Besteuerung von Unternehmen I. Wolfram Scheffler

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Besteuerung von Unternehmen I - Wolfram Scheffler Schwerpunktbereich

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      Die indirekte (versteckte) Progression entsteht insbesondere durch Freibeträge (Abb. 1.5, oberer Teil). Wird von der Bemessungsgrundlage ein Freibetrag abgezogen, ergibt sich trotz (formal) konstantem Steuersatz ein progressiver Tarif: (1) Liegt die Bemessungsgrundlage unter dem Freibetrag, fällt keine Steuer an. Sowohl Durchschnittssteuersatz als auch Differenzsteuersatz betragen null. (2) Die Teile der Bemessungsgrundlage, die den Freibetrag übersteigen, werden mit dem vorgegebenen Steuersatz belastet, der in diesem Bereich dem Differenzsteuersatz entspricht. Der Durchschnittssteuersatz erhöht sich sukzessive und nähert sich dem Differenzsteuersatz immer mehr an. Aufgrund des Freibetrags kann er ihn aber – mathematisch gesehen – nie erreichen.

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      Freibeträge sind von Freigrenzen zu unterscheiden (Abb. 1.5, unterer Teil). Ein Freibetrag stellt einen bestimmten Teil der Bemessungsgrundlage von der Besteuerung frei, lediglich der darüber hinausgehende Teil unterliegt dem Tarif. Auch bei einer Freigrenze fällt keine Steuer an, sofern die Bemessungsgrundlage unter der Freigrenze liegt. Übersteigt die Bemessungsgrundlage die Freigrenze, unterliegt allerdings die gesamte Bemessungsgrundlage der Besteuerung, (im Gegensatz zu einem Freibetrag) nicht nur der Teil, der über die Freigrenze hinausgeht.

      Bis zum Erreichen des Grenzwerts betragen sowohl bei Freigrenzen als auch bei Freibeträgen der Durchschnittssteuersatz und der Differenzsteuersatz null. Übersteigt die Bemessungsgrundlage die Freigrenze, entfaltet eine Freigrenze keine Wirkung mehr: Durchschnittssteuersatz und Differenzsteuersatz richten sich in diesem Bereich nach dem vorgegebenen Steuersatz. Beim Übergang von der Freigrenze in den steuerpflichtigen Teil kommt es zu einem sehr hohen Differenzsteuersatz. Durch die kontinuierliche Angleichung des Durchschnittssteuersatzes an den vorgegebenen Steuersatz bei einem Tarif mit Freibetrag bzw durch den starken einmaligen Anstieg des Durchschnittssteuersatzes bei einem Tarif mit Freigrenze entsteht ein (indirekter) Progressionseffekt.

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      Abb. 1.5:

      Steuerschuld und Steuersatz bei einem indirekt progressiven Tarif

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      Beispiel:

      Gewährt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Sachbezüge, bleiben diese außer Ansatz, wenn sie die Freigrenze von 44 €/Monat nicht übersteigen (§ 8 Abs. 2 S. 11 EStG). Bei Sachbezügen im Wert von 35 €/Monat hat der Arbeitnehmer diese nicht als geldwerten Vorteil zu versteuern, weil die Freigrenze unterschritten wird. Werden die Sachbezüge auf 50 €/Monat erhöht, sind diese in vollem Umfang als Arbeitslohn steuerpflichtig. Beträgt der Einkommensteuersatz des Arbeitnehmers 40%, hat er auf die Sachbezüge in jedem Monat 20 € Einkommensteuer (Lohnsteuer) zu bezahlen. Bezogen auf die zusätzlichen Sachbezüge von 15 €/Monat (= 50 €/Monat – 35 €/Monat) entspricht dies einem Differenzsteuersatz von 133% (= 20 €/Monat/15 €/Monat).

      Freibeträge sind in den Steuergesetzen an den Formulierungen „insoweit“, „soweit“ oder „bis … insgesamt“ erkennbar. Freigrenzen werden mit „wenn“ oder „sofern“ bezeichnet.

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      Zusätzlich besteht noch eine spezielle Form des Freibetrags. Übersteigt die Bemessungsgrundlage einen bestimmten Wert, vermindert sich der Freibetrag sukzessive, bis er ab einem zweiten (höheren) Wert der Bemessungsgrundlage vollständig entfällt. Diese spezielle Form eines Freibetrags wirkt wie eine gleitende Freigrenze.

      Beispiel:

      Für Gewinne, die bei der Veräußerung eines Betriebs entstehen, wird unter bestimmten Voraussetzungen ein Freibetrag von 45 000 € gewährt. Dieser Freibetrag verringert sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn (dh die Bemessungsgrundlage) 136 000 € übersteigt (§ 16 Abs. 4 EStG).

Bis zu einer Bemessungsgrundlage von 136 000 € wirkt diese Regelung wie ein Freibetrag.
Zwischen 136 000 und 181 000 € geht der steuerfreie Teil der Bemessungsgrundlage schrittweise zurück. Bei einem Veräußerungsgewinn von 150 000 € reduziert sich der Freibetrag auf 31 000 € = 45 000 € – (150 000 € – 136 000 €).
Bei einer Bemessungsgrundlage von über 181 000 € (= 45 000 € + 136 000 €) ist der Veräußerungsgewinn in vollem Umfang steuerpflichtig.

      Erster Teil Einführung › Zweiter Abschnitt Merkmale des deutschen Steuersystems

      Zweiter Abschnitt Merkmale des deutschen Steuersystems

      Erster Teil Einführung › Zweiter Abschnitt Merkmale des deutschen Steuersystems › A. Fehlen einer eigenständigen Unternehmensbesteuerung

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      Die folgenden Beispiele vermitteln einen ersten Einblick, auf Einzelheiten wird in den späteren Kapiteln eingegangen: Die Gewinne eines gewerblichen Einzelunternehmens und der Anteil am Gewinn einer gewerblich tätigen Personengesellschaft unterliegen der Einkommensteuer. Sie gehen als eine der sieben Einkunftsarten in das zu versteuernde Einkommen einer natürlichen Person (Einzelunternehmer, Gesellschafter einer Personengesellschaft) ein. Da die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag an die Einkommensteuer anknüpfen, unterliegen die Gewinne zusätzlich der Kirchensteuer (nur bei kirchensteuerpflichtigen Personen) und dem Solidaritätszuschlag.

      Die Erfolge einer Kapitalgesellschaft werden mit Körperschaftsteuer belastet. Ergänzend wird der Solidaritätszuschlag erhoben. Darüber hinaus werden Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft auf Ebene der Gesellschafter (natürliche Personen, die ihre Anteile im Privatvermögen halten) als Einkünfte aus Kapitalvermögen von der Einkommensteuer (zuzüglich den beiden Zuschlagsteuern) erfasst. Eine Doppelbelastung mit Einkommen- und Körperschaftsteuer wird in pauschalierender Form vermieden: Auf Ebene des Anteilseigners einer Kapitalgesellschaft erfolgt die Entlastung bei der Einkommensteuer dadurch, dass die Dividenden einem Sondersteuersatz von 25% (und nicht dem persönlichen Einkommensteuersatz von bis zu 45%) unterliegen.

      Die

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