BGB-Schuldrecht Besonderer Teil. Volker Emmerich
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Wenn sich eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 als Maßstab für die Vertragsgemäßheit der Kaufsache nicht feststellen lässt (oben Rn 10 ff), ist hilfsweise gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 auf die Eignung der Sache für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung als Maßstab abzustellen. Fehlt diese Eignung, so ist die Sache maW. mangelhaft, weil ihre Beschaffenheit dann negativ von dem Maßstab der Eignung für den vertraglich vorausgesetzten Verwendungszweck abweicht. Diese gesetzliche Regelung (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr 1) wirft vor allem die Frage auf, ob die Einigung der Parteien über den Verwendungszweck der Sache Vertragsinhalt geworden sein muss oder ob eine bloße sogenannte tatsächliche Einigung der Parteien über den Verwendungszweck ausreicht, die sich in der Regel bereits daraus ergeben wird, dass der Käufer dem Verkäufer ohne dessen Widerspruch den von ihm geplanten Verwendungszweck zur Kenntnis bringt. Hier spricht der Wortlaut des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr 1 wohl eher für die Auffassung, dass zumindest eine konkludente Einigung der Parteien über den Verwendungszweck der Sache erforderlich ist[43]. Zuzugeben ist freilich, dass bei diesem Gesetzesverständnis die Grenze zu der Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 (o. Rn 16) flüssig wird, da es häufig möglich sein dürfte, aus der konkludenten Vereinbarung eines bestimmten Verwendungszwecks auch eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des S. 1 der Vorschrift zu folgern[44]. Daraus ist indessen nur der Schluss zu ziehen, dass es sich auch bei § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 im Grunde um einen weiteren Anwendungsfall des subjektiven Fehlerbegriffs handelt, weshalb das Gesetz folgerichtig beide Fälle gleichbehandelt. Ein Mangel liegt danach bereits vor, wenn die Eignung der Kaufsache für die von den Parteien vorausgesetzte Verwendung gemindert ist, wenn ihr Gebrauch z. B. mit Gesundheitsgefahren oder mit dem Risiko hoher Schäden verbunden ist.[45]
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Beispiele für die Vereinbarung eines Verwendungszwecks iS des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 sind der Kauf eines „Baugrundstücks“ (s. schon o. Rn 15) sowie der Kauf von Geräten für bestimmte Aufgaben. Sind die Geräte für die genannten Verwendungszwecke nicht geeignet, so sind sie nach dem Gesagten mangelhaft, und zwar gleichermaßen nach S. 1 wie nach S. 2 Nr 1 des § 434 Abs. 1. Weitere hierher gehörige Beispiele sind die vermutliche Kontaminierung eines Grundstücks mit Altlasten, weil es dann nämlich nahezu unverkäuflich ist,[46] oder die Verwendung gesundheitsgefährdender Stoffe für den Bau eines „Wohnhauses“ wegen der damit verbundenen Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Gebäudes gerade als Wohnhaus[47]. Ein Gegenbeispiel ist die neue Lackierung eines Gebrauchtwagens, da dadurch weder dessen Verwendbarkeit noch seine Verkäuflichkeit infrage gestellt werden[48].
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Bei Widersprüchen zwischen der vereinbarten Beschaffenheit und dem Verwendungszweck, d. h. bei mangelnder Eignung der Kaufsache zur Erreichung des von den Parteien ins Auge gefassten Verwendungszwecks trotz Vorliegens der vereinbarten Beschaffenheit, dürfte nach Treu und Glauben idR der Verwendungszweck den Vorrang haben, weil es dem Käufer in erster Linie auf die von ihm anvisierte Verwendung der Sache ankommen wird; anders nur, wenn der Käufer gerade auf einer bestimmten Beschaffenheit der Sache besteht, weil und sofern er damit zugleich konkludent das Verwendungsrisiko übernimmt (§§ 133, 157)[49].
4. Eignung zur gewöhnlichen Verwendung (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr 2 und S. 3)
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Soweit sich weder eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 noch eine zumindest konkludente Einigung der Parteien über den Verwendungszweck gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr 1 feststellen lässt (o. Rn 10, 12 ff), ist nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr 2 als Maßstab für die Vertragsgemäßheit der Sache darauf abzustellen, ob sie sich für den gewöhnlichen Verwendungszweck eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache daher erwarten kann. Alle genannten Tatbestandsmerkmale müssen folglich gleichzeitig erfüllt sein, um die Annahme eines Mangels nach dieser Vorschrift auszuschließen. Fehlt nur eines der genannten Tatbestandsmerkmale der Nr 2 des § 434 Abs. 1 S. 2, eignet sie sich insbesondere nicht für den gewöhnlichen Verwendungszweck, so ist die Sache maW. mangelhaft.[50] Das Gesetz greift hier hilfsweise auf objektive Maßstäbe für das Vorliegen eines Sachmangels zurück, wenn sich selbst bei weitester Auslegung der Abreden der Parteien eine Vereinbarung über die Beschaffenheit oder den Verwendungszweck der Sache als Maßstab für einen Mangel (im Sinne des subjektiven Fehlerbegriffs) nicht mehr nachweisen lässt.[51]
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Das entscheidende Merkmal ist die fehlende Eignung der Sache zur gewöhnlichen Verwendung, während die beiden anderen Tatbestandsmerkmale nur die Bedeutung haben, den Vergleichsmaßstab zu präzisieren, den man benötigt, um die gewöhnliche Verwendung einer Sache feststellen zu können. Dies wird unterstrichen durch die ergänzende Regelung in S. 3 des § 434 Abs. 1, nach der zu der geschuldeten Beschaffenheit auch solche Eigenschaften gehören, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers (im Sinne des § 4 Abs. 1 und 2 ProdHaftG; s. u. § 23 Rn 19 ff) oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann; etwas anderes gilt nur, wenn der Verkäufer die Äußerung des Herstellers oder seines Gehilfen, d. h. des Gehilfen des Verkäufers oder des Herstellers, nicht kannte und auch nicht kennen musste, ferner, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn sie die Kaufentscheidung des Käufers nicht beeinflussen konnte (§ 434 Abs. 1 S. 3 HS 2).
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Dies bedeutet im Einzelnen: Auszugehen ist von der gewöhnlichen, d. h. der üblichen oder gängigen Verwendung einer Sache im Verkehr. Maßstab für das Vorliegen eines Mangels ist dann diejenige Beschaffenheit der Sache, die bei Sachen gleicher Art, d. h. bei Sachen mit demselben Verwendungszweck üblich ist und die der Käufer infolgedessen nach der Art der Sache und der Werbung des Verkäufers oder des Herstellers erwarten darf. Zu denken ist hier in erster Linie an im Verkehr üblicherweise nach Gattungsmerkmalen bestimmte Gebrauchsgegenstände, bei denen sich folglich, kurz gesagt, der Maßstab für das Vorliegen eines Mangels aus dem üblichen Verwendungszweck und der Beschaffenheit von Sachen gleicher Art und Güte ergibt (vgl § 243 Abs. 1), während es auf die konkreten Vorstellungen des Käufers hier nicht ankommt[52]. Die praktische Bedeutung dieses Tatbestandes liegt vor allem in der Ausdehnung des Vergleichsmaßstabs auf öffentliche Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers und ihrer Gehilfen in der Werbung oder bei der Kennzeichnung der Ware über bestimmte Eigenschaften der Sache (§ 434 Abs. 1 S. 3 HS 1), sodass der Verkäufer im Ergebnis auch für solche Äußerungen Dritter im Rahmen der §§ 434 ff einstehen muss. Denn solche Werbung beeinflusst, wenn sie ernst gemeint ist, maßgeblich den Erwartungshorizont der Käufer, sodass sie den Vergleichsmaßstab konkretisiert, an dem sich die verkauften Sachen messen lassen müssen. Anders verhält es sich lediglich dann, wenn einer der Ausnahmetatbestände des § 434 Abs. 1 S. 3 HS 2 vorliegt, für die jedoch der Verkäufer die Beweislast trägt, sodass sie nur selten