Besteuerung von Unternehmen I. Wolfram Scheffler

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vorlagen, sodass die Einnahmen als gewerbliche Einkünfte behandelt wurden, während der Steuerpflichtige die Mieten als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung versteuern wollte. Im Anschluss an eine Außenprüfung erließ das Finanzamt im Jahr 1974 für die Jahre 1967–1970 entsprechend geänderte Steuerbescheide. Gegen diese Steuerbescheide erhob der Steuerpflichtige vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg Klage. Dieses entschied am 23.6.1977 im Sinne des Finanzamts, woraufhin der Kläger Revision beim Bundesfinanzhof einlegte. In seinem Urteil vom 5.2.1981 entschied auch der Bundesfinanzhof im Sinne des Finanzamts. Der Kläger wandte sich daraufhin mit der Begründung an das Bundesverfassungsgericht, dass die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seine Grundrechte verletzen würde. Mit Beschluss vom 12.3.1985 hob das Bundesverfassungsgericht das Urteil des Bundesfinanzhofs auf und verwies die Sache an diesen zurück. Erst mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.7.1986 wurde der Fall endgültig entschieden. Zwischen Streitjahr (1967) und endgültiger Beantwortung, welcher Einkunftsart die Mieteinnahmen zuzurechnen sind (1986), sind 19 Jahre vergangen.

      Bei einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Deutschland (Tochterunternehmen eines italienischen Unternehmens) bestand zwischen dem Unternehmen und den Finanzbehörden Uneinigkeit darüber, ob der für die Lieferung der Bekleidungsartikel durch das italienische Mutterunternehmen in Rechnung gestellte Preis in den Jahren 1980 bis 1990 angemessen war. Im Anschluss an zwei Außenprüfungen ergingen in den Jahren 1992 und 1993 geänderte Körperschaftsteuerbescheide. Über den Einspruch des Tochterunternehmens entschied das Finanzgericht Düsseldorf am 8.12.1998. Gegen dieses Urteil wurde sowohl von dem Tochterunternehmen als auch von der Finanzverwaltung Revision eingelegt. Der Bundesfinanzhof hat seine Entscheidung am 17.10.2001 getroffen. Die Finanzverwaltung hat dieses Urteil erst im Jahr 2004 im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Für den Steuerpflichtigen bestand erst nach mehr als zwanzig Jahren Klarheit über die zu zahlende Körperschaftsteuer.

      Aus der langen Verfahrensdauer resultiert Unklarheit über die abschließende Beurteilung von in der Vergangenheit verwirklichten Sachverhalten. Demgegenüber ergeben sich aus der Unbeständigkeit der steuerlichen Normen und deren Interpretation durch Finanzbehörden und Finanzgerichte erhebliche Schwierigkeiten bei der betragsmäßigen Festlegung der durch ein beabsichtigtes Vorhaben in zukünftigen Jahren ausgelösten steuerlichen Folgen. Verhältnismäßig unproblematisch sind in diesem Zusammenhang „große“ Steuerreformen, wie die Einführung des Mehrwertsteuersystems bei der Umsatzsteuer im Jahr 1967 oder die Änderung des Konzepts der Grunderwerbsteuer im Jahr 1983, da sich diese bereits frühzeitig abzeichnen. Weitaus weniger vorhersehbar sind ständige Modifikationen der Einzelsteuergesetze und Änderungen der Rechtsprechung. In den letzten Jahren wurden allerdings auch Änderungen des Besteuerungskonzepts innerhalb kürzester Zeit und ohne ausführliche Diskussion im Gesetzgebungsverfahren umgesetzt. Typische Beispiele hierfür sind die durch die Unternehmensteuerreform 2000 vorgenommenen Änderungen der für Einzelunternehmen, Personen- und Kapitalgesellschaften geltenden Besteuerungskonzeption und deren erneute Veränderung durch die Unternehmensteuerreform 2008. Die Bedeutung dieser speziellen Form der Ungewissheit wird auch daran erkennbar, dass allein im Einkommensteuergesetz die Übergangsvorschriften in § 52 EStG einen Umfang von 75 Absätzen erreichen. Eine weitere Erschwernis für die Steuerpflichtigen ergibt sich daraus, dass in den letzten Jahren bedeutsame Änderungen des Steuerrechts nur wenige Tage vor ihrer erstmaligen Anwendung verabschiedet wurden. So wurden beispielsweise das Jahressteuergesetz 2009 am 24.12.2008 und das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz am 31.12.2008 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, obwohl beide Gesetze erhebliche Neuerungen beinhalten, die bereits ab dem 1.1.2009 zu beachten waren.

      Der Gesetzgebungsprozess ist zum Teil so dynamisch, dass zahlreiche steuerliche Normen bereits vor ihrem Inkrafttreten geändert oder aufgehoben werden. Andererseits besteht zum Teil zu dem Zeitpunkt, zu dem ein steuerlich relevanter Vorgang ausgeführt wird, keine gültige steuerrechtliche Vorschrift. Bei der aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts notwendigen Neugestaltung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes wurde das Gesetzgebungsverfahren erst Ende Dezember 1996 abgeschlossen. Angewendet wurde das neue Recht jedoch bereits für unentgeltliche Vermögensübertragungen, die ab dem 1.1.1996 vorgenommen wurden.

      Erster Teil Einführung › Dritter Abschnitt Rechtsquellen

      Dritter Abschnitt Rechtsquellen

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      In einer weiten Interpretation gehören zu den steuerlichen Rechtsquellen das Grundgesetz, völkerrechtliche Normen, das primäre und sekundäre Europarecht, Gesetze, Durchführungsverordnungen, Verwaltungsvorschriften und die Rechtsprechung.

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      (1) Grundgesetz: Von den Vorschriften des Grundgesetzes ist für die Besteuerung insbesondere die Finanzverfassung von Bedeutung, dh die Regelungen über die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungshoheit (Art. 105 – Art. 108 GG). Darüber hinaus sind die allgemeinen Grundsätze eines Rechtsstaates (zB Gewaltenteilung, Gesetzesbindung, Art. 20 GG) sowie die Grundrechte (zB Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG, Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG, Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG) zu beachten.

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      (2) Völkerrechtliche Normen: Bei den völkerrechtlichen Normen ist zwischen den allgemeinen Regeln des Völkerrechts und Doppelbesteuerungsabkommen zu unterscheiden. Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind zwar gegenüber dem innerstaatlichen Recht vorrangig anzuwenden (Art. 25 GG). Sie entfalten aber für die Besteuerung nur eine geringe Wirkung. Als Beispiel kann die Freistellung der Bezüge von ausländischen Diplomaten von der Besteuerung im Inland angeführt werden.

      Wesentlich bedeutsamer sind Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Dies sind bilaterale völkerrechtliche Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den wichtigsten ausländischen Staaten. Doppelbesteuerungsabkommen werden in innerstaatliches Recht transformiert und gehen als spezielle Regelung den allgemeinen nationalen Steuergesetzen vor (§ 2 AO). Doppelbesteuerungsabkommen dienen in erster Linie dazu, bei grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit eine internationale Doppelbesteuerung zu vermeiden oder zumindest abzuschwächen. Sie enthalten Regelungen, in denen die beiden beteiligten Staaten ihre nationale Steuerhoheit durch die Vereinbarung von gegenseitigen Steuerverzichten begrenzen, sodass grenzüberschreitend tätige Unternehmer nicht höher belastet werden als Steuerpflichtige, die ihre unternehmerischen Aktivitäten ausschließlich in einem Staat ausüben. Der Hauptanwendungsfall von Doppelbesteuerungsabkommen liegt im Bereich der Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer. Spezielle Doppelbesteuerungsabkommen bestehen für Erbschaften und Schenkungen, die Luft- und Schifffahrt sowie die gegenseitige Amts- und Rechtshilfe (insbesondere Informationsaustausch zwischen den in- und ausländischen Finanzbehörden). Zur Umsetzung der Ergebnisse des BEPS-Projekts (Base Erosion and Profit Shifting), das die Zielsetzung der Verhinderung von internationaler Steuergestaltung verfolgt, soll ein multilaterales Doppelbesteuerungsabkommen (Multilaterales Instrument) Anwendung finden. Dieses soll eine einheitliche und effiziente Anpassung des bestehenden Doppelbesteuerungsnetzwerks ermöglichen.

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