Die Vereinigung der Kraft. Hans-Peter Vogt
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Obwohl sie inzwischen die Sprache der Tiere gut verstand, hatte sie nicht diese Aura, um die Tiere in ihrem Sinn zu beeinflussen und zu steuern. Es machte ihr nichts. Sie war glücklich mit ihrem großen Bruder. Er war ihr Halbgott.
Ohne dass sie es wussten, wurden immer wieder Berichte über Para und Vera an den Palast geschickt. Die Königin wurde immer wieder unterrichtet und auch Palasque hatte inzwischen seine eigenen Spione.
Irgendwann hatte Palasque beschlossen, es reicht jetzt.
Er wusste, dass Para wieder auf einer Reise war und wann er in seinem Dorf zurückerwartet wurde. Palasque nahm eine Schar seiner Spezialtruppe und machte sich auf den Weg. Seiner Mutter sagte er schon lange nichts mehr über seine „Ausflüge“.
12.
Para war dreizehn Jahre alt, als er eine größere Reise in den Süden machte. Er ging mit Vera alleine. Er kannte die Peruan, er musste sich keine Sorgen machen. Er kannte die Tiere und fürchtete sich nicht.
Auch auf dieser Reise gab er viel seiner Kenntnis der Medizin an die Stämme der Péruan weiter. Er war glücklich. Es war ein gutes Leben.
Immer wieder spielten sie mit Schmetterlingen, mit Kolibris und mit den Affen. Er hatte keine Angst vor den Schlangen. Er kannte die schwarzen großen Ameisen und die Kröten und Echsen. Nur vor den Krokodilen nahm er sich acht. Dann gab es im mittleren Amazonas noch eine Fischart, die er mied. Sie hatten messerscharfe Zähne. Sie hatten immer Hunger und sie fraßen ihre Opfer bei lebendigem Leib auf. Aber er kannte die Gefahren des Dschungels.
Es war nur noch wenige Tage bis zu ihrem Dorf. Sie rasteten auf einer Lichtung, als die Affen begannen, Warnrufe auszustoßen. Para hörte, dass sich Menschen näherten, aber seine angeborene Vorsicht versagte in diesem Moment. Vor Menschen hatte er keine Angst.
Als die Krieger der Théluan aus dem Schatten der Bäume traten, erkannte Vera die Gefahr als erstes. Sie versuchte ihren Bruder zu warnen.
Die Théluan wurden angeführt von einem Jungen, der blond und blauäugig war, so wie Para selbst. Er stand grinsend von Para. „Ergreift sie“, befahl er. In diesem Moment wurde Para die Gefahr bewusst. Er stellte sich schützend vor seine Schwester. Einige Thé hatten die Schwerter gezogen. Der blonde Junge stand feixend vor ihm. Da verwandelte sich Para in einen schwarzen Panther um seine Schwester zu verteidigen. Er griff an. Mit einem Sprung hatte er den Jungen erreicht. Er zermalmte ihm mit einem Biss den Schädel, dann drehte er sich zu den Kriegern der Théluan um.
In diesem Moment wurde er von dem ersten Speer getroffen. Zwei weitere folgten unmittelbar danach und dann noch zwei. Sie drangen in seinen Leib ein, sie trafen seine Lungen und sein Herz.
In diesem Moment erfolgte ein gewaltiger Lichtblitz. Die Krieger der Théluan wurden umgeworfen, so heftig war die Detonation.
Als sie wieder aufblickten, war der Panther verschwunden. Die Speere lagen da, mit blutverschmierten Spitzen. Der Panther war fort.
In diesem Moment dämmerte es den Théluan, was sie da gemacht hatten. Sie kannten alle die Geschichte des Thénnis und von seinem geheimnisvollen Verschwinden. Sie hatten die grausame Rache der Königin an den Karancula erlebt. Wozu hatten sie sich bloß hinreißen lassen.
Sie verneigten sich vor Vera und baten sie um Vergebung. Dann hoben sie den Leichnam auf und folgten Vera in ihr Dorf.
Vera war tief verstört. All das ging über ihren Horizont.
Als die Krieger der Thé im Dorf ankamen, gab es Verwunderungsrufe. Der Takilada brachte sie zum schweigen und bat um Aufklärung. Die Krieger der Thé berichteten stockend und voller Bedauern. Vera schwieg. Sie stand unter Schock.
Der Takilada handelte.
Er befahl eine bestimmte Sorte von Blättern zu sammeln und alles an Tüchern zusammenzubringen, was da war.
Die Frauen schickte er, um eine bestimmte Sorte von Kröten zu suchen. Dann wurde der Körper komplett ausgeweidet und auch das Gehirn wurde entfernt. Er wurde kunstvoll mit dem Exkret der Kröten eingestrichen, mit Blättern bedeckt und mit Tüchern eng umwickelt. Es war eine Art der Einbalsamierung, die bei den Indios seit langen bekannt war. Dann wurde der Leichnam auf lange Stangen geschnürt und war reisefertig.
Der Takilada ließ es sich nicht nehmen, die Truppe zu begleiten. Er nahm Vera mit.
Sie liefen sehr schnell und schon nach drei Wochen kamen sie in die große Stadt. Vor den Toren blieben der Takilada und Vera zurück. Sie hatten keinen Zugang.
Die Kunde hatte sich schon verbreitet und die Menschen standen schweigend in den Gassen und ließen den Zug passieren.
Die Königin empfing den Zug im Beisein ihrer Minister und der Hohepriester. Dann ließ sie sich berichten.
Fala sah den Zorn der Königin und sie fragte nach dem Dorf. Als sie hörte, dass der Dorfälteste und Vera vor den Toren auf Befehle warten, gab sie ihrer Palastwache einen Wink: „Bringt die beiden her, aber behandelt sie gut.“
Die Krieger setzten sich sofort in Bewegung. Dann ging Vera zu ihrer Mutter. „Bitte“, sagte sie. „Höre den Takilada und Vera erst an.“ Sie sah den Zorn ihrer Mutter und versuchte sie zu beruhigen. „Denk daran, dass der Thénnis vier Kinder hatte. Jetzt sind wir nur noch zu zweit. Ich möchte meine Schwester nicht auch noch verlieren.“
Die Königin sah Fala an. Sie wollte explodieren, doch dann besann sie sich. Sie hatte längst eingesehen, dass sie damals mit der Strafaktion gegen die Dörfer in Mittelamerika einen Fehler gemacht hatte. Das sollte ihr nicht noch einmal passieren.
Als der Takilada und die kleine Vera schließlich vor der Königin standen, hatte sie sich beruhigt. Sie war ganz Königin.
Sie ließ von dem Takilada berichten, aber der konnte zu dem Tod ihres Sohnes nichts sagen. Er war nicht dabei gewesen. Dann unterzog sie Vera einem Verhör.
Vera weinte. Sie erzählte alles, was sie wusste. Von dem plötzlichen Überfall, von dem feixenden Jungen mit den weißen Haaren, von den Théluan, die mit Schwertern auf sie eindrangen, von Para, der sich vor sie gestellt hatte und sich in einen Panther verwandelt hatte, um sie zu beschützen. Sie erzählte vom Tod des Jungen und dem großen Lichtblitz und dem plötzlichen Verschwinden des Panthers.
Die Königin schwieg lange. „Und es ist nichts übriggeblieben? Kein Zeichen? Nichts?“ Vera schwieg, dann schüttelte sie den Kopf und weinte. „Nichts“, presste sie heraus.
Der Fall war klar. Fala ging zu ihrer Mutter und legte ihr die Hand auf den Arm. „Lass sie laufen“, bat sie und mit einem Kopfnicken zu den Théluan, die mit gesenkten Köpfen und schuldbewusst da standen, meinte sie. „Lass auch die Thé laufen. Sie haben nur auf Befehl meines Bruders gehandelt. Sie konnten nicht anders. Dann aber haben sie das Richtige getan. Sie haben Vera am Leben gelassen und den Leichnam zurückgebracht.“