitglied deines Clans ein wichtiges Verbindungsglied zu unserer Welt bist. Es wird die Zeit kommen, wo wir uns einmal gegenseitig brauchen werden.“

      Dann schweigt er lange und blickt sie sinnend an.

      „Ich habe gesehen, dass du verschwinden kannst und dass du woanders wieder auftauchen kannst. Das wird mein Geheimnis bleiben. Du weist jetzt, wo du mich finden kannst. Vielleicht werden uns die Militärs hier einmal auffinden und wir werden weiterziehen, aber über die Freunde in Kasachstan wirst du uns immer finden.“

      Auch Solveig schweigt. Sie ist tief betroffen. Licht und Schatten liegen wirklich nah beieinander.

      Dann fügt der Mann, der sich Gua Mare Li nennt hinzu, „du und deine Familie… Ihr seid hierher gekommen, ohne lang zu fragen. Ihr habt uns das Leben gerettet. Wahrscheinlich wären wir hier alle krepiert. Wir hätten nicht einmal zu einem öffentlichen Krankenhaus gehen können, weil das unser Tod gewesen wäre. Ihr habt gearbeitet, bis zum Umfallen, und ihr habt euch selbst der Gefahr der Ansteckung ausgesetzt. Du weist, dass du immer auf uns zählen kannst?“

      Er zieht einen Beutel aus der Tasche. „Wir haben Verbindungen in die Stadt. Wir haben Konten. Wir könnten dir Geld überweisen, aber unsere Existenz ist geheim. Du wirst keine nachvollziehbare Verbindung zu uns wünschen, nicht jetzt. Nicht unter diesen Umständen. Wenn du einverstanden bist, dann nimm diesen Beutel. Er macht ihn auf, greift hinein und holt einen kleinen glitzernden Gegenstand heraus. Es sind ungeschliffene Rohdiamanten, klar und rein, und er legt ihn in die Handfläche von Solveig. „Der Beutel ist voll davon. Nimm das, als Zeichen unserer Dankbarkeit. Sei dir sicher, dass du jederzeit auf uns zählen kannst, wenn du uns einmal brauchst.“

      5.

      Als Solveig zurückkommt nach Peru, da kümmert sie sich zuallererst um ihre Tochter (der Sohn war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geboren worden), dann sucht sie ihre Tante Chénoa auf.

      Es wird ein langes Gespräch.

      Chénoa seufzt. „Da hast du einen Rebellen gefunden. Einen, der weiß, was er tut, und der mit dem Teufel tanzt, so wie wir auch. Es ist immerhin gut zu wissen, dass es noch mehr solcher Menschen gibt. Eines Tages werden sie dir die nötige Dankbarkeit erweisen. Dann werden wir sie darum bitten müssen, uns beizustehen.“

      Chénoa schüttelt den Kopf. „Es kann sein, dass dieser Mann dich eines Tages wieder um einen Gefallen bittet. Es muss klar sein, dass der Mensch im Mittelpunkt unserer Überlegungen steht, und nicht irgendwelche politischen Abwägungen. Genau das ist auch das, was mir an der Methode von Elvira missfällt, obwohl ich sie stets gestützt habe.“

      Solveig nickt. Sie gibt Chénoa den Beutel mit den Diamanten und Chénoa schüttet den Inhalt auf den Tisch. Sie pfeift durch die Zähne. „Gib das Alvarez, unserem indianischen Juwelier und Goldschmied. Wenn er die Steine schleift und in Goldschmuck einarbeitet, dann wird das sicher noch viel mehr bringen, als wenn du die Steine alleine verkaufst. Eins ist sicher. Dieser Mann hat sich als dankbar erwiesen.“

      Alvarez prüft die Steine. „Die sind aber nicht aus Peru“, sagt er, und er sieht sie an. „Das ist eine seltene Qualität. Ich würde sagen, die stammen aus Nepal. Dort gibt es so etwas.“

      Er wiegt und rechnet. „Ich würde dir für diese Steine 5 Millionen Euro geben. Aber ich habe nicht soviel Geld. Wenn du einverstanden bist, dann arbeite ich die Steine in Schmuck ein und wir verkaufen das in unserem Juwelierladen im Hotel. Das dauert insgesamt vielleicht zwei oder drei Jahre, aber der Gewinn wird noch etwas höher sein. Natürlich kannst du das auch in New York, Amsterdam oder London anbieten. Dort gibt es potente Aufkäufer, aber dort wird man dir unangenehme Fragen stellen.“

      Solveig überlegt,

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